Sinnliche Eroberung
ihr Gatte später aufzuknüpfen hatte. Unter dem Kleid trug man nichts, aber ihren Kopf würde ein fließender Schleier zieren, den ein eigenhändig gepflückter und geflochtener Blumenkranz festhielt. Er musste unbedingt Eisenoder Limonenkraut enthalten, das die Römer für heilig erachteten.
Die Zeremonie selbst war eine schlichte Angelegenheit, bei der keine religiösen Riten vollzogen würden. Es gab jedoch immer ein Blutopfer, dessen Eingeweide ein Seher untersuchte, um zu prüfen, ob die Ehe gesegnet war. Priester oder sonstige Amtspersonen waren nicht zugegen, sondern der Bräutigam selbst stellte, vor dem Altar stehend, die Frage: »Willst du meine mater familias sein?« Dann war es an der Braut zu fragen: »Willst du mein pater familias sein?« Dann würden sie unter den Glückwünschen der Anwesenden Wein und Kuchen auf dem Altar von Jupiter und Juno zum Opfer darbringen.
Livi erzählte ihr, daß es immer eine Hochzeitsprozession gab, bei der die Braut sich an ihre Mutter klammerte und der Bräutigam sie ihr entriß und zu seinem Haus trug, wobei ihnen Flötenspieler folgten, die alle Gäste hinter den Neuvermählten herführten. Dieser Brauch galt als Erinnerung an den Raub der Sabinerinnen.
Titus Magnus bat Diana, ihm genau zu sagen, was sie sich zur Ausstattung für die Hochzeit wünschte, und befahl Lucas, das Gewünschte zu bestellen. Als die Sandelholztruhen eintrafen und Diana sah, wie wunderschön die Gewänder waren, schnürte sich ihre Kehle vor Dankbarkeit und Rührung zu, und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Er hatte ihr gesagt, daß der Schleier jede Farbe haben konnte, die ihr gefiel, und in einem Anflug von Leichtsinn wählte sie rot, der buchstäbliche Gegensatz von dem, was sich für eine georgianische Braut schickte.
Der hauchzarte, purpurrote Seidenschleier, den sie aus der Schachtel hob, stammte aus dem fernen China, wobei sein Gewicht auch seinen Goldpreis bestimmte. Die cremefarbene Tunica recta war tatsächlich aus einem Stück gewebt, aber außerdem mit cremefarbenen Rosen, auf denen Kristalle wie Tautropfen funkelten, bestickt. Auf den dazupassenden Ledersandalen entdeckte sie echte Perlen.
Diana fand Titus in seiner Bibliothek, und als er sah, wie sehr sie sich über seine Geschenke freute, konnte er es kaum erwarten, ihr Gesicht zu sehen, wenn er ihr seinen Hochzeitsschmuck überreichte. Roms berühmtester Juwelier hatte ihm heute morgen einen Besuch abgestattet, und Titus wählte Diamanten für seine neue Tochter. Er wollte, daß der Kette ein großer Amethyst beigefügt wurde, der zu ihren wunderschönen Augen paßte, und bezahlte extra, um die Arbeit sofort erledigen zu lassen.
Der alte Mann und die junge Frau verstanden sich auf Anhieb. Das Lesezimmer war ihr liebster Aufenthaltsort. Als Titus sie bat, ihm vorzulesen, fühlte sie sich so geschmeichelt wie noch nie in ihrem Leben. Titus trank gerne ein Glas Setinischen Weins, das Diana selbst ihm aus einem bereitstehenden Dekanter eingoß, damit nicht ein Sklave ihre Zweisamkeit störte. Sie wiederholten dieses Ritual an den Nachmittagen und auch an den Abenden. Das Ganze erinnerte sie stark an ihre Zeit mit ihrem eigenen Vater.
»Livi hat mir alle Einzelheiten einer römischen Hochzeit geschildert. Es ist erstaunlich, wie sehr sie unseren Bräuchen in Britannien gleicht, bis auf eine Ausnahme allerdings.« Diana zögerte, dann platzte sie heraus: »Muß es unbedingt ein Blutopfer geben?«
»Das ist ein alter, ehrwürdiger Brauch. Die Gäste wären enttäuscht, und die Sklaven würden es für ein böses Omen halten, wenn es nicht stattfände.«
»Leben ist so kostbar. Ich möchte nicht, daß eine Kreatur ihr Leben für mich verliert«, sagte sie ernst.
»Nimmst du nicht auch Fleisch zu dir und trägst Lederschuhe, Diana?« fragte er ruhig.
»Ja, das stimmt.« Sie lächelte entschuldigend. »Ich weiß, daß ich unlogisch bin.«
»Trinke ein Glas Setinier mit mir, Diana.«
Als sie zwei Gläser einschenkte und ihm das seine reichte, ergriff er ihre Hand. »Wenn die Sklaven Eingeweide untersuchen möchten, dann sollen sie dies an den Tieren tun, die für das Festmahl geschlachtet werden. Ich möchte, daß nichts deinen Hochzeitstag trübt. Es sollte der glücklichste Tag deines Lebens sein.«
»Hoffentlich haben die Gäste Verständnis dafür, daß es keine Prozession geben wird.«
»Aber natürlich wird es das. Wir halten eine Prozession durch die ganze Villa und den Garten. Die Säulen der Gartensuite werden
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