Sinnliche Maskerade
frische Milch und Eier. Über die Einkäufe werden wir uns jeden Morgen unterhalten, während ich frühstücke.«
»Nun, wer zahlt denn das alles?«, fragte die Frau und blinzelte heftig.
»Stellt Sir Stephen Ihnen nicht die Mittel zur Verfügung, das Haus zu unterhalten?« Natürlich wusste Alex nur zu gut, dass die allgemeine Versorgung seines Anwesens und die Angelegenheiten seiner Pächter für ihn einen denkbar niedrigen Stellenwert hatten. Trotzdem war es schwer zu glauben, dass er den beiden ein so großes Haus überlassen hatte, ohne ihnen das benötigte Geld zur Verfügung zu stellen.
»Hm, ja, Master Riley kommt ab und zu mal vorbei und guckt sich das Haus an. Und wenn was getan werden muss, dann drückt er Billings ein paar Shilling in die Hand. Wir kommen ganz gut zurecht.«
Alexandra kannte Master Riley; der Mann war der Beauftragte und Verwalter ihres Vaters gewesen und hatte sich um dessen Ländereien gekümmert. Sir Stephen hatte ihn behalten, weil er keine Ahnung hatte, wie solche Aufgaben zu erledigen waren.
Solange die Einkünfte auf seinem Konto eingingen, hatte er die Arbeit seines Verwalters niemals infrage gestellt, außer wenn er um die Finanzierung eines neuen Daches für einen Pächter oder um die Reparatur der Wassermühle gebeten wurde. Dann stöhnte und brummte er tagelang vor sich hin und klagte darüber, dass sein Verwalter ihm die Haare vom Kopfe fraß.
Für Alexandras Aufenthalt am Berkeley Square waren keinerlei Vorkehrungen getroffen worden. Sieht also alles danach aus, als müsste ich mich selbst um alles kümmern, dachte sie grimmig.
»Ich zahle für mein Essen selbst«, sagte sie, »und morgens werden wir immer besprechen, was tagsüber zu tun ist. Ich stelle Ihnen dann die notwendigen Mittel zur Verfügung.« Grimmig stellte Alex die Teetasse ab und ließ den Blick wieder über ihre Umgebung schweifen. Sir Stephen hatte es zu verantworten, dass das Haus so vernachlässigt war. Wenn er das Geld für eine angemessene Verwaltung nicht zur Verfügung stellte, dann war von diesem ältlichen Paar nicht mehr zu erwarten, als dass es lediglich die allernötigsten Pflichten erledigte. Aber trotzdem regte es sie auf zu sehen, in welchem Zustand das einst elegante und einladende Anwesen sich befand.
»Ich bin überzeugt, dass wir aus diesem Zimmer etwas machen können, Mistress Dougherty. Es wird uns keinen Heller kosten, es wieder in Ordnung zu bringen. Es muss entstaubt und gelüftet werden, die Fenster sind zu putzen. Würden Sie sich bitte noch heute darum kümmern?« Alex wartete die Antwort nicht ab, sondern erhob sich und fuhr mit derselben Entschlossenheit fort: »Und jetzt gehe ich in mein Zimmer. Würden Sie mich bitte hinaufbringen?«
Den Weg kannte sie nur zu gut, aber das sollte die Haushälte-rin nicht erfahren. Alex folgte ihr die Treppe hinauf in das kleine, hinten gelegene Schlafzimmer. Zumindest rauchte das Feuer nicht, und eine Inspektion des Bettes bewies, dass die Wäsche frisch gewaschen worden war.
»Bitte bringen Sie mir heißes Wasser.« Mit einem freundlichen Nicken schickte sie die Haushälterin fort, die sich über die Unterbrechung ihres gewohnten Tagesablaufs nicht besonders zu freuen schien.
»Und was wollen Sie zum Dinner?«, fragte die Frau.
Alexandra überlegte rasch. Dinner mit Peregrine an der Piazza ... schon die Aussicht ließ sie aufgeregt mit den Zehen wippen, obwohl sämtliche Alarmglocken in ihr schrillten. Aber entweder ein aufregendes Dinner mit Peregrine oder aber eine bedrückende, zwangsläufig unangemessene, dafür in Sicherheit verbrachte Mahlzeit am qualmenden Feuer im Frühstückssalon.
»Heute Abend esse ich auswärts. Sie müssen also nichts vorbereiten«, sagte sie, »morgen früh fangen wir neu an.«
Die Haushälterin senkte den Kopf und verschwand. Ein paar Minuten später kehrte sie mit einem Krug lauwarmem Wasser zurück.
»Sonst noch was, Ma’am?«
Alex schüttelte den Kopf und öffnete ihr Handgepäck auf der Bank am Fußende des Bettes.
»Nein danke.«
Nachdem die Schlafzimmertür sich hinter Mistress Dougherty geschlossen hatte, prüfte sie den Inhalt ihres Gepäcks. In düsterer Stimmung schüttelte sie die schäbige Kleidung aus, die sie als Bibliothekarin trug. Und dann hielt sie inne - versteckt unter dem Bombasin lag Sylvias Seidenpäckchen. Sie löste die Schleifen und zog ein blass lavendelfarbenes Saque-Kleid mit kurzer
Schleppe und dezentem Dekollete heraus. Das Schultertuch war mit Spitzen besetzt
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