Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Silvy will die Erste sein

Silvy will die Erste sein

Titel: Silvy will die Erste sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
Vom Netzwerk:
später
gekommen wärst, Silvy
    „Vielleicht wäre Olga dann
nicht mehr da gewesen!“
    Olga mußte sich ganz tief über
ihre Bücher beugen, damit Silvy das Lächeln nicht sah, das um ihre Mundwinkel
zuckte. Es dauerte eine ganze Zeit — Frau Helwig war längst wieder ins Haus
gegangen, und Silvy hatte ihre Limonade schon zur Hälfte ausgetrunken — , bis
sie endlich ihr Buch zuklappte. „So, das wäre geschafft!“
    Silvy nahm die kleine Kaktee
aus ihrem Plastikbeutel und hielt sie ihr entgegen. „Ich habe dir etwas
mitgebracht!“
    „Eine Lobivia cerasiflora! Sehr
süß. Die hat mir gerade noch gefehlt.“
    „Sie blüht ganz toll“,
versicherte Silvy und stellte den Kaktus, da Olga keine Anstalten machte, ihn
ihr abzunehmen, auf den Tisch.
    Olga packte Bücher und Hefte,
Bleistifte, Tintenschreiber und Radiergummis in ihre Schultasche.
    „Du weißt doch noch, worüber
wir auf dem Heimweg gesprochen haben“, sagte Silvy.
    Olga nickte nur.
    „Hast du es dir inzwischen
überlegt?“
    „Es tut mir wahnsinnig leid“,
sagte Olga, „ich kann dir nicht helfen. Selbst wenn ich es wollte... ich kann
es nicht!“
    „Niemand würde erfahren, daß
ich es von dir habe.“
    „Nein, nein. Das würden die
bestimmt herauskriegen.“
    „Und wenn ich dir schwöre?“
    „Silvy, es hat keinen Zweck!“
    „Olga, du kannst doch nicht zu
Katrin halten“, sagte Silvy beschwörend. „Du weißt doch genau, was für eine
Angeberin sie ist und eine Lügnerin noch dazu. Sie hat den ganzen Ton in der
Klasse verdorben. Bevor sie zu uns gekommen ist, war alles viel schöner.
Niemand wäre auf die Idee gekommen, abzuschreiben... oder abschreiben zu
lassen. Das ist doch einfach Mogelei. Und nur weil ich das nicht haben will...
und ich bin doch im Recht, Olga! ...nur deshalb haben sie sich gegen mich
verbündet. Bist du etwa für diese Schwindelei?“
    „Eigentlich nicht“, gab Olga
zu.
    „Was die treiben, ist doch
glatter Betrug.“
    „Du hättest sie trotzdem nicht
hereinreißen dürfen.“
    „Ja, das stimmt“, räumte Silvy
ein, „aber ich war eben so wütend, daß mir der Kragen geplatzt ist. Das mußt du
doch verstehen.“
    „Ja, schon
    „Sieh mal, Olga, wenn wir
Katrin und die anderen so weitermachen lassen, dann wird es bald überhaupt
nichts mehr bedeuten, ob jemand wirklich etwas gelernt hat, sondern nur noch die
werden die guten Noten kriegen, die gut pfuschen können. Das trifft dich
genausogut wie mich. Du warst immer besser in der Schule als Ruth. Die hat sich
doch bloß durch Katrins Hilfe hinaufgemogelt.“
    „Ja, das stimmt. Aber meine
Noten sind nicht schlechter geworden.“
    „Aber wenn deine Mutter mal
Ruth trifft und sie zufällig danach fragt, was sie denn in ihrer letzten
Mathe-Arbeit hatte, und erfährt, es war eine Eins, und du hattest diesmal bloß
Befriedigend...“
    „Das wäre gemein!“
    „Es wäre nicht nur, sondern es
ist! Olga, ich spüre doch, die wollen mich wieder reinlegen, wir müssen jetzt
einfach zusammenhalten... wir, die Anständigen in der Klasse, sonst buttern die
uns einfach unter.“
    Olga stand auf. „Komm mit!“
flüsterte sie.
    „Wieso?“
    „Weil ich hier nicht mit dir
sprechen kann!“ Olga machte eine weite Bewegung, die den Garten, die Fenster
über ihnen und neben ihnen mit einschloß.
    Silvy trank ihre Limonade aus
und folgte Olga in die Wohnung und in Olgas Zimmerchen, das mit cremefarbenen
Schleiflackmöbeln sehr elegant, wenn auch nicht gerade modern eingerichtet war.
Hier drinnen war es ziemlich kalt nach der Wärme draußen. Olga zog sich einen
grasgrünen Bademantel über, bevor sie fast lautlos den Schlüssel umdrehte.
    „So“, sagte sie und kauerte
sich mit angezogenen Beinen in einen der kleinen Sessel, „hier sind wir
ziemlich sicher.“
    „Darf deine Mutter es denn auch
nicht wissen?“ fragte Silvy beeindruckt.
    „Natürlich nicht. Sie könnte
auf die Idee kommen, einen Skandal zu machen. Aber das will ich nicht.“ Olga
beobachtete sich in dem ovalen Frisierspiegel an ihrem Toilettentisch und fand,
daß ihre Miene ein bißchen zu wichtigtuerisch wirkte; sie versuchte, ihre Züge
zu entspannen.
    „Sag mir endlich, um was es
geht!“ bettelte Silvy.
    „Nur, wenn du mir schwörst,
niemals und unter keinen Umständen einer Menschenseele zu verraten, daß du es
von mir hast.“ Silvy hob die rechte Hand. „Ich schwöre es!“
    „Das genügt nicht. Du mußt den
Schwur mit irgend etwas bekräftigen. Sag: Ich will nie wieder eine gute

Weitere Kostenlose Bücher