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Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt

Titel: Single in the City - Frl. Garbers rennt durch die Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Garbers
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wünschte ich mir, es gäbe Fahrautomaten.

Basti und die Luxusschlampe Nivia

    Neulich im Restaurant setzte sich ein Mann zu uns. Er trug eine Lederunterhose. »Wo du aber auch immer hinschaust«, sagte Wolf, als ich es ihm erzählte. Ich musste aber gar nicht besonders hinschauen, denn es gab nichts, worunter die Unterhose sich hätte verstecken können.
    Was geht in solchen Menschen eigentlich vor? Es ist früh am Morgen, sie stehen auf, halten prüfend den Zeigefinger aus dem Fenster. »Hm. Schön mild«, sagen sie. »Genau das richtige Wetter, um ein bisschen mit meiner kleinen geilen Lederunterhose durch die Stadt zu laufen.«
    Überhaupt scheint es in Berlin eine stille Übereinkunft zu geben, sich bei den ersten Sonnenstrahlen die Klamotten vom Leib zu reißen. Sei es aufgrund einer spielerischen modischen Unbedarftheit oder nur, um ein bisschen Luft an die Rückenhaare zu lassen.
    Das erinnert mich an Frau Zehs Ex-Geliebten Basti Müller-Mühlenbeck. Der musste neulich auch in Unterhose auf die Straße. Oder, wenn man so will, im Herren-Slip. So heißen die ja leider offiziell. Wahrscheinlich hatten Boxershorts in den 80ern nur deshalb eine Chance, weil es besser klingt. Nicht so ausgeleiert wie Schlüpfer. Frau Zeh hatte sich Basti aus dem Internet geholt. GG – gekauft wie gesehen. Der Mailverkehr war heiß, und wiees sich traf, wohnten beide nur wenige Minuten voneinander entfernt, sodass ihre Beziehung schon bald nicht mehr nur auf Mails beschränkt war.
    Es war perfekt, es war rosa, es war wunderschön. Wenn Basti nur nicht diese Blackouts gehabt hätte. Denn immer und immer wieder vergaß er die Treffen mit seiner Liebsten. Meist wegen einer eitrigen Mandelentzündung. So viele Mandeln kann ein Mensch gar nicht haben, dachte sich irgendwann auch Frau Zeh. Und eines Morgens, Basti war gerade unter der Dusche, da nahm sie sein Handy. Es gibt Gelegenheiten, da ist Spionieren nicht nur erlaubt, sondern geboten. Dies war so eine Gelegenheit, denn wer weiß, wann Frau Zeh sonst von der Frauenkartei in seinem Handy erfahren hätte? Von Mandy, 19, Parship, oder von Lisette, 27, Friendscout, oder Agnieszka, 37, Friendscout, oder Luxusschlampe Nivia, Cup D.
    Während bei Basti die Schmerzen in langsam abklingenden Wellen auftraten, saß Frau Zeh bereits mit seinem Handy im Café und verschickte SMS. Um es kurz zu machen: Es dauerte genau zwei Milchkaffee lang, dann hatte sie sein erotisches Netzwerk in die Steinzeit zurückgebombt.
    »Wie konnte ich bloß auf den reinfallen?«, fragte Frau Zeh später. »Das mit den vielen Frauen konntest du doch nicht ahnen«, sagten wir ihr. »Aber das meine ich doch gar nicht. Als er mir auf der Straße nachlief, hatte er zwar keine Jeans an, aber seine Haare waren frisch gescheitelt.« Oh Mann, es gibt so viele Wahnsinnige in der Stadt. Oder kommt es einem nur so vor?
    Es war kurz nach acht, da stürzte ein junger Mann in den Supermarkt um die Ecke. In der rechten Hand trug er bereits eine prallvolle Kaisers-Plastiktüte. Meine Kassiererin hörte nicht einmal auf, ihre Strichcodes zu scannen: »Junger Mann! JUNGER MAHANN! KURZ NACH ACHT. WO WOLLN SE DENN HIN? FEIERABEND!!!« Der Arme blieb so abrupt stehen, als hätte jemand zu hart an seinem Zügel gezogen. »Aber ich muss Gummihandschuhe kaufen«, schrie er verzweifelt. »Ich brauch die doch zum Abwaschen. Sonst kann ich nicht kochen.«
    Mir und all den anderen Späteinkäufern im Supermarkt hatte er somit folgende freiwillige Selbstauskunft geliefert: 1. Er kannoffenbar kochen. 2. Er wäscht hinterher auch noch ab. Ein Traummann.
    Was macht es schon, wenn er sich ab und an ein wenig seltsam verhält? Man kann seine Ansprüche ja auch so hoch schrauben, dass am Ende gar keiner mehr infrage kommt, oder? Und dann stirbt man einsam und ungeliebt – und alles nur, weil man über den Mann mit dem Gummihandschuh gelacht hat, statt zu erkennen, welch ein guter Koch und Mensch sich dahinter recht gut verbirgt.
    Doch wie viel Verhaltensauffälligkeit sind wir bereit zu akzeptieren? Wie bekommt man die guten ins Töpfchen und die schlechten ins Kröpfchen? Wie wunderbar unkompliziert wäre es, könnte man sie einfach auf einen Teststreifen pinkeln lassen, wo sich der Grad ihrer Gestörtheit farblich darstellen ließe. Der Gummihandschuhmann wäre wohl noch im orangefarbenen Bereich. Ab ins Töpfchen. Aber Moment, muss das nicht sowieso umgekehrt sein? Die guten ins Kröpfchen und die schlechten ins Töpfchen?

Die schlaue Liese

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