Sinnliche Eroberung
auf den letzten Tropfen leeren.
Am nächsten Morgen hatte der Herzog einen Brandykater. Er be schloss , das Frühstück auszulassen, und ging in die Bibliothek, um ein paar Schecks auszuschreiben. Als Peter hereinschlüpfte, biß Mark die Zähne zusammen. Nonchalance war eindeutig eine von Peters Stärken.
»Ich nehme nicht an, daß du ein wenig Geld für mich übrig hast? Das Mädchen wurde gut für ihre Dienste bezahlt.«
»Es hätte ja Diana sein können; deshalb bin ich so hereingestürmt.«
»Diana?« Peters Brauen schössen in die Höhe. »Sag bloß, sie hat sich schon wieder aus dem Staub gemacht? Wart mal, entdecke ich da etwa noch ein Diana-Opfer?« Er sah, wie angespannt und hager Mark aussah. »Also, da soll mir doch mal einer...«
Peter setzte sich auf die Schreibtischkante und ließ einen Stiefel baumeln. »Falls dich das irgendwie tröstet, versichere ich dir, daß du noch mal glücklich davongekommen bist. Ich gebe zu, sie ist schön wie eine Göttin, aber sie ist absolut kalt. Mehr als kalt, sie ist eine verdammte Eisprinzessin. Ich gehöre nicht zu denen, die öfter ein Nein hinnehmen müssen; aber sie hat mich immer auf Armlänge von sich gehalten mit ihrer Rühr-mich- nicht-an-Jungfräulichkeit.«
Trotz seines Katers fühlte sich Mark auf einmal viel besser. Er musterte Peter nachdenklich und wechselte das Thema. »Ist dir je in den Sinn gekommen, dir dein Geld mit Arbeit zu verdienen?«
»Nein, nie«, gestand Peter mit entwaffnender Ehrlichkeit.
»Ich kann dir einen Job im Steinbruch oder auf einer meiner Barken verschaffen.«
Peters Lippen kräuselten sich. »Mein Bruder, der Reformer. Nein, danke, Euer Lordschaft. Man erwartet mich heute abend bei Almack's. Ich bin mit Lady Edwina Farnsworth-Peniston verabredet, der Erbin der Peniston-Eisenbahnlinien. Und du dachtest, ich würde all meine Zeit mit Glücksspiel und Huren vergeuden.«
Als Peter gegangen war, war Mark davon überzeugt, daß sein Bruder kein Interesse mehr an Diana hatte. Der vor ihm liegende Tag erschien endlos. Außer Richard Davenport weiter zu beschatten, fiel ihm nichts Brillantes ein. Er hatte fest angenommen, daß ihre Vormünder wusste n, wo sie sich befand. Jetzt jedoch war er sich gar nicht mehr so sicher. Was, wenn Diana doch beschlossen hatte, sich davonzumachen? Sie war eine eigenwillige junge Schönheit, die ganz sicher allein zurechtkam, bis sie volljährig wurde. Dann würde sie, schwupp, wiederauftauchen, um sich ihr Erbe zu holen und der Welt eine lange Nase drehen.
Sein Herz tat so weh, daß er es kaum ertragen konnte. Doch er ignorierte seinen Schmerz standhaft und nahm die morgendliche Times zur Hand. Sein Auge fiel auf eine Notiz über einen neuen archäologischen Fund. Einige massive Steinmauern, höchstwahrscheinlich römischen Ursprungs, waren unter den Kellern in der Bush Lane, die von der Cannon Street abzweigte, entdeckt worden. Er machte sich sofort auf den Weg dorthin. Viele seiner Freunde aus der archäologischen Gesellschaft waren bereits dort. Es war einer der aufregendsten Funde der Gegenwart.
Aber Mark musste feststellen, daß das Ganze ohne Diana keinen Glanz besaß, ja beinahe sinnlos war. Der Herzog blieb drei weitere Tage in London. Dabei folgte er Richard Davenport, sobald dieser einen Fuß aus dem Haus setzte. Der Anwalt ging tagsüber in sein Büro und abends in ein Bordell in Mayfair. Schließlich musste sich Mark Hardwick mit der Tatsache abfinden, daß Davenport ihn nicht zu Diana führen würde. Am vierten Tag gab der Herzog jede Hoffnung auf und kehrte nach Bath zurück.
Diana lag auf ihrer Pritsche und hatte die Augen auf das hochliegende, vergitterte Fenster gerichtet. Freiheit, sie war fast so wichtig wie die Luft zum Atmen. Die Stunden krochen mühsam dahin, die Tage waren endlos und die Nächte noch schlimmer. Dumpf dachte sie, wenn sie bei ihrer Ankunft nicht wahnsinnig gewesen war, würde sie es bestimmt sein, wenn sie wieder hier herauskam.
Diana bettelte ihre Pflegerinnen um eine Beschäftigung, in der Hoffnung, daß man sie dann in die Küche oder irgendwo anders hinbringen würde - aber ihre Bitten wurden überhört. Sie bat um etwas zum Lesen, aber sie sprach gegen eine Wand, und das war sie allmählich leid. Sie begann sich ihre eigene Welt in ihren Gedanken zu schaffen, bis diese realer wurde als ihre tatsächliche Umgebung. Oft wanderte sie zurück in jene Zeit, als sie mit Marcus in Aquae Sulis gelebt hatte; doch noch öfter träumte sie von Mark und
Weitere Kostenlose Bücher