Sine Culpa
an sein Schweigen band, dann würde Maidment leben. Falls nicht, tja dann wäre es zwar traurig, aber unvermeidbar, dass er das Zeitliche segnete. Noch eine Aufgabe für William.
Er machte sich im Bad frisch, klatschte sich kaltes Wasser ins Gesicht und kämmte die lange dünnen Haare wieder sorgfältig nach hinten.
Um exakt sieben Uhr klingelte es an der Tür, und er führte Maidment in sein Arbeitszimmer, wo sie sich auch früher immer getroffen hatten.
»Whisky?« Er zeigte dem Major die Bleikristallkaraffe.
»Nein, danke.«
»Aber ich darf doch, ja? Es war ein Scheißtag.« Er sah, dass Maidment ob der groben Ausdrucksweise das Gesicht verzog, vielleicht aber auch, weil er noch Schmerzen hatte. »Du siehst furchtbar aus, mein Alter. Na komm, ein Schlückchen in Ehren.«
»Nein, danke. Ich bin nicht hier, um zu plaudern. Du weißt, warum ich gekommen bin.«
»Nein, das weiß ich wirklich nicht. Würdest du mich bitte aufklären?«
Edwards ging mit seinem Glas zur anderen Seite des Kamins in die Nähe der Tür, sodass er sowohl Maidment als auch das Sofa sehen konnte, hinter dem er den bewusstlosen Polizisten versteckt hatte. Der Sergeant lag in dem Spalt zwischen Wand und Sofa, und die Fenstervorhänge schirmten ihn auch seitlich gegen Blicke ab. Edwards entspannte sich etwas.
»Paul Hill«, sagte Maidment.
»Ja?«
»Du hast Paul Hill getötet.«
Edwards warf den Kopf in den Nacken und lachte grölend.
»Mein Gott, Maidment, du bist so blöd. Ich hab dir vor fünfundzwanzig Jahren geschworen, dass ich das nicht getan habe, und ich schwöre es dir auch jetzt. Ich gebe dir meine Ehrenwort, dass ich Paul Hill nicht getötet habe.«
»Ihr habt was?«
Nightingale sprang wütend vom Tisch auf und stieß dabei ihr Weinglas um. Clive hob es seelenruhig auf und betupfte den großen roten Fleck mit Küchenkrepp.
»… dann nehmt euch jedes Taxiunternehmen vor und findet raus, welches Taxi ihn vom Golfclub abgeholt und wohin gefahren hat.«
Sie knallte den Hörer auf und fuhr sich genervt mit den Fingern durchs Haar.
»Die haben ihn verloren. Ich fass es nicht … die haben ihn verloren.«
»Wie das?« Clive kannte sie gut genug, um gar nicht erst den Versuch zu machen, sie zu trösten.
»Er ist mit dem Taxi zum Golfclub gefahren, hat es bezahlt und ist reingegangen. Immerhin ist Wadley ebenfalls rein, um nachzusehen, ob er sich dort mit jemandem trifft, und da hat er gemerkt, dass Maidment weg war. Ansonsten würde er noch immer in seliger Unwissenheit draußen hocken; so eine Pleite.«
Sie griff nach ihrem Weinglas, merkte, dass es leer war, und trank stattdessen aus seinem.
»Ich muss Fenwick und Cooper Bescheid sagen, und dann muss ich aufs Präsidium. Ich weiß, ich kann da nicht viel machen, aber …«
»Ja klar, ich würd auch hinfahren.«
Sie beugte sich vor und küsste ihn rasch.
»Manchmal ist es ganz praktisch, dass du auch ein Bulle bist.«
Er nickte bloß und stand auf, um zu gehen.
»Ich lass dich dann mal allein. Ruf mich an, wenn du kannst. Falls es hektisch wird, sollte ich vielleicht doch heute Abend zum Dienst gehen und Alison helfen.«
Nightingale nickte geistesabwesend. Noch ehe sich die Tür hinter ihm schloss, griff sie zum Telefon. Cooper war nicht im Präsidium, und bei ihm zu Hause meldete sich keiner, also sprach sie ihm eine Nachricht aufs Handy. Auch bei Fenwick hatte sie kein Glück. Obwohl er verlangt hatte, dass man ihn sofort informieren sollte, falls sich was tat, ging er nicht ans Telefon, und sie musste ihm eine Nachricht hinterlassen. Sie fühlte sich sehr allein und war stinksauer, als sie ihre Autoschlüssel schnappte und die Wohnungstür hinter sich zuknallte.
38
Auf der kurzen Fahrt zum Präsidium versuchte Nightingale vergeblich, Cooper über Funk zu erreichen. Als sie zum zweiten Mal bei ihm zu Hause anrief, meldete sich eine vertraute Männerstimme, und sie atmete erleichtert auf.
»Bob, Gott sei Dank!«
»Nein, ich bin sein Sohn. Dad ist nicht da, Mum auch nicht. Soll ich was ausrichten?«
»Sag ihm einfach, er soll Louise Nightingale anrufen, sobald er nach Hause kommt, ja? Sag ihm, es ist dringend.«
»Ist alles in Ordnung?«
Sie hörte die angespannte Sorge in seiner Stimme, und zwang sich, ganz ruhig zu klingen. »Nur das Übliche, aber ich muss ihn unbedingt sprechen.«
Nightingale wartete ungeduldig, dass sich die Sicherheitstore für den Polizeiparkplatz öffneten, dann hielt sie mit quietschenden Reifen auf dem Stellplatz des
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