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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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Nacht von einer Polizeieinheit geschützt zu werden.
    Was mich aufhielt, war die Armee von Meinungsforschern, die unweigerlich den späten Nachmittag dazu benützten, sich gewaltig anzustrengen – weil dann die Zahl der Opfer, aus den Büros und Geschäften strömend, ins Ungeahnte wächst.
    Limpy ist vom TEAG-Gebäude nur einen Häuserblock entfernt. Ich hatte deshalb das langsame Rollband gewählt und wurde dadurch zum wehrlosen Opfer jedes Interviewers, der vorbeikam. Und sie kamen vorbei!
    Der erste wollte zufällig meine Reaktion auf den Dreiunddreißigsten Verfassungszusatz hören und in Erfahrung bringen, ob ich gegen eine nichtrauchende, nikotinfreie Zigarette etwas einzuwenden hätte.
    Er war kaum abgezogen, als eine ältere Frau mit dem Formularblock in der Hand auftauchte und mich nach meiner Meinung über die Fahrpreiserhöhung für die McWorther Mondtour fragte. Es machte keinen Unterschied, daß ich nicht die Absicht hatte, jemals einen solchen Ausflug zu unternehmen.
    Bis sie fertig war, hatte ich Limpys drei Blocks hinter mir und mußte zwei Straßen weiterfahren, um die nächste Umsteigeplattform zu erreichen.
    Auf dem Rückweg fing mich der nächste ATI ab. Er wies meine Bitte, mich in Ruhe zu lassen, höflich zurück und bestand auf seinem im Demoskopiegesetz verbrieften Recht. Ungeduldig erklärte ich ihm, ich hielt das Spiel Marstarock, von dem er mir ein Päckchen aufdrängte, nicht für besonders gefragt.
    Es gab Gelegenheiten – und das hier war ganz gewiß eine solche –, bei denen ich beinahe wehmütig einer Zukunft entgegensah, in der die Simulektronik alle ATI’s von den Straßen fegen würde.
    Fünfzehn Minuten später als ausgemacht betrat ich den Antiquitätenladen, der Limpys Rauchkneipe abschirmte.
    Ich wartete, bis sich meine Augen an das von bläulichem Rauch überladene Halbdunkel gewöhnt hatten. Der scharfe und doch angenehme Geruch brennenden Tabaks schwängerte die Luft. Vielstimmiger Lärm wogte durch den Raum, in dem mit Gobelins verhängte Wände die Takte eines uralten Liedes dämpften. Man spielte ›Smoke gehts in your eyes‹.
    Von der Bar aus überblickte ich die Tische und Nischen. Avery Collingsworth war noch nicht eingetroffen. Ich stellte mir vor, wie er humorvoll und doch flehend versuchte, einen Meinungsforscher abzuwehren.
    Limpy kam hinter der Bartheke herangehumpelt. Er war ein stämmiger, nervöser, kleiner Mann mit einem Tick des linken Augenlids, der eine Karikatur aus ihm machte.
    »Trinken oder rauchen?« fragte er.
    »Beides. Haben Sie Dr. Collingsworth gesehen?«
    »Heute nicht. Was möchten Sie?«
    »Einen doppelten Scotch Asteroid und zwei Zigaretten mit Menthol.«
    Letztere kamen zuerst, in einem durchsichtigen Kunststoffetui serviert. Ich nahm eine Zigarette heraus, stieß sie auf der Bartheke zurecht und klemmte sie zwischen die Lippen. Augenblicklich schob mir einer von Limpys Assistenten ein flackerndes Feuerzeug vors Gesicht.
    Der eingesogene Rauch brannte, aber ich unterdrückte den Husten. Nach zwei Zügen hatte ich die kleine Krise überwunden, die den Gelegenheitsraucher kennzeichnet. Dann kamen das angenehme Schwindelgefühl, der scharfe, aber befriedigende Geschmack in der Nase und am Gaumen.
    Einen Augenblick später wurde mein Wohlgefühl noch durch den Whisky gesteigert. Ich trank schluckweise, und sah mich in dem rauchigen Raum um. Das Licht war gedämpft, die Raucher unterhielten sich miteinander – so daß ein summendes Gemurmel mit der archaischen Musik eine seltsame Verbindung einging.
    Aus den Lautsprechern drang wieder ein Lied aus der damaligen Zeit – ›Two cigarettes in the dark‹. Und ich fragte mich, was Jinx vom Dreiunddreißigsten Zusatz hielt, wie es sein mochte, mit ihr in einem Dachgarten zu sitzen und den Widerschein der glühenden Zigarette auf der seidenen Haut zu sehen.
    Zum hundertsten Male versicherte ich mir, daß sie mit dem Verschwinden von Fullers rätselhafter Zeichnung nichts zu tun haben konnte. Ich ließ noch einmal vor meinem inneren Auge die Vorgänge ablaufen. Ich hatte die Zeichnung gesehen, während ich sie zur Tür brachte. Als ich zum Schreibtisch zurückkam, war sie verschwunden.
    Und doch, wenn sie mit der Sache nichts zu tun hatte, warum hatte sie dann bestritten, Morton Lynch zu kennen?
    Ich leerte mein Glas, bestellte einen zweiten Scotch und rauchte eine Weile. Wie einfach wäre alles gewesen, wenn ich mich nur davon hätte überzeugen können, daß es keinen Mord an Lynch gab, daß es

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