Sinnlicher Maskenball in Venedig
Aber sie sagte nichts.
„Danke, Lisbeth“, murmelte sie bloß.
„Ist es nicht alles furchtbar romantisch?“, schwärmte Lisbeth weiter. „Ein Mann, der all diese wunderschönen Kleider einfliegen lässt, um Sie zu überraschen. Ich glaube, ich wäre auf der Stelle dahingeschmolzen.“
Ihre Hände zitterten, als Tina sich eine Strähne zurückstrich, die sich gelöst hatte. Sie musste daran denken, wie Nico dagesessen hatte mit dem Kopf in den Händen. Er hatte sich wirklich alle Mühe gegeben, ihr eine Freude zu machen, und sie hatte sich so kindisch aufgeführt.
Plötzlich musste sie daran denken, wie er früher gewesen war. Er war anders gewesen. Menschlicher. Sie sah ihn noch vor sich, wie er mit ihnen am Küchentisch saß und lachte, während sie krampfhaft versuchte, nicht rot zu werden, wenn er sie anblickte.
Er war nicht mehr so unbeschwert wie damals. Und er hatte sich eine harte Schale zugelegt. Doch in dem Moment, als sie sich über die Brautkleider beschwerte, hatte er erstaunlich verletzlich gewirkt, als wäre ihm plötzlich alles zu viel gewesen.
Am liebsten wäre sie zu ihm gegangen und hätte ihn umarmt. Die ganze Zeit hatte sie nur an sich gedacht, dabei musste es auch für ihn unglaublich hart sein. Er hatte es ja schließlich auch nicht geplant, Vater zu werden.
Nico wartete vor der Kapelle auf sie. Er sah umwerfend und irgendwie geheimnisvoll aus in dem dunklen Smoking. Sein Blick war so ernst, dass sich ihr Herz zusammenkrampfte. Tina entging jedoch nicht, wie seine Augen kurz aufleuchteten, als er sie musterte.
„Stimmt etwas nicht?“, erkundigte sie sich besorgt.
„Es gibt da noch etwas, das vor der Trauung erledigt werden muss“, erklärte er und führte sie in einen kleinen Raum neben der Kapelle. Die Männer, die sie heute Morgen in seinem Büro gesehen hatte, warteten bereits auf sie. Erst jetzt wurde ihr klar, dass es keine Geschäftspartner waren, sondern Anwälte.
Nico bat sie, sich zu setzen, und drückte ihr einen Kugelschreiber in die Hand. Einer der Anwälte schob ihr einen Stapel Papiere zu, die bereits an der Stelle aufgeschlagen waren, an der sie unterschreiben sollte.
Hatte sie nicht noch wenige Stunden zuvor Mitleid mit Nico gehabt? Diese Aktion zeigte ihr wieder einmal, dass er eiskalt und nur auf seinen Vorteil bedacht war.
„Gewisse Dinge müssen geregelt sein, bevor wir heiraten, Tina“, fuhr er fort.
„Das ist mir bewusst“, entgegnete sie knapp und warf einen Blick auf die Papiere. Ein Ehevertrag war nicht unüblich. Was sie jedoch erschreckte, war die Geschäftsmäßigkeit, mit der er dieses Hochzeitsprojekt handhabte.
Hatte er mit dem Vertrag absichtlich bis zum letzten Moment gewartet? In der Hoffnung, dass sie nicht in der Lage sein würde, klar zu denken?
„Vielleicht solltest du dich setzen“, forderte sie ihn auf. „Ich fürchte, es wird eine Weile dauern, bis ich mir alles genau durchgelesen habe.“
Wenn er geglaubt hatte, sie würde blind unterschreiben, hatte er sich geirrt.
Es sah aus, als würde er ein Lächeln unterdrücken. Machte er sich über sie lustig?
„Es ist eine ziemlich großzügige Vereinbarung, wie du feststellen wirst“, sagte er in sachlichem Ton. „Sollten wir uns scheiden lassen, bekommst du eine hohe Abfindung und Unterhalt für den Rest deines Lebens.“
Tina nahm sich einige Minuten Zeit, um die Zahlen zu studieren. „Ja, sehr großzügig“, bestätigte sie schließlich. „Trotzdem hast du einen Fehler gemacht.“ Sie tippte mit dem Kugelschreiber auf die Seite.
Einer der Anwälte räusperte sich. Tina warf ihm einen Blick zu, der ihn zusammenzucken ließ. Offensichtlich wagte er es nun nicht mehr, sich zu äußern.
„Ich glaube, Pietro wollte sagen, dass das nicht sein kann“, erklärte Nico mit hochgezogenen Augenbrauen. Er schien sich zu amüsieren.
„Nun, da muss ich dir widersprechen. Ihr habt vergessen, dass diese Summe …“ Wieder tippte sie mit dem Kugelschreiber auf das Papier. „… aus Inflationsgründen angepasst werden muss. Eine Scheidung in einem Jahr ist nicht mit einer Scheidung in zwanzig Jahren zu vergleichen.“
Nico schien beeindruckt. „Da hast du natürlich recht“, lenkte er ein.
„Obendrein hast du das Geld, das ich mit einbringe, vergessen“, erinnerte sie ihn.
„Ich will Renzos Geld nicht“, antwortete er. Seine Stimme klang plötzlich hart.
„Ich rede auch gar nicht von Renzos Geld, sondern von meinem“, entgegnete sie und warf ihm einen
Weitere Kostenlose Bücher