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Sind Sie hochsensibel?

Sind Sie hochsensibel?

Titel: Sind Sie hochsensibel? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mvg verlag
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zeigen Babys Interesse an neuen Dingen – nur so können auch ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Im Zusammenhang damit tauchen neue Gefühle auf – Ärger und Frustration, wenn man zum Beispiel nicht bekommt, was man will. Es sind also sowohl positive als auch negative Emotionen möglich, und wie stark man sie empfindet, hängt davon ab, wie ausgeprägt das Aktivierungssystem ist. Rob, bei dem beide Systeme recht stark sind, entwickelte sich zu einem Kind, das schnell genervt reagierte. Sensible Kinder mit einem schwächeren Aktivierungssystem verhalten sich in diesem Alter ruhig und machen keine Schwierigkeiten.
    Im sechsten Lebensmonat wird das übergeordnete Achtsamkeitssystem aktiv. Man kann jetzt gegenwärtige Erfahrungen mit vergangenen vergleichen und, wenn die neuen Erlebnisse so aufwühlend sind wie die vergangenen, dann entsteht Angst.Dennoch nehmen sensible Kinder bei jeder neuen Erfahrung feine Unterschiede wahr. Sie spüren mehr als nur Unbekanntes oder vielleicht Beängstigendes.
    Zu diesem Zeitpunkt, mit sechs Monaten, ist jede Erfahrung äußerst wichtig für HSM. Man kann jetzt feststellen, wie ein paar negative Erlebnisse bei der Annäherung an neue Situationen aus dem Achtsamkeitssystem ein Vermeidungssystem machen – ein echtes Verhaltenshemmsystem. Um schlimme Erlebnisse zu umgehen, wird der Säugling alles Neue vermeiden. Je mehr man sich aber scheut die Dinge in der Welt kennen zu lernen, desto unbekannter wird einem alles erscheinen. Stellen Sie sich vor, wie Furcht einflößend Ihnen die Welt vorgekommen sein mag.
    Endlich, ungefähr im zehnten Lebensmonat, fangen Kinder an, die Fähigkeit zu entwickeln, ihre Aufmerksamkeit von einer Sache auf eine andere zu lenken, sich zu entschließen, wie man eine Sache sehen will oder wie man sich verhalten möchte. Erst zu diesem Zeitpunkt lernt man, den Widerstreit zwischen den beiden Systemen willentlich zu beeinflussen. Ein Konflikt könnte wie folgt aussehen: „Ich würde das gerne ausprobieren, aber es kommt mir so seltsam vor.“ Man würde mit zehn Monaten zwar nicht diese Worte wählen, aber man kann es sich so vorstellen. Das Kind kann sich jetzt entscheiden, welchem Gefühl es nachgeben will. Ich sehe Rob direkt vor mir, wie er sich sagt: „Okay, ich kenne es zwar nicht, aber ich riskiere es trotzdem.“
    Sie haben damals bestimmt auch eine Methode entwickelt, um Ihr Achtsamkeitssystem zu überlisten, weil es Sie zu oft oder zu lange lahm gelegt hat. Eine Möglichkeit könnte darin bestanden haben, dass Sie es denen gleich taten, deren Achtsamkeitssystem nicht so ausgeprägt war. Dann haben Sie sich genauso verhalten und auch gute Erfahrungen gemacht, während sie bewusst nicht auf Ihr Warnsystem gehört haben. Eine andere Methode bestand vielleicht darin, den Reiz neu einzuordnen, sodass er einem bekannt vorkam – der heulende Wolf aus einem Film war plötzlich nur noch ein großer Hund. Aber die größte Hilfe kamwahrscheinlich von anderen, die wollten, dass Sie sich sicher und nicht verängstigt fühlten.
    Bei Ängsten Hilfe durch Mitmenschen zu erfahren, bringt ein weiteres System ins Spiel, von dem Rothbart glaubt, dass es bei Erwachsenen hoch entwickelt sei. Es tritt ebenfalls ungefähr im zehnten Lebensmonat in Erscheinung. Dank dieses Systems beginnt das Kleinkind Kontakte zu anderen Menschen zu knüpfen und diese zu genießen. Wenn diese Erfahrungen im sozialen Bereich positiv und unterstützend ausfallen, entwickelt sich ein anderes psychologisches System, auf das Menschen biologisch vorbereitet sind: Man könnte es „das System des Liebens“ nennen. Es verursacht die Ausschüttung von Endorphinen – die Hormone des Sich-wohl-Fühlens.
    In welchem Maße konnten Sie Ihre Ängste überwinden? Konnten Sie sie überwinden, indem Sie der Hilfe anderer vertrauten? Wer war bei Ihnen, auf wen konnten Sie sich verlassen? Haben Sie sich nach dem Muster verhalten: „Mama ist ja da, also versuche ich es?“ Haben Sie gelernt, die beruhigenden Worte und Taten anderer zu imitieren und diese sich selbst vorzusagen? „Hab keine Angst, es wird schon gut gehen!“ Ich habe Rob all diese Methoden verwenden sehen.
    Vielleicht möchten Sie jetzt einen Moment über sich und Ihre frühe Kindheit nachdenken. Mehr davon werden wir nämlich in den nächsten beiden Kapiteln

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