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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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nie einen gegeben hatte! In diesem Fall fiele Fullers Tod nicht unter Verdacht, und Jinx hätte festen Boden unter sich, wenn sie bestritt, ihn gekannt zu haben. Aber das erklärte immer noch nicht die Sache mit der verschwundenen Zeichnung.
    Jemand kletterte auf den Hocker neben mir, und eine sanfte, dickliche Hand legte sich auf meine Schulter.
    »Diese verdammten Schnüffler!«
    Ich sah Avery Collingsworth an.
    »Hat es Sie auch erwischt?«
    »Viermal! Eine wollte etwas über die privaten Gewohnheiten der Mediziner wissen! Lieber lasse ich mir ja einen Zahn ziehen!«
    Limpy brachte Collingsworth die Pfeife, die mit der Spezialmixtur des Hauses gefüllt war, und nahm seine Getränkebestellung entgegen.
    »Avery«, sagte ich nachdenklich, während er sich die Pfeife anzündete. »Ich möchte Ihnen ein Bilderrätsel präsentieren. Stellen Sie sich eine Zeichnung vor mit einem griechischen Krieger, der einen Speer trägt, nach rechts sieht und einen Schritt macht. Vor ihm bewegt sich eine Schildkröte in der gleichen Richtung. Erstens – was sagt Ihnen das? Zweitens – haben Sie in letzter Zeit dergleichen gesehen?«
    »Nein. Ich – was soll denn das eigentlich? Ich könnte längst zu Hause sein und unter der heißen Dusche stehen.«
    »Dr. Fuller hat mir eine solche Zeichnung hinterlassen. Gehen wir einmal davon aus, daß sie etwas zu bedeuten hatte. Ich kann nur nicht verstehen, was.«
    »Kauzig, wenn Sie mich fragen.«
    »Na schön, kauzig. Aber können Sie sich darunter etwas vorstellen?«
    Er sog nachdenklich an seiner Pfeife. »Vielleicht.«
    Als er stumm blieb, fragte ich: »Und was?«
    »Zeno.«
    »Zeno?«
    »Zenos Paradoxon. Achilles und die Schildkröte.«
    Ich schnalzte mit den Fingern. Klar. Achilles, der die Schildkröte verfolgte, sie aber nie überholen konnte, weil sie jedesmal, wenn er die Strecke zurückgelegt hat, um ein entsprechendes Stück vorgerückt ist.
    »Können Sie sich vorstellen, welche Bedeutung dieses Paradoxon in unserer Arbeit haben könnte?« fragte ich aufgeregt.
    Er zuckte die Achseln.
    »Nicht so ohne weiteres. Aber ich bin ja schließlich auch für die Psychogrammierung des Unternehmens verantwortlich. Was die anderen Phasen angeht, so kann ich nichts Verbindliches sagen.«
    »Soweit ich mich erinnere, soll das Paradoxon doch darstellen, daß alle Bewegung Illusion ist.«
    »Prinzipiell ja.«
    »Aber dann ergibt sich für mich überhaupt kein Zusammenhang.« Offenbar war Zenos Paradoxon nicht das, was Fuller mit seiner Zeichnung hatte ausdrücken wollen. Ich griff nach meinem Glas, aber Collingsworth legte die Hand auf meinen Arm.
    »Ich würde mich von dem, was Fuller während der letzten zwei Wochen getan hat, nicht so sehr beeindrucken lassen und es nicht allzu ernst nehmen. Er war nämlich wirklich sehr merkwürdig.«
    »Vielleicht hatte er einen Grund dafür.«
    »Die vielen Merkwürdigkeiten lassen sich nicht durch einen Grund erklären.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich habe zwei Tage vor seinem Tod mit ihm Schach gespielt. Er trank den ganzen Abend. Seltsamerweise wurde er aber nicht betrunken.«
    »Dann hat er sich also doch über irgend etwas Sorgen gemacht.«
    »Ich konnte mir nicht vorstellen, was das sein sollte, obwohl mir auffiel, daß er einfach nicht er selbst war. Er philosophierte dauernd.«
    »Über die Forschung und die Verbesserung der menschlichen Beziehungen?«
    »O nein, nichts dergleichen. Aber – nun, um ganz offen zu sein, er bildete sich ein, daß seine Arbeit bei der TEAG Zinsen in Form von, wie er es nannte, ›grundlegenden Entdeckungen‹ trug.«
    »Was für eine Entdeckung hat er gemeint?«
    »Das wollte er nicht sagen.«
    Das war in gewisser Weise eine Bestätigung. Auch Lynch hatte von Fullers ›Geheimnis‹ gesprochen – das er mir anzuvertrauen hoffte. Jetzt war ich endgültig überzeugt, daß Lynch tatsächlich Siskins Party besucht hatte, daß wir im Dachgarten miteinander gesprochen hatten.
    Ich zündete meine zweite Zigarette an.
    »Warum interessiert Sie das alles so, Doug?«
    »Weil ich nicht glaube, daß Fullers Tod ein Unfall war.«
    Nach kurzem Schweigen sagte er ernst: »Hören Sie zu, mein Sohn! Ich weiß genau, worauf die Auseinandersetzungen zwischen Siskin und Fuller beruhten – Einsatz der Anlage für soziologische Forschungen und so weiter. Aber Sie glauben doch wohl nicht im Ernst, daß Siskin imstande wäre, einfach Leute zu beseitigen, die …«
    »Das hab’ ich nicht behauptet.«
    »Natürlich nicht. Tun Sie es bitte

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