Sinnliche Eroberung
des Schmerzes.
Petrius zog seinen Dolch und kam drohend auf sie zu.
»Tor!« schrie Diana. Er brach im nächsten Moment durch die Tür, die Hand am Griff seines Schwertes, aber bevor er es auch nur ansatzweise herausziehen konnte, rammte Petrius seinen langen Dolch in Tors Bauch und schlitzte ihn weit auf.
Diana schrie und schrie, während das grausige Geschehen vor ihren Augen ablief. Tor wand sich vor Schmerzen auf dem Mosaikboden und hielt sich den Bauch, damit ihm die Eingeweide nicht herausquollen. Petrius kniete bei ihm nieder und durchtrennte ihm die Kehle.
Lucas und ein Dutzend Haussklaven drängten sich an der Tür. Petrius wandte sich mit eiskalter Ruhe um. »Sie hat meinen Vater vergiftet! Ihr Sklave versuchte mich zu töten.«
»Nein!« schluchzte Diana. »Er hat es getan!«
Lucas wusste , daß Marcus' Braut und Titus einander herzlich zugetan waren. »Sie würde ihm nie ein Leid antun!« wagte er sich vor.
Petrius war unglaublich ruhig. Mit eisiger Berechnung sagte er: »Wenn sie den Wein nicht vergiftet hat, dann muß es einer der Sklaven gewesen sein. Du weißt, was geschieht, wenn ein Sklave seinen Herrn ermordet... die gesamte Dienerschaft wird hingerichtet.«
Lucas wich entsetzt zurück. Erst letzten Monat war ein ganzer Hauhalt von zweihundert Sklaven für den Mord an ihrem Herrn gekreuzigt worden.
»Lucas, laß sofort den Praefectus Vigilum (= Polizeioffizier) holen. Ich werde sie so lange in der Zelle im Keller einsperren.«
Diana litt wegen Marcus. Er würde außer sich sein vor Kummer, wenn er vom Tod seines Vaters erfuhr. Petrius packte sie brutal am Schopf. Er hielt ihr den Dolch, von dem noch Tors Blut tropfte, unter die Nase.
»Wenn mein Bruder erfährt, was du getan hast, wird es ihm das Herz brechen.« Er lächelte.
»Marcus würde so etwas Abscheuliches nie glauben.« Tränen der Verzweiflung rannen über ihre Wangen. Er zerrte sie in den Keller, wo sich die Verwahrungszelle für ungehorsame Sklaven befand. Sie besaß eine schwere Tür, verbarrikadierte Fensterlöcher und eine Reihe von Stöcken und Eisenfesseln.
Petrius drückte sie in die Knie und kettete ihre Handgelenke an den Fußboden. Dann ergriff er ihr Kinn und zwang sie, zu ihm aufzusehen.
»Du warst zu fein, um deine Beine für mich zu spreizen. Du und Marcus, ihr habt euch verschworen, mich um das Erbe meines Vaters zu bringen; aber ich werde doch noch alles bekommen, und du, meine schöne Hure, bekommst, was du verdienst.«
Als die Tür hinter ihm ins Schloss fiel, erstickte sie fast vor Angst und Panik. Sie wusste nun, daß er wahnsinnig war. Er hatte seinen eigenen Vater vergiftet, um an sein Vermögen heranzukommen, und es so eingefädelt, daß es wie ihre Tat aussah. Da sie nun an Tor dachte, der sterben musste , weil er ihr zu Hilfe geeilt war, kam ihr erst das gesamte Ausmaß an Schuld zu Bewußtsein.
Sie versuchte, ihre Furcht niederzukämpfen und rational zu denken. Marcus würde vom Tod seines Vaters unterrichtet werden. Natürlich würde Petrius seine Ohren mit seinen schmutzigen Lügen füllen, aber Marcus wusste , daß sie unschuldig war. Diana konnte den metallischen Geruch von Blut nicht loswerden. Abermaliges Schluchzen entrang sich ihrer Brust. Marcus würde kommen, er würde sie beschützen, falls nötig vor der ganzen Welt. Hatte sie Titus nicht gesagt, daß Marcus aller Schutz war, den sie je brauchte?
27. Kapitel
Diana konnte nicht aufhören zu zittern. Sie hatte ihre Unschuld so lange hinausgeschrien, bis ihr Hals zugeschwollen war. Ihr Kopf schmerzte, weil Petrius so brutal an ihrem Haar gerissen hatte, und ihre Hoffnungen, aus diesem Alptraum befreit zu werden, schwanden mehr und mehr.
Als der Praefectus Vigilum eintraf, glaubte er jedes Wort, das der gewissenlose Petrius Magnus von sich gab. Diana bestritt die Anschuldigungen so heftig, daß sie anfing zu stottern. Petrius beharrte darauf, daß sie die Sklavin seines Bruders gewesen war, und infolgedessen hatte man sie in die ergastula, das unterirdische Sklavengefängnis, überstellt, wo buchstäblich der Abschaum der kriminellen Sklaven jede Nacht in Zellen, die sich eher als Hundezwinger bezeichnen ließen, angekettet wurde.
Der Gestank menschlicher Ausscheidungen verpestete die Luft. Hunderte von Gefangenen befanden sich dort, viele davon nicht älter als Kinder; aber die meisten waren Männer, die entweder zu schwerer Zwangsarbeit oder zum Tod verurteilt waren. Sie starrten ihre elegante rote Toga, ihr goldenes Haar an,
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