Sinnliche Eroberung
flutete ins Zimmer. »Oh, es ist ein wunderschöner warmer Herbsttag.«
Marcus trat hinter sie, schlang die Arme um sie und drückte einen Kuß auf ihr Haar. »Und hier sitzen wir und vergeuden ihn im Bett«, scherzte er.
»Du brauchst Erholung; du arbeitest viel zu hart.« »Stimmt, du bist ganz schön anstrengend«, meinte Marcus ächzend.
»Du römischer Teufel, ich meinte Erholung von deinen Legionären.«
»Vorhin hast du versprochen, mir von diesen Männern aus dem Mittelalter zu erzählen, von denen du träumst.«
Sie lehnte sich an ihn. »Das waren große Krieger, so wie du. Sie kamen aus Frankreich und überfielen Britannien im Jahre 1066. Frankreich ist das Land, das ihr Gallien nennt. Jedenfalls wurde unsere Insel seinerzeit zum letzten Mal erobert.«
»Dann versklavten euch später die Gallier?«
»Nein, nein, so etwas gab es längst nicht mehr. Die Könige, eine Dynastie der Plantagenets, und deren adlige Angehörige haben über dreihundert Jahre lang regiert.«
»Wenn es keine Sklaven gab, wen haben sie dann regiert?«
»Die Bauern und die Tagelöhner. Es war ein feudales System, in dem die Adligen Kriege führten und die Bauern das Land bestellten.«
»Dann waren sie in Wirklichkeit doch Sklaven«, meinte Marcus.
»Auf eine Weise mag das stimmen, aber das Mittelalter hat ganz bestimmt nicht mit Menschen gehandelt.«
»Du hegst große Bewunderung für diese Männer!« Marcus klang verdrießlich.
»Die Wirklichkeit war wahrscheinlich alles andere als angenehm, aber die Legenden aus alter Zeit wurden im Mittelalter in Handschriften und Liedern verklärt. Damals herrschte der Brauch, daß ein Ritter sich einer Lady verschwor, nicht nur um sie zu beschützen, sondern auch, ihr für immer treu zu sein, selbst wenn sie sich oftmals nur aus der Ferne lieben konnten.«
»Leere Worte«, höhnte Marcus. »Sie schworen sich ewige Treue und dann schnappte er sich die Nächstbeste, die ihm über den Weg lief.«
Diana ignorierte seine rüde Bemerkung. »Ihre Rüstungen waren ganz anders als die euren.«
»Inwiefern?«
»Nun, ihre Helme hatten Visiere, die das Gesicht schützten.« Sie berührte seine Narbe.
»Sie stößt dich ab!« Er runzelte die Stirn.
»O nein, Marcus. Für mich ist sie ein Ehrenzeichen. Außerdem erhöht sie deine Attraktivität, auch wenn es vielleicht nicht richtig von mir ist, so etwas zu denken.«
»Hat man nicht mit Schwert und Schild gekämpft?«
»Doch, und es gab Bogenschützen, die Pfeil und Bogen benutzten. Aber die Ritter trugen Vollkörperrüstungen aus Stahl.«
»Wie konnten sie sich im Nahkampf bewegen?« fragte er skeptisch.
»Schlecht, fürchte ich. Man ging schließlich dazu über, Kettenhemden mit schützenden Stahlkrägen zu tragen, und ersetzte das Visier durch einen Nasenschutz.«
»Mmm, ein Nasenschutz ist eine gute Idee«, räumte Marcus ein.
»Sie waren wunderbare Baumeister und haben das Gesicht Britanniens für immer geprägt. Ihre großartigen Burgen stehen noch heute, nach vielen Jahrhunderten.«
»Burgen?«
»Komm, ich zeig's dir.« Diana nahm einen Bogen Pergament und ein Stück Holzkohle von seinem Schreibtisch, und brachte alles auf die Stufen, die zu seinem Bett führten. Dort setzte sie sich nieder, während Marcus sich neben sie kauerte, und begann eine Burg zu zeichnen. »Es waren riesige Steinbauten, ähnlich wie deine Festung. Die Wände konnten bis zu fünfzehn Meter hoch und drei Meter dick sein. Sie wurden um einen Innenhof herum errichtet. Die Burgen besaßen entweder viereckige oder runde Türme an den Ecken, und das Gemäuer war von einem tiefen, wassergefüllten Burggraben umgeben. Aus Verteidigungsgründen gab es nur einen einzigen Eingang, zu dem eine Brücke über den Burggraben führte; über Nacht zog man sie hoch.«
»Wenn dort der König und die Adeligen untergebracht waren, wo lebten dann die übrigen Bürger?« fragte er interessiert.
»Nun, die Bauern hausten in Lehmhütten, und wenn ein feindlicher Angriff drohte, flüchteten sich alle in den Burghof. Aber die Kaufleute und Handwerker lebten in Städten und errichteten Läden, ganz ähnlich wie in Aquae Sulis.«
»Das haben sie uns nachgemacht«, sagte Marcus zufrieden. »Unsere Tempel und Foren stehen nach zweitausend Jahren bestimmt noch.«
Sie sah ihn an und überlegte, ob sie es ihm sagen sollte. Sanft korrigierte sie: »Nein, Marcus, sie stehen nicht mehr.«
»Und genau hier fällt deine Geschichte auseinander! Willst du etwa sagen, daß nichts von dem,
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