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Singularität

Singularität

Titel: Singularität Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Stross
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Installation Hermann ihn gebeten hatte.
    Er arbeitete auch weiter, als die Nachtschicht die Tagschicht
abgelöst hatte. Später begann er mit den Regressionstests,
die aus einer Reihe routinemäßiger Selbsttests bestanden,
gesteuert von einer Software, die jeden Aspekt der
Antriebsaufrüstung praktisch überprüfte und
entsprechende Rückmeldungen gab. Das Installieren und Testen des
Moduls war die leichtere Übung. Am kommenden Tag würde er
überprüfen müssen, wie es mit dem Antriebskern
interagierte, und das würde seine Nerven in jeder Hinsicht
weitaus mehr strapazieren. Und so kam es, dass er um 25.00 Uhr
gähnte, sich streckte, seine Handschuhe und Feedback-Sensoren
zur Seite legte und aufstand.
    »Uaaah.« Er streckte sich noch mehr, sodass die Gelenke
vor Anstrengung knackten. Er fühlte sich benommen und
erschöpft, außerdem war ihm leicht übel. Er
zwinkerte: Nach all den Stunden, die er an grellbunten
dreidimensionalen Reglern in der virtuellen Realität verbracht
hatte, kam ihm jetzt alles flach und einfarbig vor. Seine Handgelenke
taten ihm weh. Und warum in aller Welt rochen Kriegsschiffe
heutzutage immer noch nach eingelegtem Kohl und abgestandenem
Schweiß, gelegentlich vermischt mit etwas, das schwach nach
Abwasser stank?
    Als er zur Tür stolperte, warf ihm ein vorbeikommender Rekrut
einen neugierigen Blick zu. »Ich muss irgendeine Schlafstelle
finden«, erklärte er.
    »Bitte warten Sie hier, Sir.« Nachdem er etwa eine
Minute gewartet hatte, tauchte jemand aus Krupkins Tross auf und
hangelte sich wie eine menschliche Fliege an der Wand entlang.
»Sie suchen Ihre Schlafkoje? Ah ja, Sir – auf Deck D,
Schott vierundzwanzig, steht Ihnen eine Offizierskoje zur
Verfügung. Frühstückswecken um sieben. Paulus, bitte
bringen Sie diesen Herrn dort hin.«
    »Hier entlang, Sir.« Der Rekrut führte Martin
wortlos und zielstrebig durch das Schiff, bis sie zu einem
blassgrünen Korridor gelangten, der auf beiden Seiten von Luken
gesäumt wurde. Sie erinnerten an die Zimmereingänge eines
Hotels, das Schlafkapseln vermietete. »Hier ist Ihr Raum.«
Martin blickte zu dem ihm zugewiesenen Eingang hinüber, schob
die Luke zur Seite und kletterte hinein.
    Der Raum wirkte tatsächlich wie die Schlafkapsel in einem
darauf spezialisierten Hotel oder wie das Abteil eines
transkontinentalen Zuges und war mit zwei Kojen ausgestattet. Die
untere ließ sich zu einem Tisch aufklappen, wenn sie nicht
benutzt wurde. Der Raum wirkte völlig steril und sauber und roch
nach Maschinenöl, Wäschestärke und schlaflosen
Nächten. Das untere Bett war mit gebügelten Laken und einer
dünnen Decke ausgestattet. Irgendjemand hatte ihm einen sauberen
Overall ohne jede Abzeichen hingelegt. Martin beäugte ihn
misstrauisch und entschied sich dafür, seine zivile Kleidung
auch weiterhin zu tragen, bis sie vor Schmutz starrte. Sich auf eine
Uniform der Neuen Republik einzulassen hatte Symbolkraft und
wäre ihm wie eine Kapitulation vorgekommen. Wenn er ihnen
erlaubte, ihn wie einen ihrer eigenen Leute zu behandeln und
gleichermaßen in Anspruch zu nehmen, käme das seiner
Meinung nach einem Akt des Verrats gleich.
    Er schaltete das Licht herunter, streifte Schuhe und Socken ab und
legte sich auf das untere Bett. Als das Licht abgedimmt wurde,
entspannte er sich mehr und mehr. Immer noch fühlte er sich
benommen, müde und zornig, aber wenigstens war ihm das
Schlimmste erspart geblieben: Niemand hatte ihm auf die Schulter
getippt und ihn zum Bau eskortiert. Niemand ahnte, für wen er in
Wirklichkeit arbeitete. Aber bei dieser Tätigkeit konnte man nie
wissen, was als Nächstes passieren würde, und Martin
fühlte, wie ein Prickeln an seiner Wirbelsäule hinauf und
herunter wanderte. Die ganze Situation war bizarr; dass Hermann von
ihm gefordert hatte, sich mitten ins Getümmel zu stürzen,
entsprach überhaupt nicht dem normalen Ablauf seiner sonstigen
Aufträge. Er machte die Augen zu und versuchte die Bilder von
rotierenden gelben Blöcken zu verscheuchen, die in seinem Kopf
herumtanzten.
    Die Tür ging auf und schloss sich wieder. »Martin«,
sagte eine leise Stimme neben seinem Kopfkissen. »Bitte nur
flüstern. Wie ist es gelaufen?«
    Er schnellte hoch wie ein Klappmesser und hätte sich um ein
Haar an der Unterseite des oberen Bettes den Kopf gestoßen.
»Was?!«, er hielt inne, »was machst du…«
    »In diesem Zimmer?« Ein leises, ironisches Lachen.
»Mir geht es wie dir: Ich fühle mich erschöpft und
frage mich, was, zum

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