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Sind Sie hochsensibel?

Sind Sie hochsensibel?

Titel: Sind Sie hochsensibel? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: mvg verlag
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der Dunkelheit fangen leise Geräusche und undeutliche Umrisse an, unsere Vorstellungskraft zu beherrschen, und HSM nehmen dies viel stärker wahr. Dann werden uns auch wieder die neuen Eindrücke des Tages bewusst – einige haben wir gar nicht richtig bemerkt und andere haben wir vollkommen unterdrückt. All das schwirrt in unserem Kopf herum, wenn wir unser Bewusstsein eigentlich ausschalten wollen, damit wir einschlafen können. Um aber einschlafen, durchschlafen und weiterschlafen zu können, ist es erforderlich, sich in der Welt sicher zu fühlen.
    Der einzige Tiefenpsychologe, der je explizit auf Sensibilität eingegangen ist, war einer der Begründer der Tiefenpsychologie, C. G. Jung. Was er sagte, ist wichtig und durchaus positiv.
    Schon als die Tiefenpsychologie mit Sigmund Freud ihren Bund eingegangen ist, gab es kontroverse Auffassungen darüber, in welchem Maße das angeborene Temperament die Persönlichkeit forme oder Schwierigkeiten im emotionalen Bereich auslöse. Vor Freud hatte das medizinische Establishment immer die ererbten konstitutionellen Unterschiede betont. Freud versuchte zu beweisen, dass Neurosen (sein Steckenpferd) durch traumatische Erlebnisse verursacht werden, besonders durch bestürzende sexuelle Erfahrungen. C. G. Jung, der lange Zeit Freuds Jünger gewesen war, brach aber letztendlich mit ihm, weil für Freud die Sexualität von zentraler Bedeutung war. Jung entschied, dass der fundamentale Unterschied zwischen Menschen durch eine ererbte ausgeprägte Sensibilität zustande komme. Er glaubte, dass hochsensible Patienten deshalb Neurosen entwickeln, weil sie durch eineseelische Erschütterung – ob nun sexueller Natur oder nicht – außergewöhnlich traumatisiert worden sind. 48 Beachten Sie vor allem Jungs Aussage, dass sensible Menschen, die in ihrer Kindheit nicht traumatisiert wurden, keine Neurosen aufweisen. Das erinnert daran, was Gunnar in Bezug auf das sensible Kind mit der sicheren Bindung zur Mutter herausgefunden hat: Es fühlt sich durch neue Eindrücke nicht bedroht. Tatsächlich hatte Jung eine hohe Meinung von sensiblen Menschen – schließlich war er selbst einer.
    Dass Jung über HSM geschrieben hat, ist wenig bekannt. (Auch ich wusste dies nicht, als ich mit meiner Arbeit über Hochsensibilität begann.) Jung sagte beispielsweise, dass „eine gewisse angeborene Empfindsamkeit […] zu einer besonderen Vorgeschichte, das heißt zu einem besonderen Erleben der infantilen Ereignisse“ führt und dass „Ereignisse, verknüpft mit starken Eindrücken, […] nie spurlos an empfindsamen Menschen vorüber“ gehen 47 . Später begann Jung auf ähnliche und zwar noch positivere Art und Weise „introvertierte“ und „intuitive“ Typen zu beschreiben. Er sagte, sie müssten sich einen Selbstschutz zulegen, und Introvertiertheit verstand er als einen solchen Schutz. Ebenso meinte er aber auch, dass sie die „Kulturförderer und Erzieher“ seien. „Wir verstehen aus ihrem Leben und nicht zum mindesten gerade aus ihrem größten Fehler, ihrem Nichtmitteilenkönnen, einen der großen Irrtümer unserer Kultur, nämlich den Aberglauben an das Sagen und Darstellen, die maßlose Überschätzung des Belehrens durch Worte und durch Methoden.“ 48
    Solche Menschen, so Jung, würden selbstverständlich stärker durch ihr Unbewusstes beeinflusst, durch das sie Informationen von „hervorragender Wichtigkeit“ und „prophetischer Voraussicht“ 49 erlangen könnten. Für Jung enthält das Unbewusste wichtige Weisheiten, die es zu lernen gilt. Ein Leben in ständiger Zwiesprache mit dem Unbewussten ist wesentlich bedeutender und persönlich befriedigender.
    Solch ein Leben ist potenziell jedoch auch schwieriger, besonders wenn es in der Kindheit zu viele beunruhigende Erfahrungen und keine Sicherheit gab. Wie Sie anhand von Gunnars Forschung sehen konnten und auch noch in Kapitel 8 erfahren werden, hatte Jung absolut recht.
    Sensibilität ist völlig in Ordnung
    Rob, Jerome Kagan, Megan Gunnar und C. G. Jung sollten Sie mittlerweile überzeugt haben, dass Ihr Persönlichkeitsmerkmal eine Tatsache ist. Sie sind nun einmal anders. Im nächsten Kapitel werden Sie sich damit auseinander setzen, inwiefern es nötig ist, dass sich Ihr Lebensstil von dem anderer unterscheidet. Sie

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