Sinnliche Eroberung
Röte und ein Prickeln lief ihr über den Rücken. Obwohl Peter es verstand, die betörendsten und ungehörigsten Dinge zu sagen, erregte sie das nicht, sondern veranlaßte sie vielmehr zur Vorsicht. Sie mahnte sich, ihm nicht zu sehr zu vertrauen, aber als sie von der Schönheit der elisabethanischen Gärten mit ihren Blumenhecken umfangen wurde, erfüllte sie dennoch ein starkes Glücksgefühl.
Sie erkundeten den Taubenschlag, den Obstgarten mit seinen alten Bienenstöcken, die im Tudorstil angelegten Wasserspiele und beobachteten die stolzen Pfaue, wie sie über den dicken, samtig-grünen Rasen stolzierten. Als sie zu einem Labyrinth aus Hecken kamen, das demjenigen in Hampton Court nachgebildet war, konnte Diana einfach nicht widerstehen. Peter setzte sich auf eine Holzbank. »Nun geh mal auf Entdeckungsreise«, drängte er. »Wenn du in fünf Minuten nicht zurück bist, dann komme ich und rette dich.«
Innerhalb von einer Minute hatte Diana sich hoffnungslos verirrt, was sie natürlich herrlich aufregend fand. Die Hecken des Labyrinths waren zu hoch, als daß man hätte darübersehen können und zu dicht, um hindurchzuspähen. Nach vielen falschen Kurven und Sackgassen fand sie endlich das Zentrum. Dort saß Peter und erwartete sie.
»Du Schwindler«, schalt sie ihn lachend, »du hast versprochen, draußen zu warten.«
»Um die Gelegenheit zu verpassen, mit dir allein zu sein, wo endlich niemand meine amourösen Avancen sehen kann?«
Diana wusste , wenn sie davonrannte, würde er das nur für einen Anreiz halten, sie zu jagen und zu fangen.
Peter kam entschlossen auf sie zu und zog sie in seine Arme. »Ich muß ein Pfand fordern, bevor ich dich gehen lasse; das ist so üblich.«
»Welche Art Pfand?« fragte Diana, die vollkommen regungslos im Kreis seiner Arme stand.
»Du mußt ein Kleidungsstück ausziehen«, sagte er unverfroren.
Ohne mit der Wimper zu zucken, zog Diana einen Handschuh aus und hielt ihn ihm hin.
Peter konnte einen Ausdruck der Enttäuschung nicht ganz verbergen. »Du spielst nicht fair«, beschwerte er sich.
»Ich spiele überhaupt nicht«, sagte sie gelassen.
»Himmel, sie ist kalt wie eine Eisprinzessin, dachte er. Jede andere würde jetzt schon im Hemd dastehen. Es wäre so viel leichter für ihn, wenn sie sich williger von ihm verführen ließe, aber selbst ihr Sträuben würde ihn nicht aufhalten. Er musste bis heute nacht warten, um die Sache über die Bühne zu bringen. Alles war sorgfältig eingefädelt, so daß es kein Entkommen für sie gab. Sein Mund verzog sich zu einem Lächeln. Es würde sein, wie wenn man ein Lamm zum Schlachter führt. Er murmelte:
»Ich gebe mich mit dem Handschuh zufrieden, wenn ein Kuß dabei ist.«
Als sie ihm ihren Mund darbot, beherrschte er sich. Er würde sich das Mädchen verpflichten, so oder so, und er hatte nur diese eine Nacht, um die Sache zu bewerkstelligen. Peter wusste , er konnte es sich nicht leisten, schon zu diesem Zeitpunkt ihr Mißtrauen zu erregen, also strich er lediglich mit den Lippen über ihre Stirn. Als Belohnung für sein wohlerzogenes Verhalten stellte sie sich auf die Zehenspitzen und berührte seinen Mund mit dem ihren. Als sie wieder aus dem Labyrinth auftauchten, wusste Peter, daß er dem Sieg schrittweise entgegenzog!
Das Abendessen versprach eine ziemlich formelle Angelegenheit zu werden. Es würde in dem holzgetäfelten Speiseraum mit seinem massiven Eßtisch und den reich mit Schnitzereien verzierten Stühlen im Tudorstil serviert werden.
Nach ihrem Bad streifte Diana das scharlachrote Korsett über und schlüpfte anschließend in ihr neues jadegrünes Kleid. Nie zuvor hatte sie schöner ausgesehen und sich verführerischer gefühlt. Sie konnte nicht vergessen, wie der Herzog von Bath sie angeblickt hatte, und kämpfte hart gegen den heftigen Wunsch, er möge sie heute abend so sehen.
Das Dinner bestand aus sechs Gängen und Diana wartete ungeduldig auf die Führung durch Hardwick Hall, die Peter ihr versprochen hatte. Am Ende des Mahls wurden Kristallgläser vor sie hingestellt und bis zum Rand gefüllt.
Peter erhob sich. »Die modernen Sitten verlangen, daß die Ladies den Tisch verlassen, während die Herren ihren Port genießen, aber heute abend richten wir uns nach elisabethanischen Bräuchen. Das hier ist Hippocras, ein Wein, der warm und gewürzt serviert wird, so wie ihn schon die Königin vor über zweihundert Jahren schätzengelernt hat. Ich schlage einen Toast vor auf Lady Diana Davenport!
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