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Simulacron-Drei

Simulacron-Drei

Titel: Simulacron-Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel F. Galouye
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Wichtiges lenken wollte, das Entsprechende ein oder mehrmals unterstrich, je nach Bedeutung. Als er zum Beispiel seine Energieumwandlungs-Formel für die Einprogrammierung emotionaler Eigenheiten in die individuellen Reaktionseinheiten des Simulators abgeschlossen vorgelegt hatte, war sie fünfmal dick unterstrichen gewesen. Zu Recht, denn das war der Eckstein, auf dem sein gesamtes Umweltsystem beruhte.
    Hier aber hatte er den griechischen Krieger und die Schildkröte mindestens fünfzigmal unterstrichen – bis zum untersten Rand des Blattes.
    Endlich spürte das Mädchen, daß jemand im Zimmer war, und sprang auf. Da ich befürchtete, daß sie die Flucht ergreifen werde, packte ich sie beim Handgelenk.
    »Was treiben Sie hier?« zischte ich.
    Sie zuckte unter dem Griff meiner Finger zusammen, seltsamerweise zeigte sie aber weder Überraschung noch Angst. Statt dessen belebte stiller, würdevoller Zorn ihre Augen.
    »Sie tun mir weh«, sagte sie eisig.
    Einen Augenblick lang wunderte ich mich über den Eindruck, daß mir diese entschlossenen Augen, diese kleine, zierliche Nase schon einmal begegnet waren. Ich lockerte den Griff, ließ sie aber nicht los.
    »Danke, Mr. Hall.« Sie war immer noch empört. »Sie sind doch Mr. Hall, nicht wahr?«
    »Allerdings. Warum plündern Sie hier im Büro?«
    »Wenigstens sind Sie nicht der Douglas Hall, den ich gekannt habe.« Sie riß sich plötzlich los. »Und ich plündere nicht. Ich bin von einem Angehörigen Ihres Aufsichtspersonals hierhergeführt worden.«
    Ich trat erstaunt zurück.
    »Sie sind doch nicht …«
    Ihr Blick blieb starr. Plötzlich sah ich durch sie hindurch, durch das stolze Bild, das eine gewisse Zurückhaltung mit neuerworbener Selbstsicherheit verband – sah durch den Nebel von acht Jahren eine schlaksige, fünfzehn Jahre alte ›Jinx‹ Fuller. Und ich erinnerte mich, daß sie damals schon keck und impulsiv gewesen war, ohne sich von Zahnklammern, Zöpfen und anderen Attributen Heranwachsender stören zu lassen.
    Ich entsann mich sogar noch einiger Einzelheiten: Fullers Verlegenheit, als er mir erklärte, daß seine leicht zu beeindruckende Tochter für ihren ›Onkel‹ Doug schwärmte – meine gemischten Gefühle angesichts meiner Überlegenheit als fünfundzwanzigjähriger reifer Mensch und kurz vor dem Abschlußexamen stehender Lieblingsstudent Dr. Fullers. Fuller, der begriffen hatte, daß Vatersein für einen Witwer oft schwierig war, hatte seine Tochter in eine andere Stadt gegeben, damit sie dort so etwas wie eine Mutter hatte und in die Schule gehen konnte.
    Sie holte mich aus der Vergangenheit zurück.
    »Ich bin Joan Fuller.«
    »Jinx!« rief ich.
    Ihre Augen wurden feucht, und sie schien ein wenig die Fassung zu verlieren.
    »Ich hätte nie gedacht, daß mich je wieder jemand so nennen würde.«
    Ich nahm ihre Hand und versuchte ihr zu erklären, warum ich so grob gewesen war.
    »Ich habe dich nicht erkannt.«
    »Natürlich nicht. Und daß ich hier bin – man hat mich gebeten, Vaters Sachen abzuholen.«
    Sie ging zu ihrem Sessel zurück, und ich setzte mich auf den Schreibtisch.
    »Ich hätte mich darum kümmern müssen, aber ich wußte gar nicht – ich dachte, du bist auswärts.«
    »Ich bin schon seit einem Monat zurück.«
    »Du warst bei deinem Vater, als …«
    Sie nickte und wandte den Blick von den Dingen ab, die sich auf dem Schreibtisch stapelten.
    Ich hätte in diesem Augenblick nicht davon anfangen dürfen, aber ich wollte mir die Gelegenheit auf keinen Fall entgehen lassen.
    »Was deinen Vater angeht – ist er dir nervös oder nachdenklich vorgekommen?«
    »Nein, ich habe nichts bemerkt. Wieso?«
    »Na ja« – ich beschloß zu einer Lüge eine Zuflucht zu nehmen, um sie nicht zu quälen –, »wir haben an einem wichtigen Problem gearbeitet. Wir waren in Urlaub. Es würde mich interessieren, zu erfahren, ob er eine Lösung gefunden hat.«
    »Hatte es etwas mit – Funktionensteuerung zu tun?«
    Ich sah sie scharf an.
    »Nein. Warum fragst du?«
    »Oh, ich weiß nicht. Es ist nichts.«
    »Aber die Frage muß doch einen Grund haben.«
    Sie zögerte.
    »Nun ja, er war ein bißchen bedrückt und verbrachte die meiste Zeit in seinem Arbeitszimmer. Ich habe auch ein paar Handbücher über dieses Gebiet auf seinem Schreibtisch gesehen.«
    Ich fragte mich, was den Eindruck hervorrief, daß sie etwas zu verbergen suchte.
    »Wenn es dir nichts ausmacht, möchte ich gelegentlich vorbeikommen und mir seine Aufzeichnungen ansehen.

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