Sinnliche Eroberung
Tante auftauchte. »Es wird dich freuen zu hören, daß Peter eine Einladung nach Hardwick Hall ausgesprochen hat.«
»Hat er mich eingeschlossen?«
»Selbstverständlich.«
»Ah, der liebe Junge! Seine Manieren sind tadellos. Wann sollen wir kommen?«
»Morgen. Er hat uns über Nacht eingeladen, damit wir in den vollen Genuß seiner Gastfreundschaft eines elisabethanischen Herrschaftssitzes kommen. Peter klang nicht allzu begeistert über die Assembly Rooms, also haben wir genug Zeit, uns auf morgen vorzubereiten.«
»Eine Einladung auf das Schloss eines Herzogs erhält man wirklich nicht alle Tage. Ich werde sowohl Bridget als auch die andere Kammerzofe benötigen, um meine Garderobe für morgen und all die Dinge, die zu so einem Anlaß unerläßlich sind, zusammenzustellen.«
Kaum war Prudence gegangen, schlüpfte Diana aus dem Haus. Sie ging zum Fluß hinunter, um den Schwänen zuzusehen. Der Avon war hier auf seinem Weg zum Bristolkanal und der Nordsee sowohl breit als auch tief. Diana stellte sich die Schiffe der Normannen, der Wikinger vor und die Kriegsschiffe der Römer mit ihren enormen Rudern. Sie sah zwei Barken, vollgeladen mit dem goldenen Stein aus Bath, der wohl aus den Hardwickschen Steinbrüchen stammte. Während sie sich umblickte und all die wunderschönen georgianischen Häuser mit ihren prächtigen Fassaden studierte, fragte sie sich, wie viele davon wohl aus dem Material eben jener Steinbrüche erbaut worden waren. Die Familie muß enorm reich sein, und sicherlich ist es alteingesessener Reichtum, dachte sie. Sie würde die Familiengeschichte der Herzöge von Bath in der Bücherei nachschlagen und herausfinden, wie sie zu dem ehrwürdigen elisabethanischen Herrschaftssitz gekommen waren.
Übrigens ging ihr auch der gegenwärtige Hausherr Mark Hardwick nicht aus dem Sinn. Er war ein dunkler, dominanter und gefährlicher Mann. Genau der Typus, der ihr immer vorgeschwebt hatte. Er war so ganz anders als seine männlichen Zeitgenossen. Diana kam er vor wie das absolute Gegenteil eines georgianischen Stutzers. Tatsächlich paßte er viel eher in ein anderes Jahrhundert, als in dieses. Der Herzog würde einen prächtigen mittelalterlichen Ritter abgeben oder einen elisabethanischen Seefahrer. Als sie in dieser Nacht einschlief, war es nicht der galante junge Peter, der ihr in ihre Träume folgte, sondern sein finster-arroganter Bruder.
Am nächsten Morgen zogen Rassepferde Peters vornehme Kutsche vom Stadtzentrum zum Avon hinab und folgten dessen gewundenem Lauf bis hinauf in die nördlichen Hügel. Prudence erkundigte sich eifrig: »Ist der Herzog ebenfalls zu Hause?«
»Äh... nein, ich fürchte, mein Bruder ist derzeit verreist. Er ist Magistrat von Somerset und wurde nach Bristol berufen.«
»Wie schade«, bedauerte Prudence. »Ich hatte gehofft, Diana würde die Gelegenheit erhalten, die alten Unstimmigkeiten mit seiner Lordschaft aus dem Weg zu räumen. Dieses schreckliche Mißverständnis mit der Bibliothek war wirklich ausgesprochen unglücklich.«
Diana räusperte sich, hielt jedoch wohlweislich den Mund. Es stand weit mehr zwischen ihnen als ein paar Bücherschränke! Wann immer sie einander über den Weg liefen, traten Spannungen auf, und obwohl ihr die Situation gar nicht geheuer war, fühlte sie sich auf fatale Weise zum falschen Bruder hingezogen. Sie war mehr als erleichtert zu hören, daß sie nicht die Nacht unter ein und demselben Dach mit ihm verbringen musste .
In dem Augenblick, in dem sie an dem efeuüberwachsenen Pförtnerhäuschen vorbei in die lange Auffahrt zum Anwesen einbogen, verlor Diana ihr Herz an Hardwick Hall. Peter sah ihren fast ehrfürchtigen Blick und wusste , daß er seinem Ziel wieder ein Stück näher gerückt war. Als die überdachte Kutsche vor dem Eingangstor zum Halten kam, eilten ihnen der Majordomo und zwei livrierte Pagen entgegen.
»Mir kommt da gerade eine wundervolle Idee.« Peter wendete sich Prudence zu. »Ich überlasse Sie den fähigen Händen von Mr. Burke, während ich Lady Diana das Anwesen zeige.«
»Machen Sie sich keine Gedanken um mich, Peter! Es ist mir eine Freude, hier zu sein. Lauft ruhig los, Kinder.«
Diana traute ihren Ohren kaum. Nachdem Peter sie aus der Kutsche gehoben hatte und zum Garten führte, sagte sie: »Sie frißt dir aus der Hand, die gute Tante.«
Er blieb stehen und blickte auf sie nieder. »Ich weiß eben, wie man eine Frau anfaßt«, murmelte er mit rauher Stimme.
In Dianas Wangen stieg flammende
Weitere Kostenlose Bücher