Blick wanderte durch den Raum. An der Wand über dem Schreibtisch hing ein Bild von Sue auf Dakota.
âDakotaâ, tippte Sina.
Wieder falsch.
Sie tippte nacheinander alle anderen Pferdenamen ein, kein Erfolg. Genauso wenig wie mit âWashingtonâ, âHorstâ und âKlothildeâ.
âEvelynâ, das war der Vorname von Sues Mutter. Fehlanzeige. Den Vornamen von Sues Vater kannte Sina nicht, aber sie wusste, dass sich Sue nicht sehr gut mit ihm verstand. Eher unwahrscheinlich, dass sie ihr Passwort nach ihm benannt hatte.
âDenk nachâ, murmelte Sina. âWas könnte es noch sein?â
Neben dem Bild von Sue auf Dakota hing ein verblichenes Pferdefoto. Ein Shetlandpony. Sina erinnerte sich an die herzzerreiÃende Geschichte, die Sue ihr einmal erzählt hatte. Von ihrem ersten Pony, das bei einem Turnier gestürzt war, sich das Bein gebrochen hatte und erschossen werden musste.
Wie hatte das Pony noch mal geheiÃen?, überlegte Sina. Es war ein englischer Name gewesen, aber sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr daran erinnern.
Sie nahm das Pferdefoto von der Wand und öffnete den Rahmen.
âHoney 1970â, stand auf der Rückseite des Bildes.
âHoneyâ, tippte Sina in den Computer.
Das Fenster verschwand.
âIch bin drinâ, murmelte Sina.
Sues Computer war genauso geordnet wie ihr Schreibtisch im Büro. âSteuerâ, âRanchâ, âFinancesâ, âHorsesâ und âPrivatâ hieÃen die Ordner, in denen sie ihre Dokumente aufbewahrte. Nur ein Ordner war anders. âStrange Stuffâ, hatte Sue ihn genannt. Strange stuff , das hieà so etwas Ãhnliches wie komisches Zeug.
Neugierig klickte Sina ihn an.
Der Ordner enthielt nur Mails, stellte sie fest, und alle Mails hatten fast die gleiche Betreffzeile. Botschaft 1, Botschaft 2, Botschaft 3 ⦠und so weiter. Die letzte Mail hieà Botschaft 43.
Sinas Finger zitterten, als sie die erste Mail anklickte. Botschaft 1 â das klang wirklich strange. Ob sie hier endlich auf eine Spur zur Lösung der Rätsel gestoÃen war?
Von:
[email protected]An: Sue Miradorâº
[email protected]â¹
Datum: 10. März 2011
Betreff: Botschaft 1
Liebe Sue!
Du bist bestimmt sehr überrascht, diese Mail von mir zu bekommen. Du kennst mich ja noch gar nicht und weiÃt überhaupt nichts von mir. Ich jedoch weià so gut wie alles über dich. Seit vielen Jahren schon, seit ich dich in âEine Liebe in Hollywoodâ zum ersten Mal gesehen habe, verfolge ich mit groÃer Bewunderung und zärtlicher Begierde jeden deiner Schritte. Bisher habe ich dich nur aus der Ferne beobachten können. Aber nun bist du endlich ganz in meiner Nähe. Mein Glück ist unendlich, meine Freude grenzenlos â¦
In diesem Stil ging es noch einige Zeilen weiter. Eine Liebe in Hollywood , dachte Sina. Das war der Titel eines Films, in dem Sue vor vielen Jahren mitgespielt hatte, mit dem sie berühmt geworden war. Sina und die anderen Pferdemädchen hatten ihn sich angesehen, nachdem ihnen Robert davon vorgeschwärmt hatte. âDer beste Film aller Zeitenâ, hatte er gesagt. Die Mädchen hatten den Film allerdings ziemlich schnulzig gefunden.
âAls ich den Film das erste Mal gesehen habe, kannte ich Sue noch gar nichtâ, hatte Robert ihnen damals erzählt. âUnd ich habe mich sofort in sie verliebt.â
Sinas Herz raste. Das konnte kein Zufall sein. Diese Mail kam bestimmt von Robert, auch wenn er sich hinter so einer blöden gefakten Adresse versteckte. âA.Nonymâ.
Aber warum schrieb er, dass Sue ihn noch nicht kannte und nichts von ihm wusste? âVielleicht meint er es im übertragenen Sinneâ, murmelte Sina. âObwohl sie miteinander verheiratet waren, kennt sie ihn nicht. Er dagegen weià alles über sie.â
Sina zog scharf die Luft ein. Die Beweise häuften sich und das Netz zog sich zusammen. Robert war der Mann, den sie suchten! Er hatte die Verbindungstür zu den Fischers geöffnet und bestimmt hatte er Rosa auf dem Gewissen. Die einzige Frage lautete: Warum?
Mit einem Mal war sich Sina sicher, dass die Mails die Antwort bereithielten. Aufgeregt klickte sie eine nach der anderen an und überflog sie hastig. Die ersten Schreiben waren Liebesbriefe, voller Bewunderung und Leidenschaft, aber in der elften Mail