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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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ohne dass es zum Krieg kommt – kaum noch
möglich erscheint. Demgemäß haben wir den Befehl
erhalten, als Teil des Einsatzgeschwaders eins zu Rochards Welt
vorzurücken, und zwar mittels des Schlachtplans Omega –
Grüner Horizont.« Jetzt zog er den Stuhl vor und nahm
Platz. »Gibt es irgendwelche Fragen zum Hintergrund, ehe ich in
die Einzelheiten der Anweisungen gehe?«
    Leutnant Marek streckte die Hand hoch. »Haben wir
irgendwelche Informationen über die angreifende Macht, Sir? Mir
scheint, das Büro des Zensors ist diesmal noch gewissenhafter
als üblich vorgegangen.«
    Kapitän Mirskys Wange zuckte. »Eine gute Frage.«
Krupkin musterte den Leutnant. Er war ein junger Aufsteiger, der in
der Abteilung Taktische Operationen eine Blitzkarriere gemacht hatte;
er war noch nicht einmal sechs Monate an Bord. »Und eine gute
Frage verdient eine gute Antwort. Leider kann ich Ihnen aber keine
geben, weil niemand es für angebracht gehalten hat, mich
entsprechend zu informieren. Also, Leutnant, wie werden unsere
Streitkräfte Ihrer Meinung nach abschneiden, wenn wir mal den
schlimmsten Fall annehmen?«
    Leutnant Marek schluckte. Er war noch nicht so lange an Bord, dass
er den Stil des Kapitäns richtig einschätzen konnte, der in
der Art eines Sokrates die Kenntnisse seiner Untergebenen zu
prüfen pflegte. Das war ein Überbleibsel aus den zwei
Semestern, die Mirsky an der Marinehochschule gelehrt hatte.
»Mit wem haben wir’s hier zu tun, Sir? Wenn es nur darum
ginge, einen örtlich begrenzten Aufstand niederzuschlagen,
gäbe es überhaupt kein Problem. Aber Rochards Welt hat
über einen Vorposten verfügt, dessen Streitmacht aus einem
Zerstörer und Waffen für die gezielte Verteidigung bestand.
Eigentlich hätten sie damit einen Aufstand genauso gut
niederschlagen können wie wir. Folglich hätte man uns nicht
entsandt, wäre man auf diese Weise mit der Situation fertig
geworden. Es muss also einen Feind geben, der die Streitmacht vor Ort
durch aktive Kampfhandlungen am Eingreifen gehindert hat.«
    »Eine akkurate Zusammenfassung.« Kapitän Mirsky
lächelte humorlos. »Eine, die auf jeden Fall stimmt, egal,
mit wem wir es hier zu tun haben. Leider wissen Sie jetzt genauso
viel wie ich selbst, bis auf eine Sache: Offenbar wurde der
Zerstörer Sachalin geschluckt. Ich kann nicht beurteilen, ob es
eine Metapher oder wörtlich zu nehmen ist. Aber offenbar
weiß niemand, was dieses Festival ist beziehungsweise zu was es
fähig ist. Und auch nicht, ob der Zerstörer denen
Verdauungsprobleme beschert hat. Lassen Sie uns nicht den Treueeid
vergessen, den wir dem Kaiser und der Republik geschworen haben.
Egal, zu was sich Kaiser und Republik entschließen: Wir haben
geschworen, ihnen als rechte Hand zu dienen. Und wenn jetzt ein
Schlag gegen den Feind beschlossen wurde, nun, dann wollen wir hart
zuschlagen. In der Zwischenzeit lassen Sie uns vom schlimmsten Fall
ausgehen. Was passiert, wenn der Feind über
Füllhorn-Maschinen verfügt?«
    Marek wirkte verwirrt. »Könnte das nicht eine
zweischneidige Sache sein? Einerseits verfügen sie über
Instrumente, mit denen sie in kürzester Zeit jede Menge Waffen
bauen können, ohne sich die Hände schmutzig zu machen.
Andererseits jedoch besteht, wenn sie nicht an Arbeit gewöhnt
sind, eine große Wahrscheinlichkeit, dass sie moralisch
verkommen sind, nicht wahr? Die Fähigkeit zu produzieren
führt ja nicht automatisch zum Sieg – vor allem dann nicht,
wenn die Leute, die die Produktionsmittel besitzen, durch ihren
dekadenten, von Robotern unterstützten Lebensstil
geschwächt und korrumpiert sind. Wie sollten sie über die
Traditionen und den Esprit einer rechtschaffenen Streitmacht
verfügen?«
    »Das bleibt abzuwarten«, erwiderte der Kapitän
kryptisch. »Für den Augenblick gehe ich lieber vom
schlimmsten Fall aus. Und der wäre, dass der Feind über
Füllhorn-Maschinen verfügt und nicht dekadent oder feige
ist.«
    Marek schüttelte leicht den Kopf.
    »Sie haben eine Frage?«
    »Äh… Ich habe angenommen…« Marek wirkte
bedrückt. »Ist das überhaupt möglich?«
    »Alles ist möglich«, erwiderte der Kapitän
hart. »Und wenn wir uns auf das Schlimmste einstellen, werden
wir, falls wir Glück haben, nur angenehme Überraschungen
erleben.« Er wandte den Blick von dem naiven Leutnant ab.
»Nächste Frage.«
    Krupkin, der als Ingenieur seine eigene Meinung darüber
hatte, inwieweit es ratsam war, die Nutzung von Technologien aus
gesellschaftlichen Gründen zu

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