Sinnliche Versuchung in Italien
mir das denn nicht an?“, spottete sie und schnitt ein Gesicht.
„Doch, jetzt besonders. Erzähl weiter, ich bin gespannt.“
„Ich habe dir bereits gesagt, dass ich Krankenschwester bin, Lucca. Er wusste es auch. Doch er hatte sich meinen Typ in den Kopf gesetzt.“
„Das verstehe ich nur zu gut. Bisher hat er allerdings nie mit weiblichen Models gearbeitet.“
„Er findet, dass ich wie ein Mädchen aussehe, das in Männern den Wunsch nach seinen Autos weckt. Vielleicht hat er Studien machen lassen, mit denen er das belegen kann.“
Lucca prustete los, und Annabelle wunderte sich, weil sie ihn so noch nie hatte lachen sehen. Es machte ihn sympathisch und jungenhaft.
„Was ist daran so komisch?“
„Das ist mein Vater. Er ist wirklich gut. Er ist so gut, dass sogar ich in Ehrfurcht vor ihm auf die Knie fallen könnte. Wärst du auch auf sein Angebot eingegangen, wenn er dir gesagt hätte, dass du fantastisch aussiehst und auf Männer eine bestimmte Wirkung ausübst?“
Sie dachte nach. „Wohl eher nicht. Es wäre ja auch gelogen.“
„Nein, es stimmt. Trotzdem hättest du ihm das wohl nicht abgenommen. Verstehst du nun, warum mein Vater gut ist?“
Ihr Herz begann zu klopfen. Lucca hatte ihr indirekt ein Kompliment gemacht, und sie freute sich darüber. „Wie der Vater, so der Sohn. Du kannst ihm aber durchaus das Wasser reichen.“
Plötzlich wurde ihr bewusst, dass sie mit ihm flirtete, und konnte es kaum glauben. Sie war sicher gewesen, es verlernt zu haben.
Er lehnte sich zurück. „Wo warst du, während ich im Krankenhaus lag?“
„Wahrscheinlich habe ich in einem anderen Hospital einen kranken, alten Mann versorgt. Da ahnte ich noch nicht, dass ich ein paar Monate später hier in Italien auf einer Terrasse mit Blick auf das Mittelmeer sitzen werde und köstliche, frisch zubereitete Cannelloni genieße.“
„Schmecken sie dir?“
„Und wie. Wenn du hier ein Restaurant eröffnest, würden die Leute von weither kommen.“
„Das bringt mich auf eine Idee, womit ich dich morgen Abend herlocken könnte.“
Morgen Abend? Das klang vielversprechend und aufregend. „Essen gegen Zuhören?“
Er sah sie nachdenklich an. „Warum nicht? Das wäre doch ein sinnvoller Tausch. Ich brauche übrigens unbedingt ein paar Dinge. Könntest du mich nach Salerno fahren? Mir sind Rasierklingen und – schaum ausgegangen. Oder bist du zu müde dazu?“
„Nein, gar nicht.“ Dass es Lucca deutlich besser zu gehen schien und er seinen Vater anrufen wollte, erleichterte sie so, dass ihre Kopfschmerzen schlagartig verschwunden waren. Auch die Aussicht, noch mehr Zeit mit Lucca zu verbringen, war verführerisch, wenngleich es nicht sein durfte. „Dann lass uns gleich aufbrechen, bevor die Geschäfte schließen. Ich hole nur schnell meine Handtasche. Den Abwasch erledige ich nachher.“
Eine Stunde später hatte er alles Nötige eingekauft, und sie machten sich auf den Rückweg zum Auto.
„Siehst du die Trattoria dort hinten?“
„Ja.“
„Es gibt sie seit Jahren. Dort machen sie eine tarta caprese, die du unbedingt probieren solltest. Würdest du sie bitte besorgen. Hier ist mein Portemonnaie. Und kauf für mich bitte auch ein Stück. Du hast doch gesagt, dass mir Süßes jetzt guttun würde.“
Ja, das hatte sie, aber offenbar war auch sein Appetit zurückgekehrt, was ein gutes Zeichen war. Er schien sich tatsächlich auf dem Weg der Besserung zu befinden. Machte sie sich nicht ein bisschen zu viele Gedanken um ihn? Ging das, was sie für ihn tat, nicht über ein gewisses Maß an Hilfsbereitschaft hinaus?
Als sie kurz darauf mit einer Kuchenschachtel in den Händen zurückkam und losfuhr, folgte sie wieder Luccas Anweisungen, bis sie feststellte, dass der Weg immer schmaler und einsamer wurde und schließlich an einer Stelle endete, von der aus man einen Blick auf die Küste mit ihren vielen hell erleuchteten Orten hatte.
„Das ist ja unglaublich“, flüsterte sie.
„Wenn du zu mir nach hinten kommst, könnten wir die Aussicht gemeinsam genießen und es uns dabei schmecken lassen“, schlug er vor.
Sie verstand, dass er keine Lust hatte auszusteigen. Er war offenbar den ganzen Tag auf den Beinen gewesen. Doch als sie neben ihm Platz genommen hatte und er sich zu ihr herüberbeugte und flüsterte: „Leider bin ich nicht in der Lage, jetzt das zu tun, was ich mir wünsche, Annabellissima“, fühlte sie sich in ihre Zeit als Teenager zurückversetzt.
4. KAPITEL
Ruhig Blut! Das war nicht
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