Sind Sie hochsensibel?
einmal genau darüber nachdenkt, die gleiche Vergangenheit dem Zweck aber auch dienlich sein. Vielleicht besteht der Zweck auch gerade darin, ein bestimmtes menschliches Problem vollständig zu durchleben und zu verstehen.
AuÃerdem möchte ich auf einen gemeinsamen Fehler vieler Psychotherapeuten hinweisen â dabei denke ich an jene, die keinVerständnis gegenüber HSM haben. Solche Therapeuten suchen in der Kindheit von HSM natürlich nach etwas, das gewisse Symptome erklärt, welche für uns im völlig normalen Bereich liegen. Sie glauben vielleicht, dass sich der HSM
zu sehr
zurückzieht, von Gefühlen unbegründeter Distanz berichtet, übertriebene oder neurotische Ãngste und ungewöhnliche Probleme bei der Arbeit, in engen Beziehungen oder mit seinem Sexualleben hat. Eine Erklärung für alles zu finden, bedeutet immer eine Erleichterung sowohl für den Therapeuten als auch für den Klienten, selbst wenn die Erleichterung darin besteht zu begreifen, dass uns jemand etwas Schlimmes zugefügt hat, das wir seitdem vergessen oder unterschätzt haben.
Ich stelle fest, dass Menschen, deren tatsächliche Schwierigkeiten mit ihrem Wesenszug zu tun haben (weil sie ihn vielleicht missverstanden haben oder falsch mit ihm umgegangen sind) eine groÃe Erleichterung verspüren und Fortschritte machen, wenn sie erst einmal Grundlegendes über ihre Sensibilität erfahren. Möglicherweise ist dann noch immer erheblich Arbeit in der Therapie zu leisten, beispielsweise Neubewertungen vorzunehmen und zu lernen mit dem Persönlichkeitsmerkmal zu leben. Der Schwerpunkt dieser Arbeit verlagert sich aber auf Grundlage dieses neuen Wissens fast wie von selbst.
AuÃerdem glaube ich, dass die Menschen nicht wissen, wovon sie reden, wenn sie solche Sätze von sich geben wie: âAch, hör doch auf! Die Kindheit ist für jeden schwierig. Keine Familie ist perfekt. Jeder hat ein paar Leichen im Keller. Es ist bloà infantil, wenn man Jahr für Jahr in der Therapie verbringt. Schau dir doch die Geschwister an â die hatten dieselben Probleme und machen nicht so einen Wind um die Sache. Sie kommen nämlich mit ihrem Leben zurecht.â
Keine Kindheit gleicht einer anderen. Einige sind wahrhaftig grauenvoll und sie können innerhalb einer Familie unterschiedlich sein. Statistische Analysen, die den Einfluss der familiären Umgebung auf verschiedene Kinder ein und derselben Familieuntersuchen, bestätigen, dass es keine Ãbereinstimmungen geben muss. 110 Ihre Geschwister hatten eine komplett andere Kindheit. Sie hatten unterschiedliche Rollen in der Familie, unterschiedliche frühkindliche Erfahrungen, vielleicht sogar ein wenig andere Eltern, wenn man bedenkt, wie Erwachsene sich aufgrund von Umständen und Alter verändern. Und vergessen Sie nicht, dass Sie auÃerdem ein hochsensibles Kind waren.
Jene, die schon hochsensibel geboren wurden, werden von allem stärker berührt. AuÃerdem gilt: Der Sensibelste in der Familie wird oft zum Brennpunkt. Besonders in einer nicht ganz intakten Familie übernimmt ein hochsensibles Kind wohlmöglich die Rolle des Sehers, Wunderkindes, Vermittlers, Märtyrers, Patienten, eines Elternteils oder es wird zur Zielscheibe für alle, zum schwachen Opfer, das beschützt werden muss. Sich dieses Opfers anzunehmen wird zur Lebensaufgabe einer anderen Person. Währenddessen wird aber das tatsächliche Bedürfnis des Kindes, das sich in der Welt sicher fühlen möchte, übersehen.
Zusammenfassend gesagt: Glauben Sie Ihren Gefühlen, wenn es Ihnen so vorkommt, als sei Ihre Kindheit schwerer gewesen als die anderer Familienmitglieder oder Menschen mit ähnlicher Vergangenheit, die ihre Kindheit okay fanden. Wenn Sie meinen, dass Sie eine Therapie brauchen, um Erlebnisse aus der Kindheit aufzuarbeiten, dann kümmern Sie sich darum. Jede Kindheit hat ihre eigene Geschichte, die es wert ist, angehört zu werden.
Wie Dan überlebte
Vorweg sei gesagt, dass Dans Antworten auf meine Fragen typisch für einen HSM waren, wenn auch sehr extrem. Er verstand sich selbst als im höchsten MaÃe introvertiert und hatte immer viel Zeit mit sich allein verbracht. Gewalt in jeglicher Form war ihm zuwider. Er erzählte mir, dass er für die Buchhaltung einer groÃen Non-Profit-Agentur verantwortlich sei. Er glaubte, dass man ihn dort für seine freundliche und
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