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Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition)

Titel: Simon Schweitzer - immer horche, immer gugge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Kopf. Zwischen der Räumung des Hüttendorfes und den Todesschüssen an der Startbahn West war viel Zeit vergangen. Bislang war er davon ausgegangen, daß sein Tatverdächtiger zum Tatzeitpunkt außer Landes war.
    Bin seit zwei Wochen im wunderschönen Corciano unweit Perugias. Sorry, daß ich so überstürzt abgereist bin und mich nicht verabschieden konnte. Habe schon eine Arbeit. Grüß mir Karin, Guntram und die anderen. Ciao. Unterschrift.
    Er las die Karte noch mehrere Male. Natürlich war damit nichts bewiesen, aber es paßte einfach alles. Herr Schweitzer beschloß, heute abend Beim Zeus zu dinieren. Es war Dienstag, und Guntram hatte vor einer Woche gesagt, daß dies der Jour fixe für die Bürgerinitiative sei.
    Bis auf die Postkarte aus Umbrien legte er alle anderen Erinnerungsstücke in die Blechdose zurück. Dann wurde er müde und hangelte sich am Bettpfosten hoch. Wie Napoleon einst neben den Schlachtfeldern würde auch ihm ein kurzes Schläfchen guttun. Wegen der Schmerzen legte er sich auf den Bauch.
    Herr Schweitzer fühlte sich fast wie neu geboren, wäre da nicht sein gar arg in Mitleidenschaft gezogenes Hinterteil gewesen. Er saß am Tisch und hatte die Tageszeitung gelesen. Im Radio kamen Nachrichten, laut derer die Spendenaffäre der sozialistischen Genossen in Köln immer weitere Kreise zog. Bis dato hatte Simon Schweitzer derart degoutante Machenschaften ausschließlich den Konservativen zugetraut, doch scheinbar rüsteten die Sozialisten nach. In Hamm an der Lippe war eine Kreissparkasse mit nachträglicher Geiselnahme überfallen worden, und in Nigeria hatte es über dreihundert Tote bei einer Pipelineexplosion gegeben, die, so wurde gemunkelt, aus Kostengründen nicht ganz nach Vorschrift gewartet worden war. Kurzum, die Schwarzbachaffäre war aus den Schlagzeilen verdrängt, die Katastrophen fanden dort statt, wo sie hingehörten, und das Wetter sollte so bleiben.
    Herr Schweitzer schaltete das Radio aus und war froh ob seines überschaubaren Lebens, auch wenn sich einige Verschleißerscheinungen zeigten. Noch fühlte er sich zu jung, um sich seines Daseins Konkursverwalter zu schimpfen. Zumal mit Maria ja ein neuer Stern am Liebeshimmel aufgegangen war. Er rief an und verabredete sich mit ihr für später im Weinfaß. Eine kordiale Zuneigung erfüllte ihn.
    Dann war es an der Zeit, sich in Schale zu werfen. Leider war das Gros seiner Lieblingsklamotten in dem Stapel, der dringend einer Wäsche bedurfte. Morgen, entschied Herr Schweitzer souverän, würde er mal wieder einen Haushaltstag einlegen. Falls er Zeit hatte.
    Eine alte beige Stoffhose saß wie angegossen, im wahrsten Sinne des Wortes. Den obersten Knopf konnte man ja offen lassen, der schwarze Ledergürtel würde schon für ausreichend Stabilität sorgen. Ein fossiles rosa Hemd ergänzte die Kombination, trug aber wenig zur aktuellen Mode bei. Herr Schweitzer sah aus wie ein zusammengeflickter Eintänzer. Er steckte die Postkarte aus Perugia ein.
    Kurz darauf Beim Zeus.
    „Simon, ti kánis?“
    „Kalá efcharistó, Theo. Und dir?“
    Der Stammtisch der Bürgerinitiative gegen die Flughafenerweiterung war noch leer, trotzdem wurde er von Theophilos dorthin geleitet.
    „Du hast doch hoffentlich viel Hunger. Roxane hat für heute Keftedes vorbereitet. Phantastisch, hmm, lecker, mußt du unbedingt probieren.“
    „Und als Vorspeise? Damit einem das Leben nicht so schwerfällt.“
    „Vielleicht Feta?“
    „Alles klar, Theo. Dann bestelle ich das. Und ein Glas vom roten Hauswein, bitte.“
    Wieder einmal hatte Herr Schweitzer seine Mahlzeit schneller beendet als geplant. Noch war niemand von der Bürgerinitiative eingetrudelt, aber es war ja auch erst halb acht. Eine halbe Stunde Zeit also noch, die er mit einem rasch nachbestellten Eisbecher gekonnt nutzte.
    Guntram Hollerbusch, Daniel Fürchtegott Meister und eine Dame in mittleren Jahren, um die fünfundsechzig also, die letzten Dienstag nicht dabei gewesen war, kamen gleichzeitig mit seinem Nachtisch.
    „Ach, der Herr Arrestant“, begrüßte Herr Schweitzer den Apostel. „Schön, dich auf freiem Fuß zu wissen. Wir haben uns schon große Sorgen gemacht.“
    „Wer ist wir?“ fragte Guntram und setzte sich neben Simon Schweitzer. Die Dame und Daniel Fürchtegott nahmen gegenüber Platz. Bevor Simon Schweitzer die Frage beantworten konnte, fuhr der Apostel auch schon fort: „Darf ich vorstellen. Heidi. Simon.“
    Heidi. Daß es diesen Namen noch gab. Herr Schweitzer

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