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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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noch einmal in das kleine Restaurant gehen«, sagte sie, »aber nicht jetzt. Du brauchst einen ruhigen Abend zu Hause.«
    Ich mußte mich ganz natürlich betragen, hatte Collingsworth empfohlen. Wenn ›Man‹ mich beobachtete, mußte ich überzeugend darstellen, daß ich nichtsahnend war. Selbst jetzt konnte der ›Steuermann‹ in der wirklichen Welt mich durch Jinx’ Augen beobachten, mir durch ihre Ohren zuhören.
    »Klingt gut«, sagte ich, vielleicht etwas zu begeistert. »Das könnte ein Vorgeschmack auf Künftiges sein.«
    »Aber Mr. Hall!« sagte sie affektiert. »Das klingt ja beinahe wie ein Antrag!«
    Ich rückte näher, nahm ihre Hand und streichelte sie. Wenn der Oberste Simulektronier hier zusah, konnte er wohl keinen Verdacht schöpfen.
     
    Sie stellte ein kleines Abendessen zusammen – nichts Ausgefallenes, nicht Konventionelles –, und wir aßen in der Küche, als seien wir das seit Jahren gewöhnt.
    Nur einmal während des Essens konzentrierte ich mich auf die noch verbleibende Unklarheit: Warum hatte ›Man‹ mich nicht in demselben Augenblick umorientiert, als ›Man‹ sah, daß ich Fullers ›grundlegende Entdeckung‹ nachvollziehen würde? ›Man‹ hatte Jinx präzise reprogrammiert und alle Informationen aus ihr entfernt, die mit dem verbotenen Wissen zusammenhingen. Aber ›Man‹ hatte sie nicht davor zurückgehalten, mit der einen ID-Einheit in Verbindung zu treten, die sie auf den verbotenen Pfad zurückführen mochte – ich.
    »Doug, du bist wirklich erschöpft, nicht wahr?«
    Ich richtete mich auf.
    »Kann schon sein.«
    Sie nahm meine Hand und führte mich ins Arbeitszimmer – zu dem einladenden Ledersofa. Ich legte meinen Kopf in ihren Schoß, und sie strich mir mit zarten Fingern über die Schläfen.
    »Ich könnte etwas singen«, meinte sie spaßhaft.
    »Das tust du immer, wenn du sprichst«, sagte ich, dem Geheimen Beobachter zu Gefallen. Aber mit einem Male fiel der Vorhang über meiner Sondervorstellung, als ich in ihre lebendigen, schönen Augen sah. Ich zog ihren Kopf herunter und küßte sie, und einen Augenblick lang, der eine Ewigkeit währte, vergaß ich die simulektronischen Wunderwerke, eine höhere Wirklichkeit, einen mächtigen ›Steuermann‹, eine Welt des Nichts. Hier war etwas Festzuhaltendes – eine Boje im brandenden Meer.
    Endlich übermannte mich der Schlaf, aber nur unter einem Mantel der Angst, daß der ›Steuermann‹ sich entschließen mochte, meine Gedanken zu überprüfen, bevor ich seine Kontakt-Einheit aufspüren konnte.
     

11
    Auf dem Weg zur TEAG am nächsten Vormittag wählte ich auf der Tastatur des Flugwagens plötzlich ein neues Ziel. Mein Gefährt kehrte um und schlug die Richtung zum riesigen Wolkenkratzer ein, der Siskins Zentrale beherbergte.
    Ich spürte eine Art trivialen Stolzes angesichts der Tatsache, daß ich noch nicht zum Amokläufer geworden war wie Cau No in seiner unechten Welt. Schon als ich in Jinx’ Arbeitszimmer wachgeworden war, hatte ich mich gefragt, ob es mir gelingen würde, Fullers Entdeckung in meinem Gehirn zu verbergen, so tief, daß sie die Empathie-Verbindung nicht entdecken konnte.
    Aber konnte ich in mein normales Leben zurückkehren, wissend, was ich wußte? Konnte ich meinen Kopf im Sand verstecken und jedes Schicksal hinnehmen, das die Höheren Mächte in ihren Simulator für mich einprogrammiert hatten? Natürlich nicht. Und Siskin war im Anfang so gut wie jeder andere.
    Der Wagen schwebte regungslos in der Luft, während er wartete, bis zwei andere Fahrzeuge die Landeplattform frei machten.
    Abwesend richtete sich mein Blick auf die dunstverschleierte Landschaft östlich der Stadt. Und ich erinnerte mich an die Nacht, in der ich mit Jinx an den Rand einer erschreckenden, unendlichen Leere geraten war und die Schöpfung eines halben Universums beobachten konnte. Ich begriff jetzt, daß sich auch hierfür keine Erklärung finden ließ. Außer – selbstverständlich! Eine simulektronische Welt hängt in ihrer Wahrscheinlichkeit vom Gestalt-Prinzip ab – der Gegenwart einer ausreichenden Anzahl von Gegenständen in einem gewissen Gefüge, durch die ein Teil für das Ganze genommen wird. Das erkennbare Ganze ist größer als die Summe seiner wahrnehmbaren Teile. Die fehlende Landschaft war ganz einfach eine der ›Lücken‹ in der Realität gewesen. Lücken, die man als Reaktionseinheit normalerweise nicht entdecken konnte.
    Selbst in Fullers Simulator bestand die Möglichkeit, daß eine ID-Einheit

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