Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt
die Augen zu verdrehen, doch es kam nur ein Lächeln dabei heraus. Ein gewinnendes dazu. Was zum nächsten Problem führt. Ich habe seit Wochen nichts mehr zu essen gekauft, weil ich jeden Abend eingeladen werde. Und es gibt Restaurants, da gibt man mir nicht einmal mehr die Karte. »Sie wissen ja, was drinsteht«, sagen die Kellner und lächeln. Und ich versuche, die Augen zu verdrehen. Die Lufthansa hat mir neulich ein Ticket geschenkt, nachdem ich einen Flug verpasst hatte, und ein Taxifahrer hat nur drei Euro haben wollen statt der acht, die auf seinem Taxameter standen. Ein Berliner Taxifahrer!
Worüber streiten sich die Menschen eigentlich? Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Ist so lange her. Das Streit-und-Zank-Zentrummeines Gehirns ist verödet. Es gibt einfach keinen Grund. Seit Jahren nicht. Ich würde ja gern. Aber es klappt nicht. Was passiert, wenn ich sage: Kannst du nicht mal endlich abwaschen? Dann sagt mein Inneres: Ja, mache ich. Oder es sagt: Kann doch die Putzfrau machen. Die freut sich.
Seit ich Single bin, streite ich nicht mehr. Es ist, als lebte ich in einem Singlesanatorium. Nach dem letzten großen Streit bin ich dort eingezogen. Nicht wie sonst üblich für ein paar Tage oder Wochen, sondern für Jahre. Ist so schön dort. Manchmal kommt Besuch. Wenn der laut wird oder streiten will oder küssen, fliegt er aber raus. Sehr lange darf er auch nicht bleiben. Ist schließlich ein Sanatorium.
Die Welt kann so friedlich sein, wenn kein Mann im Haus ist. Manchmal führen wir Singles kleine Scheingefechte untereinander. Man muss ja im Training bleiben für den sehr hypothetischen Fall, dass man mal jemanden trifft, für den man sein friedliches Leben aufgeben würde. Es ist, als lebten wir kleinen Evas im Garten Eden, und Adam ist noch nicht aufgekreuzt. Adam war zuerst da? Bitte, Sie haben recht, ich möchte mich nicht streiten. Das mit Adam behaupten sie ja schon seit ein paar Jahrhunderten.
Falls übrigens jemand seinen Hahn vermisst, der ist bei meinem Nachbarn auf dem Balkon. Vor einigen Tagen weckte mich ein lautes Kikeriki. Es war gegen neun Uhr. Ein echter Prenzlauer-Berg-Hahn also. Der schläft ein bisschen länger, dafür kräht er dann aber auch alle drei Minuten. Und spätestens beim dritten Krähen riss der neue Besitzer die Balkontür auf und schrie: »Halt’s Maul. Halt endlich das Maul.« Unangenehmer Typ. Wie ein Ornithologe sieht der jedenfalls nicht aus. Ich glaube, man könnte sich gut mit dem streiten. Aber nicht ich.
Schnäppchen-Saison
In der Zeitung stand neulich, dass es zu wenige Frauen in Berlin gibt. Ein Männerüberschuss, das nenne ich mal eine gute Nachricht. Es klingt nach freier Auswahl. Nach Wühltisch. Nach Schnäppchen.Wir Frauen mögen so was. Doch dann wurde meine Freude gleich wieder gedämpft, denn diese wunderbaren Aussichten gelten nicht für Katrin, Christiane und Susanne, sondern für Lara, Laura und Lea. Kurz: Für die Generation L, die zurzeit noch mit Rote-Bete-Saft aufgepäppelt wird. Ende 20 bis Mitte 30 dagegen ist ausgeglichen. Das sagte auch das ziemlich sympathisch aussehende, schlaue Mittdreißiger-Pärchen in der Zeitung: total ausgeglichen. Und dann behaupteten sie noch, das hätten sie schon immer gesagt.
Ich nicht. Bis vor ein paar Tagen hätte ich schwören können, dass es total wenige Männer gibt. Aber vielleicht ist das eine Frage der Qualität. Vielleicht liegt es daran, dass die gefühlte Anzahl Mann so gering ist. So wie man manchmal, wenn die Temperaturen gerade den Gefrierpunkt erreichen, das Gefühl hat, der Wind komme ungebremst mit minus 15 Grad direkt aus Sibirien, so denkt man manchmal, wenn man durch die Stadt geht: Wie wenige Männer es doch gibt! Jetzt wissen wir, es gibt gar nicht so wenige. Ja, sind wir denn alle blind? Sehen wir den Wald vor lauter Bäumen nicht? Oder den Baum vor lauter Wald? Oder stehen da vielleicht zu viele Büsche herum?
In der Schule haben wir zum Glück alle mindestens zwei Fremdsprachen gelernt. Und es lohnt sich durchaus, mal nachzuschauen, was da im Ausland so wächst. Etwa auch nur Krüppelkiefern? Es hat mehrere Vorteile, einen Ausländer zu daten. 1. Er versteht einen nicht, man kann also problemlos mit Freunden über ihn lästern. 2. Da wir ihn kaum verstehen, klingt das, was er sagt, fast immer ausgesprochen intelligent, sogar wenn er Pizza bestellt. 3. Irgendjemand in seiner Familie hat sicher ein Ferienhaus an der Algarve, in den Hamptons oder in der Toskana.
Frau Zeh, die
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