Sinnliche Erpressung aus Liebe
gestrigen Mittagessen mit dem Mann wusste sie, dass er sich nicht abweisen ließ. Selbst jetzt noch wurde ihr heiß, wenn sie daran dachte, wie leidenschaftlich sie Zacs Kuss erwidert hatte. Sie hatte eine ruhelose Nacht verbracht und versucht, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen – ohne viel Erfolg.
Sally hob den Kopf, atmete tief durch und wischte sich eine Träne fort. Diesmal würde sie ihrer Mutter nichts vorlügen müssen. Ihr Mann war tatsächlich geschäftlich verhindert.
Fünf Minuten später betrat Sally mit einem heiteren „Hallo!“ das Zimmer ihrer Mutter.
Erwartungsvoll lächelnd saß sie im Rollstuhl – ihre Züge waren immer noch schön, obwohl das Leiden Falten hinterlassen hatte. Längst war ihr Haar nicht mehr so kupferrot, wie Sally es in Erinnerung hatte. Nach der Chemotherapie war es mausbraun nachgewachsen und mit grauen Strähnen durchzogen.
Dennoch hat Mum sich nicht aufgegeben, dachte Sally und eilte zu ihr. Ihre Mutter hatte Make-up aufgelegt, und obwohl es nicht ganz ebenmäßig aufgetragen war und der Lippenstift nicht ganz passte, hatte sie sich mit ihrem Aussehen Mühe gegeben, wohl in der Hoffnung, dass ihr Mann sie besuchte. Doch auch diesmal wurde sie enttäuscht.
Sally ließ sich nicht anmerken, wie traurig ihr zumute war. Liebevoll küsste sie ihre Mutter auf die Wange.
Die Schwester hatte ihr ein hübsches Sommerkleid angezogen, das Sally in der Woche zuvor gekauft hatte. Sie brachte ihrer Mum immer ein Geschenk mit, und sei es nur eine Schachtel Pralinen. Diese Woche hatte sie in einem Antiquariat einen Band griechischer Sagen entdeckt, ein echtes Fundstück, denn es handelte sich um eine Ausgabe mit seltenen Illustrationen aus dem Jahr 1850.
Ihre Mutter freute sich sehr darüber. Doch ihr Lächeln erlosch, als Sally ihr sagen musste, ihr Mann könne nicht kommen. Um die bittere Pille erträglicher zu machen, berichtete Sally von seinem neuen Chef, den sie im Büro ihres Vaters kennengelernt habe. Das schien ihre Mutter zu verstehen.
Da das Wetter schön war, schlug Sally ihr später eine Spazierfahrt mit dem Rollstuhl durch den Park vor, und sie verbrachten eine angenehme Stunde in der gepflegten Anlage.
Sally betrat das Studioapartment, das ihre Eltern ihr gekauft hatten, und schloss die Tür hinter sich. Matt ließ sie sich dagegensinken. Ein weiterer schwülheißer Sommertag lag hinter ihr.
Das Wochenende war bittersüß gewesen. Erst spät am Abend hatte sie ihre Mum verlassen, die nach dem Ausflug durch die Anlagen müde gewesen war. Gemeinsam mit der Pflegerin hatte Sally ihrer Mutter ins Bett geholfen und den Rest des Nachmittags und Abends bei ihr verbracht. Der Sonntag war genauso abgelaufen, und sie war erst nach Mitternacht ermattet nach London zurückgekehrt. Doch die Sorge um ihre Mutter und die Gedanken an einen großgewachsenen dunkelhaarigen Mann hatten ihren Schlaf beeinträchtigt, und am Montagmorgen war ihr das Aufstehen schwergefallen.
Jetzt, nach einem anstrengenden Arbeitstag, fühlte sie sich erschöpft und hatte kaum die Kraft, sich zu rühren. Müde blickte sie sich in der Wohnung um, die sie hasste.
Jahrelang hatte ihr Vater dieses Apartment bewohnt. Nach dem Unfall ihrer Mutter hatte er den Familiensitz in Bournemouth verkauft und im noblen Notting Hill ein Apartment mit drei Schlafzimmern erworben.
Wie er ihre Mutter dazu überredet hatte, den Familiensitz ihrer Eltern zu verkaufen, wusste Sally nicht. Nur widerstrebend hatte sie sich bereit erklärt, sich das neue Apartment anzusehen, in dem die Familie nun wohnen sollte. Es befand sich im obersten Geschoss eines weitläufigen umgebauten georgianischen Hauses. Sofort war ihr klargeworden, dass es für eine Frau im Rollstuhl völlig ungeeignet war. In diesem Moment hatte sich ihr Verdacht bestätigt, dass ihr Vater gar nicht daran dachte, je wieder mit seiner Frau zusammenzuleben.
Er hatte gedrängt, den Herrensitz zu verkaufen, um mit dem Erlös die Pflegekosten für seine Frau aufbringen zu können. Er selbst hatte die Kranke ins Heim gebracht, und obwohl Sally mit dieser Lösung alles andere als glücklich war, bezahlte er immerhin die teure Pflege.
Doch dann hatte Sally entsetzt feststellen müssen, dass sie sein altes Studioapartment bekommen sollte. Strahlend hatte ihre Mutter ihr eröffnet, es sei Zeit für sie, endlich eigenständig zu werden. Als sie das ablehnte, hatte ihre Mutter ihr das Apartment förmlich aufgedrängt, sie solle auf ihren wirtschaftserfahrenen Vater
Weitere Kostenlose Bücher