Simulacron-Drei
zuckten nach mir, bevor ich das Psychorama erreichte und in Sicherheit war.
Ich stürmte um die Sitzreihen, hechtete zu einer Seitentür, auf den überfüllten Parkplatz hinaus. Die Sonne schien. Binnen weniger Sekunden saß ich in meinem Flugwagen und raste mit Vollgas himmelwärts.
14
Es gab keine Zuflucht mehr als meine Hütte am See. Möglicherweise war ich dort vorübergehend sicher, wenn auch nur deshalb, weil man mich dort am wenigsten vermuten würde.
Als ich den Wagen in der Lichtung zwischen den Fichten landete und ihn in die Garage steuerte, hatte ich keinen Zweifel daran, daß die Polizei Befehl hatte, mich niederzuschießen. Wenn Siskin hinter dem Manöver stand, war es eine Gewißheit. Aber hier draußen im Wald sollte ich wenigstens eine Chance haben, mich zu verstecken und zu verteidigen, falls ein Polizeitrupp landete.
Wenn der ›Steuermann‹ sein eigenes Ziel verfolgte, unabhängig von den Polizeimaßnahmen, blieben ihm zwei Wege:
Entweder würde er mich ohne Warnung schlagartig auslöschen – und dagegen konnte ich gar nichts tun –
oder er würde seinen Beauftragten hierher schicken, um die Sache physisch zu erledigen – um Selbstmord oder Unfalltod vorzutäuschen.
Und genau das hatte ich mir die ganze Zeit gewünscht – eine Chance, der Kontakt-Einheit von Angesicht zu Angesicht gegenüberzustehen. Hier draußen war sie ihrer Anonymität beraubt. Sie mußte sich zeigen und mit mir die Isolierung des Waldes in Kauf nehmen.
Ich betrat meinen Bungalow und holte mein schwerstes Strahlengewehr. Ich überprüfte die Ladung und stellte es auf breiteste Streuung ein. Ich wollte den Agenten des ›Steuermanns‹ nicht sofort töten, solange ein Gespräch mit ihm zu einem Plan führen konnte.
Ich saß am Fenster, den See und die Lichtung vor mir, legte das Gewehr auf meine Schenkel und wartete.
Meine Überlegungen gingen natürlich von der Voraussetzung aus, daß der Simulektroniker in der Höheren Wirklichkeit aus irgendeinem Grund zögerte, meine Welt auszulöschen. Warum er das tat, wußte ich allerdings nicht.
Stundenlang wurde die Stille nur von vorbeihuschenden Tieren und dahinter vom leisen Wellenschlag des Sees am felsigen Ufer gestört.
Auf dem Bildschirm war die verwüstete Straße vor dem TEAG-Gebäude zu sehen. Als nächstes wurden Nahaufnahmen der Truppen vor dem Gebäude gezeigt, während der Sprecher ›das Blutvergießen und die an diesem schrecklichen Tag verübten Grausamkeiten bedauerte.
»Aber«, fuhr er ernst fort, »diese bewaffneten Unruhen sind nicht der einzige Grund, warum Horace P. Siskins neueste Unternehmung heute abend alle Nachrichtensendungen beherrscht.
Es geht um mehr – um viel mehr. Es geht um Intrigen und Verschwörung. Um Mord und – um einen Flüchtigen. Alles hängt mit dem angeblichen Plan des Verbandes der Test-Interviewer zusammen, eine besorgte Welt jener Vorteile zu berauben, die Horace Siskins Simulator bringen wird.«
Mein eigenes Bild tauchte auf dem Bildschirm auf und wurde von dem Sprecher identifiziert.
»Das ist der Mann«, sagte er, »der wegen des Mordes an Hannon J. Fuller, dem früheren technischen Direktor der TEAG, gesucht wird. Er ist der Mann, dem Siskin sein Vertrauen schenkte. In Douglas Halls Hände war die Aufgabe gelegt worden, nach Fullers angeblichem Unfalltod den Simulator fertigzubauen.
Aber Fuller wurde, wie die Polizei heute erklärte, aus persönlichen Motiven von Hall ermordet. Als Hall sah, daß ihm der Lohn vorenthalten blieb, wandte er sich gegen den Siskin-Konzern, gegen den Simulator.
Douglas Hall ist der Mann, der heute vormittag von Siskins Geheimdienstleuten beschattet wurde, als er das Hauptquartier des VTI betrat, um seinen Verrat zu besiegeln. Er veranlaßte den erfolglosen Angriff auf die TEAG.«
Ich fuhr hoch. Siskin hatte also sofort von meinem Besuch im Hauptquartier der Meinungsforscher erfahren. Er hatte auch angenommen, daß ich seine Verschwörung mit der Partei aufdecken wollte. Er war nervös geworden, und hatte die Polizei beauftragt, mich zu erledigen.
Plötzlich erkannte ich einen Grund, warum der ›Steuermann‹ mich noch nicht ausgelöscht hatte. Er mochte bemerkt haben, daß Siskin unabsichtlich und in Verfolgung seiner eigenen Ziele genau das tat, worauf es dem ›Steuermann‹ ankam!
Er konnte natürlich helfend eingreifen. Wenn es den Anschein haben mochte, daß die Polizei nicht schnell genug reagierte, konnte er mit mir in Verbindung treten, mein Versteck entdecken,
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