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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Gesicht,
wobei sich ihre Lippen von den Zähnen zurückzogen.
»Versiegelte… Schotts. Luftdichter Kokon ringsum. Die
einzige Frage ist…«
    »Autopilot bereit«, verkündete das
Rettungsboot. Eine ganze Batterie von Navigationsdisplays für
Notsituationen leuchtete auf der Konsole vor ihnen auf.
    »… ob die auf uns schießen, wenn wir
starten.«
    »Warte. Ich muss da erst mal durchblicken. Wir sind weniger
als einen Tag von Rochards Welt entfernt, stimmt’s? Und
dieses… Ding… hat genügend Beinchen, um uns dorthin zu
tragen? Also wirst du ein nettes kleines Loch in die Wand hauen,
damit wir rauskommen. Und die werden uns einfach so ziehen
lassen?«
    »So in etwa«, erwiderte sie und schloss die Augen, um
die hübschen blauen Displays zu beobachten, die auf ihre
Netzhaut projiziert wurden. »Noch rund zehntausend g- Sekunden bis zur Landung. Derzeit befinden wir uns etwa
vierzigtausend Sekunden von Erdnähe. Also werden wir wie ein
Scheißhaufen durch die Gegend treiben, nicht wahr? Und so tun,
als wären wir eine entleerte Jauchegrube. Falls die ihr Radar
einschalten, verraten sie ihren Standort. Und falls sie
schießen, sind sie nicht länger unsichtbar. Also werden
sie uns ziehen lassen und sich vornehmen, uns später
aufzusammeln, sofern wir nach ihnen dort ankommen. Falls wir
versuchen, dort als Erste anzukommen, werden sie
schießen…«
    »Du setzt darauf, dass das Festival sie erledigt.«
    »Stimmt.«
    »Bereit, Startpumpe auszurüsten«, meldete
der Autopilot und klang dabei wie ein pingeliger alter Mann.
    »Mein erster Mann«, erklärte sie. »Hat immer
nur herumgenörgelt.«
    »Und ich hatte schon gedacht, das sei die Stimme deines
Lieblingsfrettchens.« Martin beschäftigte sich gerade
damit, nach Schutzpolstern zu suchen. »Gibt’s in dieser
Kiste keine Schwerkraft?«
    »Ist kein Luxusdampfer.«
    Etwas stieß draußen so hart gegen die Tür, dass
es schepperte. »O Scheiße.«
    »Wir starten in… zweiundvierzig Sekunden«, sagte
Rachel.
    »Hoffe, die lassen uns noch so lange Zeit.« Martin
beugte sich hinüber, um Rachel anzuschnallen. »Wie viele g macht das Ding?«
    Ihr Lachen ging in ein Husten über. »So viele, wie wir
aushalten. Die Rakete basiert auf Kernspaltung.«
    »Kernspaltung?« Er sah sie entgeistert an. »Dann
können die uns wie die Tontauben abknallen! Wenn
sie…«
    »Halt den Mund und lass mich arbeiten.« Erneut schloss
sie die Augen, um die letzten Vorbereitungen zu treffen.
    Sich heimlich davonzuschleichen war natürlich
entscheidend. Für einen Schlachtkreuzer wie die Lord Vanek war eine Rakete, die von Kernspaltung angetrieben wurde, ein
leichtes Opfer. Ihre Schubleistung würde rund vier Stunden
vorhalten. Möglicherweise würden sie während dieser
Zeit dem Schlachtkreuzer voraus sein – falls die Beschleunigung,
der kein Ausgleich entgegenwirkte, die Passagiere dieser Nussschale
nicht vorher umbrachte. Und falls die Lord Vanek nicht einfach
volle Kampfstärke vorauslegte und an der Rakete vorbeiraste.
Aber nach diesen vier Stunden würde ihnen die Schubkraft
ausgehen, was einer Katastrophe gleichkam. Und was noch schlimmer
war: Bis sie es schafften, mehr als zehntausend Kilometer Abstand
zwischen sich und die Lord Vanek zu legen, würden sie
sich innerhalb der Reichweite der tertiären Laserverteidigung
befinden – so nahe dran, dass das Kriegsschiff nichts anderes zu
tun brauchte, als seine Lidar-Impulse auf das Rettungsboot zu
richten. Und dann würden sie sich ganz schnell in ihre
Bestandteile auflösen, nicht anders als ein Ei im
Mikrowellenherd.
    Aber zwischen der bloßen Möglichkeit und der
unvermeidlichen Tatsache bestand immerhin eine gewisse Kluft, und
Rachel setzte darauf, dass diese Kluft groß genug sein
würde, um die Nussschale hindurch zu manövrieren. Falls das
riesige Kriegsschiff den Antrieb aktivierte, ging damit ein
Leitstrahl einher, den womöglich alle Verteidiger im Umkreis von
einer halben Lichtminute entdecken würden. Und falls es die
große, tödliche Batterie von Lasersensoren einsetzte,
hätte es ebenso gut mit greller Neonschrift ankündigen
können: KRIEGSSCHIFF IM ANFLUG – KOMMT UND SCHNAPPT MICH.
Kapitän Mirsky würde nicht wagen, sie mit so
auffälligen Mitteln zur Strecke zu bringen. Es sei denn, er war
bereit, den Zorn seines Admirals auf sich zu ziehen, indem er vor den
Augen des Festivals ein Riesenspektakel inszenierte. Nur wenn sie
ihren eigenen Antrieb oder ein Notsignal zündeten, würde
Mirsky sie bedenkenlos

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