Sine Culpa
Eiseimer hinzu, der jeden Abend um fünf Uhr dreißig, wenn sein Abendessen schon langsam in der Küche köchelte, von der Haushälterin aufgefüllt wurde, ehe sie ging. Seine Drinks mussten eiskalt sein, eine Vorliebe, die er in den Tropen entwickelt hatte. Während er darauf wartete, dass der Whisky abkühlte, starrte er nach draußen auf den Swimmingpool.
Maidments Nachricht ging ihm nicht aus dem Kopf. Der Major hatte aufgewühlt geklungen – so kannte er ihn gar nicht, und das hatte ihn beunruhigt, noch ehe er den zweiten Anruf abgehört hatte. Vielleicht hätte er vor Jahren wegziehen sollen, zu seiner Vergangenheit auf Distanz gehen. Dass er das nicht getan hatte, lag zum Teil an seinem Stolz. Er hatte einen guten Namen hier, und er würde nicht zulassen, dass so ein kleiner Stricher ihn wegen eines Unfalls von hier vertrieb.
Es war ein Unfall, sagte er sich. Der Junge war von Anfang an überempfindlich und rebellisch gewesen. Das war typisch Bryan Taylor, so einen Bockmist zu bauen. Nichts wies auf einen Zusammenhang zwischen ihnen hin, dafür hatte er gesorgt, und einen greifbaren Beweis gab es schon lange nicht mehr. Er hatte zugesehen, wie alles verbrannte, und dann hatten Joe und Alec ihm geholfen, die Asche zu pulverisieren und zu vergraben. Damit blieb nur noch das Problem Maidment.
Er hatte nichts zu befürchten, solange Maidment die Nerven behielt. Selbst die zweite Nachricht musste ihm nicht unbedingt Sorgen machen. Er wandte sich um und ging zum Anrufbeantworter. Die körperlose Stimme, die den Salon erfüllte, hatte den unverkennbaren Akzent aus der Gegend von Sussex.
»Ähm, hier spricht Sergeant Cooper. Ich würde Ihnen gern noch ein paar Fragen stellen. Es geht um das Verschwinden von Paul Hill. Sie sind damals befragt worden, und ich weiß, dass wir danach auch noch mal mit Ihnen gesprochen haben, aber es sind noch ein paar weitere Fragen aufgetaucht, die geklärt werden müssen.«
Dieser Cooper hatte seine Telefonnummer genannt und um möglichst baldigen Rückruf gebeten. Die Frage war nur, sollte er noch etwas Zeit rausschlagen? Es wäre gut zu wissen, was Maidment zu sagen hatte, ehe er wieder mit der Polizei sprach, aber andererseits könnte eine Verzögerung verdächtig wirken. Er nippte an seinem Drink und griff dann nachdenklich zum Hörer. Als er das Telefon berührte, klingelte es, und er zuckte dermaßen zusammen, dass er Whisky auf den Teppich verschüttete, den er in Taschkent gekauft hatte.
»Mist.«
Er wartete ab, bis der Anrufbeantworter ansprang.
»Ich bin’s noch mal, Maidment. Hör mal, ich …«
»Ja, was willst du?« Sein Tonfall war schroff.
»Ich hab dir eine Nachricht hinterlassen.«
»Ich hab sie gehört.«
»Ich … ja, Schwester, dauert nur einen Moment … ich bin im Krankenhaus und soll eigentlich überhaupt nicht telefonieren, aber ich musste dich sprechen.«
»Weswegen?« Er fragte nicht, warum Maidment im Krankenhaus war, und er wünschte ihm auch keine gute Besserung. Ehrlich gesagt, wäre es eigentlich ganz praktisch, wenn der alte Sack sterben würde.
»Bei meiner Vernehmung hat die Polizei einige seltsame Fragen gestellt, sehr seltsame. Weißt du noch, dass du in meinem ersten Jahr als Sekretär einen neuen Parkausweis gebraucht hast?«
»Hä? Sag mal, hast du eins auf den Schädel gekriegt?«
»Du hast damals einen Parkausweis benötigt.« Maidment ließ nicht locker.
»Dein Gedächtnis für Kleinigkeiten ist wirklich grotesk.«
»Es war im August. Da bin ich ganz sicher.«
»Keine Ahnung. Wieso?«
»Na ja, die Polizei hat mich gefragt, ob ich 1981 Ersatzausweise ausgestellt habe.«
Das Glas in seiner Hand war so kalt, dass seine Finger weiß wurden. Er starrte sie an und versuchte, den Griff zu lockern.
»Was hast du denen gesagt?«
»Dass ich mich nicht mehr genau erinnern kann.«
»Mir ist nicht klar, was daran so wichtig sein soll.«
»Nun, sie haben nach dem Jahr 1981 gefragt.« Die Stimme des Majors wurde zu einem Flüstern. »Der Hill-Junge ist 1982 verschwunden, also kann es nichts damit zu tun gehabt haben.«
»Völlig richtig.«
»Aber 1981 ist ein anderer Junge verschwunden.« Maidment sprach so leise, dass er ihn kaum noch verstand. »Der Junge, dessen sterbliche Überreste vor einigen Monaten gefunden wurden. Er hieß Malcolm Eagleton.«
Der Klang des Namens löste eine Schockwelle in ihm aus. Das Glas glitt wie in Zeitlupe aus seinen gefühllosen Fingern und fiel auf den Teppich, ohne zu zerspringen. Er sah zu, wie
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