Sina auf heißer Spur
ja mit den anderen Mädchen sprechen. Vielleicht kann eine von euch doch mit aufpassen.â
âBestimmt. Ich ⦠äh â¦â
âHör mal, Sina.â Viktor räusperte sich. Nun wurde zur Abwechslung er rot. âDu musst nicht denken, dass ich dich anmachen will oder so.â
âNeinâ, sagte sie. âNatürlich nicht.â Hitzewallung. Da standen sie nun beide mit roten Köpfen.
âKommâ, sagte Viktor. âWir fahren nach Hause.â
âNee. Ich rede noch mal mit Sue. Ich will endlich wissen, was hier abgeht.â
âOkay.â Er nickte. âAber sei vorsichtig, hörst du? Wenn dir irgendwas komisch vorkommt oder wenn du einfach nur quatschen willst â¦â Er wirkte, als ob er noch etwas sagen wollte, aber dann hob er nur die Hand und verschwand in Richtung Fahrradständer.
Botschaft 41
Die Tür zum Wohnhaus war verschlossen. Das war ungewöhnlich. Normalerweise schloss Sue niemals ab, wenn sie das Haus verlieÃ. Aber die Tür zum Büro lieà sich öffnen.
âSue?â Keine Antwort.
Wahrscheinlich war sie ausgeritten. Sina blickte sich zögernd um. Sollte sie die Gelegenheit nutzen und sich ein bisschen umsehen?
Sie machte einen kleinen Schritt in den Raum. Noch einen. Dann drei gröÃere und einen ganz groÃen und schon stand sie vor dem Schreibtisch.
Ein Computer, ein Becher mit Stiften, Tesafilm, ein Locher und ein deutsch-englisches Wörterbuch. Sues Schreibtisch war ähnlich aufgeräumt wie Roberts Agentur. Ob in ihren Schubladen auch das gleiche Chaos herrschte? Zumindest waren sie ordentlich beschriftet: âSteuerâ, las Sina. âRanchâ, â Finances â, â Horses â und auf der untersten âPrivatâ.
Privat. Das ging Sina ja nun überhaupt nichts an. Diese Schublade war tabu. Tabuer als tabu. Tabuissimo.
Aber anstatt sich umzudrehen und den Raum schnell wieder zu verlassen, ging sie in die Hocke. Und zog die Schublade auf.
Ihre Finger zitterten, als sie in Sues Fotos, Briefen und Postkarten wühlte.
Ein Hochzeitsbild von Sue und Robert. Wie glücklich sie beide darauf aussahen!
â I will love you for the rest of my life â, stand auf einer herzförmigen Karte. âMark.â Mark war Sues erster Ehemann gewesen, der sie nach fünf Jahren wegen einer Achtzehnjährigen verlassen hatte.
âEwige Liebe, ja superâ, murmelte Sina.
Ganz unten in der Schublade fand sie einen dicken hellbraunen Din-A4-Umschlag. Er trug keine Aufschrift, aber auf die Vorderseite hatte Sue einen Totenkopf gemalt.
Das Kuvert war nicht zugeklebt. Vorsichtig zog Sina die Lasche auf und holte einen Stapel Blätter heraus. Es waren Unterlagen zu Sues Scheidungen. Eine Klarsichthülle für Mark, eine für Robert. Das ist oft alles, was von einer Beziehung übrig bleibt, dachte Sina traurig.
Sie erinnerte sich an die Scheidung ihrer eigenen Eltern. Wie fürchterlich sie sich gestritten hatten, bevor ihr Vater dann endlich ausgezogen war. Er hatte ihre Mutter ebenfalls wegen einer anderen Frau verlassen, aber mit der war er schon längst nicht mehr zusammen. Inzwischen lief es zwischen ihren Eltern wieder besser, zumindest brüllten sie sich nicht ständig an, wenn sie sich sahen.
Sina blätterte durch die Dokumente und Anwaltsschreiben. Die Scheidung von Mark war in Amerika verhandelt worden, die Schriftstücke waren alle auf Englisch. Sina verstand so gut wie gar nichts. Sue und Robert hatten dagegen in Deutschland geheiratet und waren hier auch wieder geschieden worden. Aber das Anwaltskauderwelsch klang für Sina genauso unverständlich. Sie seufzte, schob die Blätter wieder in den Umschlag und legte ihn zurück in die Schublade.
Als sie sich wieder aufrichtete, fiel ihr Blick auf den Computer.
Schalt mich an, sagte der Computer.
Bist du verrückt?, sagte Sinas Gewissen. Das kannst du echt nicht bringen.
Warum nicht? Ich bin doch nur ein Computer, sagte der Computer. Los, mach schnell! Schalt mich ein!
Bevor sich das Gewissen wieder zu Wort melden konnte, hatte Sina schon den Startknopf gedrückt. Der Bildschirm wurde hell, ein schmales Fenster öffnete sich.
Enter your password.
Na super. Natürlich hatte Sina nicht die leiseste Ahnung, wie Sues Passwort lauten könnte.
âSunshine Ranchâ, tippte sie.
â Access denied â, antwortete der Computer. Zugang verweigert.
Ihr
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