Simulacron-Drei
x-beliebiger sein!«
»Natürlich. Wenn es aber eine solche Person gibt, muß sie doch zumindest mit Ihnen bekannt sein? Warum? Weil alle Wirkungen, die Sie erfahren haben wollen, ausschließlich auf Sie gerichtet waren.«
Es kamen zu viele Personen in Frage. Siskin? Dorothy Ford? Sie war dabeigewesen, als Lynch verschwand! Und sie hatte mich seither aus nächster Nähe beobachtet, gerade zum kritischen Zeitpunkt. Chuck Whitney? Warum nicht? War er nicht dabeigewesen, als die Thermitladung im Modulator explodiert war? Oder Marcus Heath, der mich in der TEAG ersetzen sollte? Oder sogar Wayne Hartson? Sie waren beide zur passenden Zeit aufgetaucht – als es die Höhere Wirklichkeit für nötig hielt, mich unter strengster Beobachtung zu halten.
Jinx? Natürlich nicht. Es war klar, daß sie das gleiche mitgemacht hatte wie ich. Aber wie stand es mit Avery Collingsworth? Als ich ihn argwöhnisch ansah, mußte er meine Gedanken erraten haben.
»Ja, Doug«, sagte er, »sogar ich. Sie müssen mich unbedingt miteinschließen, wenn die Nachforschungen gründlich sein sollen.«
Meinte er das im Ernst? Hatte er meine paranoischen Reaktionen vorhergesehen? Oder zeigte er sich nur aus bestimmten Absichten heraus verschlagen? Wollte er mich in eine bestimmte Richtung lenken?
»Auch Sie«, wiederholte ich.
Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber an der Tür noch einmal um.
»Sie werden natürlich einsehen, daß Sie Ihre Nachforschungen insgeheim anstellen müssen. Sie können nicht einfach herumlaufen und die Leute beschuldigen, eine Kontakt-Einheit zu sein. Wenn Sie nämlich recht haben, wird es nicht lange dauern, bis man Sie auslöscht. Stimmt’s?«
Ich starrte ihm nach, als er die Tür hinter sich schloß. Aber er hatte recht. Ich konnte mit Straflosigkeit bis zu der Gelegenheit rechnen, die der ›Steuermann‹ benützte, um mich durch Empathie erneut zu überprüfen, aber nur dann, wenn ich vorher nicht seine Aufmerksamkeit erregte.
Im Freien spürte ich den kühlen Wind nicht, als ich an den Demonstranten vorbei zum Parkplatz ging. Ich hatte alle Geborgenheit, alle vernünftigen Gedanken hinter mir gelassen. Diese Gebäude, die Sterne über mir. Die Drehung eines Schalters würde sie in plötzlicher Neutralisierung elektrischer Ladungen wegwischen. Und mich leider dazu, zusammen mit allem anderen.
Als ich auf den ersten Firmenwagen zuging, dachte ich verächtlich an all die lächerlichen menschlichen Ambitionen, Hoffnungen, Intrigen; an Siskin, der nach der Welt griff und nicht wußte, daß es sie eigentlich gar nicht gab. An den Verband der Test-Interviewer, der Siskins Simulator mit aller Macht bekämpfte, ohne zu ahnen, daß seine Angehörigen in nicht größerem Maße körperliche Wesen waren als die Reaktionseinheiten in dieser Maschine.
Aber ich dachte vor allem an den Obersten Simulektroniker – jenes transzendentale, allmächtige Wesen, das arrogant und ungefährdet in der immensen Datenverarbeitungsabteilung seines Super-Simulators saß, Stimuli verteilend und integrierend, seine Analogwesen dirigierend.
Deus ex machina.
Alles war Schein. Alles war hoffnungslos und unwichtig, vor dem Hintergrund unvermuteter Illusion.
»Doug!«
Ich wich zurück, starrte mit zusammengekniffenen Augen den Flugwagen an, aus dem ich die Stimme gehört hatte.
»Doug – ich bin’s.«
Jinx. Dann fiel mir ein, daß sie darauf bestanden hatte, mich hier abzuholen. Unsicher ging ich hinüber. Sie beugte sich über den Sitz und öffnete die Tür. Die Innenbeleuchtung flammte auf.
»Du siehst ganz erledigt aus«, meinte sie lachend.
Und das erinnerte mich daran, daß ich seit zwei Tagen nicht mehr geschlafen hatte. Ich spürte eine dumpfe Erschöpfung unter all dem Schrecklichen dieses unfaßbaren Tages.
»Anstrengender Nachmittag«, sagte ich und stieg ein.
Ich starrte in ihr Gesicht und war überrascht von der Veränderung, die in ihr vorgegangen war. Im Lauf der letzten Tage hatte ich mir nur eingebildet, daß sie hübsch war; jetzt sah ich es. Denn da waren ihre Züge vom schrecklichen Wissen überlagert gewesen. Jetzt zeigte sich, daß man diese Last von ihr genommen hatte. Die Schönheit ihres Gesichts entfaltete sich jetzt ungetrübt.
»In diesem Fall«, sagte sie mit einem zauberhaften Lächeln, das mich an ihre Kindheit erinnerte, »geben wir den Plan Nummer eins auf und stellen uns der Alternative.«
Der Wagen stieg schnell himmelwärts, die Lichter der Stadt blieben unter uns zurück.
»Wir wollten
Weitere Kostenlose Bücher