Sinnliche Maskerade
schnitt eine junge Frau große orangefarbene und gelbe Chrysanthemen und legte sie sorgsam in den Korb an ihrem Arm. Als Peregrine vor dem Tor die Zügel anzog, richtete sie sich auf, drehte sich um und überschattete die Augen, obwohl die Sonne nicht besonders stark schien. Ein sorgenvoller Ausdruck huschte über ihr blasses hübsches Gesicht.
Peregrine beschloss, es ohne Umschweife zu versuchen.
»Ma’am.« Er verbeugte sich im Sattel und drückte sich den Hut an die Brust. »Ist Mistress Alexandra noch im Bett?«
Die junge Frau blickte ihn missbilligend an.
»Der Honorable Peregrine Sullivan, wie ich annehme.« Ihre Stimme klang kalt.
»Ihr Vorteil, Ma’am, dass Sie mich kennen.«
»Ach, wirklich?« Sie zog die Brauen hoch. »Was für eine ungewöhnliche Erfahrung für mich.«
»Ihre Zunge ist so scharf wie die Ihrer Schwester«, bemerkte er. Wenn er nicht selbst schon Verdacht geschöpft hätte, wen er vor sich hatte, wäre die Familienähnlichkeit unübersehbar gewesen, obwohl Alexandras jüngere Schwester deren Lebhaftigkeit vermissen ließ. Alles an ihr schien irgendwie einen Hauch blasser zu sein. Trotzdem hätte man sie für Zwillinge halten können.
Die Brauen blieben hochgezogen.
»Sind Sie geschäftlich im Dorf, Sir?« In der Frage lag eine gewisse Ungläubigkeit.
Peregrine verzog das Gesicht.
»Ich habe geschäftlich mit Mistress Alexandra zu sprechen,
Ma’am.«
»Tatsächlich? Nun, ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es auch so sieht.«
Perry seufzte.
»Ich statte ihr einen reinen Höflichkeitsbesuch ab, Ma’am. Einer Lady, der ich bereits vorgestellt worden bin. Ich vermag nicht zu erkennen, was daran verwerflich sein soll.«
Sylvia lachte amüsiert.
»Alex hatte recht, Sie sind unverbesserlich. Nun, Sir, da die fragliche Lady beschlossen hat, für Ihren Besuch nicht zu sprechen zu sein, befürchte ich, dass Sie sich wohl verabschieden müssen. Vielleicht wollen Sie mir Ihre Karte hierlassen?«
»Nein, Ma’am, das will ich nicht.« Peregrine stieg aus dem Sattel und legte eine Hand auf das Gatter. »Wären Sie so gut, Mistress Alexandra zu unterrichten, dass ich sie erwarte?«
»Ich bin überzeugt, dass sie sehr genau über Ihre Anwesenheit Bescheid weiß, Sir. Ich vermute, dass sie uns durch das Fenster beobachtet.«
Trotz der Empörung wegen ihrer Schwester war Sylvia fasziniert. Der Mann hatte etwas an sich, was Aufmerksamkeit erzwang. Warum auch immer, sein Interesse an Alexandra empfand sie nicht als bedrohlich. Ja, er war in der Lage, ihr großen Schaden zuzufügen, aber nichts an seiner Art erweckte den Eindruck, dass er die Absicht hatte, es auch zu tun. Sein steter Blick war direkt auf sie gerichtet, und um seinen Mund spielte ein höchst anziehender Hauch Humor.
»Bitte warten Sie hier. Dann kann ich sie fragen, ob sie Sie sehen will«, wehrte sie ab, als sie bemerkte, dass er die feste Absicht hatte, in den Garten zu kommen, ob sie sich nun vor dem Gatter aufbaute oder auch nicht.
Er verbeugte sich.
»Ich warte höchst begierig auf Ihre Rückkehr, Ma’am.«
Langsam ging Sylvia zum Haus. Alex trieb sich unten an der Treppe in der Halle herum.
»Ist er fort?«
»Nein, dieser Gentleman ist ausgesprochen hartnäckig.« Sylvia stellte ihren Chrysanthemenstrauß auf den Tisch in der Halle. »Alex, ich finde, du solltest lieber mit ihm reden«, fuhr sie nachdenklich fort, »mich beschleicht nämlich das Gefühl, dass es vernünftig wäre, ihm ein paar Informationen zu geben. Nur so viel, dass seine Neugierde befriedigt ist. Wir müssen ihm ja nicht alles erzählen.« Ohne ihre Schwester anzuschauen, beschäftigte sie sich mit dem Arrangement der Blumen in der Kupfervase. Alex musste die Entscheidung selbst treffen.
Sie überlegte. Sylvia war immer praktisch veranlagt gewesen. Alex hingegen war viel impulsiver, war diejenige mit den Ideen, die Anstifterin mit Plänen; aber sie verließ sich darauf, dass Sylvia sie wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholte, wenn sie sich mal wieder von ihrer Begeisterung fortreißen ließ. Zögernd kam sie zu dem Schluss, dass Sylvia recht haben musste. Der Wolf lauerte vor der Tür, die er ohne eine kleine Beute nicht wieder verlassen würde. Wir müssen ihm ja nicht alles verraten. Sie brauchte nur eine Version ihrer Wahrheit, die überzeugend genug war, um ihn wieder fortzuschicken.
»Vielleicht hast du recht. Aber ich weiß nicht, was ich ihm erzählen soll. Wir können ihm doch nicht verraten, wer wir wirklich
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