Sine Culpa
Verteidigung gesagt hat. Trotz aller Nachforschungen konnten wir keinen Hinweis finden, dass er Paul Hill kannte, und seine einzige Interaktion mit Taylor war, ihn rauszuschmeißen.«
»Aber hat er überhaupt gewusst, was der Sack enthielt?«, gab Cooper zu bedenken. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er tatsächlich dabei mitgemacht hätte, einen Mord zu vertuschen.«
»Seine Fingerabdrücke sind auf beiden Säcken, und sein Blut nicht bloß auf der Außenseite«, rief Fenwick ihm in Erinnerung. »Falls er nicht wusste, was drin ist, warum sollte er sich dann die Mühe machen, ihn auf der Baustelle zu vergraben, so tief, dass er nicht zufällig von den Arbeitern entdeckt werden würde? Nein, ich glaube, er wusste genau, was er tat.«
»Also, in welche Richtung wird deine Empfehlung gehen?«, wollte Nightingale wissen.
»Dass wir die Mordanklage fallen lassen und ihn wegen Beihilfe erneut festnehmen. Louise, bereite alles vor, um ihn wegen Beihilfe festzunehmen. Ich will ihn heute Nachmittag hier haben. Wird Zeit, härter mit ihm umzugehen. Du kannst seine Vernehmung leiten, und sei so aggressiv, wie du es für nötig hältst.«
Sie lächelte vor Freude über diese unerwartete Verantwortung.
»Wir müssen sein Vertrauen in die Person untergraben, die er deckt, also werde ich ihm sagen, was wir über Paul wissen … und dass es möglicherweise noch andere Jungen gab. Aber dass wir von seiner Bigamie und der Familie in Asien wissen, behalte ich vorläufig noch in der Hinterhand.« Sie stand auf, um sich gleich an die Arbeit zu machen.
»Und ich muss mir wohl weiter die Hacken ablaufen«, sagte Cooper, klang aber nicht bedrückt. »Ich will den Kerl finden, den er deckt. Das muss jemand sein, den er gut kannte, und ich glaube irgendwie nicht, dass er mit dem Namen rausrückt, egal, wie hart Sie ihn in die Mangel nehmen, Ma’am.«
Fenwick blinzelte erstaunt über Coopers respektvollen Ton, merkte aber, dass Nightingale ihn als selbstverständlich hinnahm. Er war ungeheuer stolz auf sie und beschloss, ihnen entgegen seiner sonstigen Zurückhaltung zu verraten, was er sonst noch vorhatte.
»Übrigens, ich hab den A.C.C. davon überzeugt, dass eine schlichte Presseerklärung nicht ausreichen wird. Wir dürfen den Fall in der Sendung CrimeNight vorstellen.« Er überging ihre Verblüffung. »Das M.C.S. kümmert sich um alles, und der Beitrag wird Montagabend ausgestrahlt. Ein Grund mehr, die Nachricht von der Freilassung des Majors heute rauszubringen.« Fenwick stand auf. »So, und jetzt muss ich in Harper-Browns Höhle.«
Am Samstagmorgen wurde Major Maidment aus der Untersuchungshaft entlassen, nachdem die Mordanklage gegen ihn fallen gelassen worden war. Gleich darauf wurde er wieder festgenommen, diesmal unter dem Verdacht der Beihilfe zum Mord an Paul Hill. Der zuständige Richter, der wegen der vorherigen falschen Anklage ohnehin schon wütend war, schmetterte den Antrag der Polizei ab, den Major weiter in Haft zu behalten, weil er eine laufende Ermittlung gefährden könnte. Maidment wurde gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt, allerdings mit der Auflage, sich täglich auf dem Polizeipräsidium zu melden.
Natürlich berichteten die Medien sofort über seine Freilassung, aber die Polizei machte in ihrer Erklärung deutlich, dass er weiterhin bei den Ermittlungen behilflich sein würde. Maidment lehnte den angebotenen Polizeischutz ab, obwohl ihm dazu geraten wurde, so wie er es abgelehnt hatte, in der Untersuchungshaft von den übrigen Häftlingen getrennt untergebracht zu werden.
Maidment musste sich gleich am Nachmittag im Präsidium in Harlden melden, obwohl der Gefängnisgeruch ihm noch immer an Haaren und Kleidung klebte. Er beschloss, den Zug zu nehmen, völlig leer im Kopf. Irgendwann würde er gewisse Entscheidungen treffen müssen, doch in diesem Moment war ihm nur danach, in Freiheit zu atmen. Der Lärm und die Hektik am Bahnhof verängstigten ihn ein wenig, machten ihn aber auch euphorisch. Er kaufte sich ein Ticket der Ersten Klasse, teils, um neugierigen Blicken zu entgehen, aber auch, weil er zum ersten Mal seit Wochen wieder eine Wahl treffen konnte, und das wollte er auskosten.
Der Duft, der aus einem Café drang, war verführerisch. Eigentlich hielt er nichts davon, in der Öffentlichkeit zu essen oder zu trinken, aber der Gedanke an richtiges Essen war unwiderstehlich. Als er einen Kaffee und ein Croissant bei dem jungen Burschen hinter dem Tresen bestellte, musterte der ihn
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