Simulacron-Drei
auf ein unfertiges Stück ›Szenerie‹ stoßen würde. Eine solche Entdeckung löste jedoch automatische Reprogrammierungsschaltkreise aus, die nicht nur augenblicklich das ›Erforderliche‹ erzeugten, sondern dem reagierenden Wesen auch die Erinnerung nahmen, das Fehlen einer Kulisse bemerkt zu haben.
Zu meinen Gunsten waren Straße und Landschaft auf der Stelle ›vervollständigt‹ worden.
Aber warum sorgte man nicht dafür, daß ich des Glaubens war, es habe von Anfang an nichts gefehlt?
Der Wagen landete, und ich eilte zu Siskins Büro. Seine Sekretärin empfing mich mit dem überlegenen Blick, den die Angehörigen der Zentrale für die weniger vom Glück Begünstigten übrig hatten, und meldete mich an.
Siskin kam aus dem Zimmer, nahm mich beim Arm und führte mich hinein. Strahlend setzte er sich auf die Schreibtischkante.
»Ich wollte Sie eben anrufen«, sagte er. »Wahrscheinlich brauchen Sie nun doch nicht allzuviel am Siskin-Bild herumzubosseln, wenn wir es in Ihre Maschine einprogrammieren. Ich bin als Mitglied in den Zentralausschuß der Partei aufgenommen worden!«
Daß ich ihn nicht ehrfürchtig anstarrte, schien ihn nur mäßig zu enttäuschen.
»Damit noch nicht genug, Doug – man spricht bereits davon, daß ich mich um den Gouverneurssitz bewerben soll.« Nachdenklich fügte er hinzu: »Aber damit bin ich natürlich nicht zufrieden. Mit vierundsechzig Jahren hat man schließlich nicht mehr allzuviel Zeit. Ich muß schnell handeln.«
Ich schlug alle Bedenken in den Wind und trat vor ihn hin.
»Schon gut, Siskin. Sie können die Maske abnehmen. Ich weiß Bescheid.«
Erschrocken fuhr er zurück. Er warf einen verzweifelten Blick auf die Sprechanlage an der Decke, und sah mir wieder in die Augen.
»Sie wissen Bescheid?« Seine Stimme schwankte, wie ich es von der Kontakt-Einheit bei der entscheidenden Begegnung nicht anders erwartet hatte.
»Sie haben wohl nicht damit gerechnet, daß ich dahinterkommen würde?«
»Wie ist Ihnen das gelungen? Hat Heath Sie unterrichtet? Dorothy?«
»Sie kennen sich beide aus?«
»Es ging ja nicht anders, oder?«
Meine Finger krümmten sich. Ich mußte jeden Zweifel an seiner Identität ausschließen und ihn töten, bevor er dem Simulektroniker in der Höheren Wirklichkeit melden konnte, daß ich die Marionettenschnüre abgeworfen hatte.
»Sie meinen, es gibt drei Kontakt-Einheiten?« fragte ich.
»Wovon reden wir überhaupt?«
Ich war mir nicht mehr so sicher.
»Vielleicht sagen Sie mir das!«
»Doug, ich mußte es tun – zu meinem eigenen Schutz! Als Dorothy mir sagte, Sie wollten mich und die Partei verraten, mußte ich Gegenmaßnahmen ergreifen!«
Meine Anspannung löste sich. Wir hatten doch von verschiedenen Dingen gesprochen.
»Klar, ich habe Heath geholt«, fuhr er fort, »für den Fall, daß nicht mehr mit Ihnen zu reden wäre. Sie können mir nicht übelnehmen, daß ich mich absichere.«
»Nein«, stieß ich hervor.
»Ich habe nicht gelogen, als ich sagte, daß ich Sie mag. Es ist nur bedauerlich, daß Sie meinen Standpunkt nicht verstehen. Aber das läßt sich noch ändern. Wie gesagt, Heath ist nur mein versteckter Trumpf. Ich will ihn nicht ins Spiel bringen.«
Uninteressiert ging ich zur Tür.
Ich begriff, daß es doch nicht so einfach war, die Kontakt-Einheit aufzuspüren.
»Was wollen Sie tun, mein Junge?« fragte er leise. »Machen Sie keine Dummheiten. Ich habe viele Drähte zur Verfügung. Aber es würde mir keinen Spaß machen, meine Macht gegen Sie einzusetzen.«
Ich drehte mich um und sah ihn an. Es gab keinen Zweifel mehr daran, daß er nicht die Kontakt-Einheit war. Die Vieldeutigkeit unseres Dialogs zu Anfang war deutlich genug gewesen, um ihn aus seiner Reserve zu locken, wenn er es gewesen wäre. Außerdem mußte die Kontakt-Einheit zutiefst von Enttäuschung erfüllt sein. Und die Sinnlosigkeit der Dinge mit Entsetzen betrachten. Siskin kam dafür nicht in Frage – das Materielle bewegte ihn zu sehr: Reichtum, Ehrgeiz, Macht.
»Ich hab’ Sie noch nicht aufgegeben, Doug. Sie können frisch anfangen. Sagen Sie nur ein Wort, dann laß ich Heath fallen. Ich ziehe sogar Dorothy zurück. Sie brauchen nur nachzuweisen, daß Sie jetzt anders über mich denken.«
»Und wie soll ich das tun?« fragte ich gleichmütig.
»Gehen Sie mit mir zu meinem eigenen Psycho-Notar zur kompletten Überprüfung.«
Mehr, um endlich fortzukommen, als aus irgendeinem anderen Grund sagte ich: »Ich werde es mir überlegen.«
Auf
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