Sinnlicher Maskenball in Venedig
Miene wirkte wieder so distanziert wie sonst auch.
Tina seufzte. „Es könnte wieder so sein wie früher“, versuchte sie es noch einmal. „Wenn ihr nur miteinander reden würdet …“
„Maledizione“, fluchte er und sprang von seinem Stuhl auf. Erschrocken sah sie ihn an. „Verstehst du es denn nicht? Ich bin ein Gavretti. Ich mache alles kaputt, was ich anfasse.“
Dann drehte er sich um und ging zurück ins Wohnzimmer.
Sie schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, fiel ihr Blick auf den angestrahlten Petersdom in der Ferne.
Nicht alles , hoffte sie.
11. KAPITEL
Warum, zum Teufel, hatte er Tina all diese Dinge erzählt? Aufgebracht lief Nico in seinem dunklen Büro auf und ab. Er war wütend auf sich selbst, weil er ihr einen derart intimen Einblick in sein Leben gegeben hatte. Er hasste es, verletzlich zu sein.
Was niemand wusste, konnte auch niemand ausnutzen. Wenn er stark wirkte, dann war er es auch.
Durch die Holzjalousie sah Nico sie regungslos draußen auf der Terrasse sitzen und den Ring im Licht der Außenlampen an ihrem Finger funkeln.
Was sie wohl dachte? Am liebsten würde er jetzt zu ihr gehen und sie in die Arme nehmen. Und ihr sagen, wie sehr es ihm leidtat. Wieder einmal. Was war bloß los mit ihm? Warum wurde er bei ihr immer schwach?
Dio , er hatte ihr sogar erzählt, was ihre Familie ihm bedeutet hatte. Wie verzweifelt er sich danach gesehnt hatte, bei ihnen zu sein, bloß um ein bisschen Wärme zu bekommen.
Er hatte völlig hemmungslos in Selbstmitleid gebadet. Er, der adlige Niccolo Gavretti, hatte die D’Angelis in ihrem heruntergekommenen kleinen Häuschen beneidet. Er hatte einer von ihnen sein wollen.
Natürlich hatte es nicht geklappt. Es stimmte, dass er alles kaputt machte, was er anfasste. Er und Renzo waren Freunde gewesen und hatten zusammen an diesem Projekt gearbeitet, das Renzo alles bedeutet hatte. Und er, Nico, hatte es vermasselt.
Er hatte sich benommen, als würde er ihnen ins Gesicht spucken. Und das nach allem, was sie ihm gegeben hatten. Er hatte das getan, was sein Vater von ihm verlangt hatte.
Tina würde ihn hassen, wenn sie es herausfand. Wenn sie wüsste, dass er für die Gewinneinbuße in Renzos erstem Geschäftsjahr verantwortlich war. Dass er sein Wort gebrochen hatte. Sie würde den Respekt vor ihm verlieren, und daran würde auch ein Baby nichts ändern können.
Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass sie es herausfinden könnte. Dass sie ihn hassen könnte. Zum ersten Mal wurde es ihm bewusst. Was passierte hier mit ihm?
Nico warf einen erneuten Blick nach draußen auf die Terrasse. War Tina ärgerlich auf ihn? Weinte sie vielleicht? Es machte ihn verrückt, sie zu beobachten. Am liebsten würde er jetzt mit ihr ins Bett gehen und so tun, als wäre das alles nie passiert.
Wenn sie erst erfuhr, was er Renzo damals angetan hatte, würde sie sich scheiden lassen wollen. Und wahrscheinlich würde er ihr sogar leidtun, nachdem er ihr gestanden hatte, wie wichtig ihm die D’Angelis einmal gewesen waren.
Und wenn sie sich nicht trennten, dann hätte er letzten Endes so eine Ehe wie seine Eltern damals, in der einer den anderen hasst und beide nur noch verbittert und unglücklich waren. Er hatte es sich selbst eingebrockt, indem er darauf bestanden hatte, die Schwester des Mannes zu heiraten, den er betrogen hatte.
Er würde jetzt so gern mit ihr im Bett liegen. In ihre sehnsüchtigen Augen blicken, ihre leisen Schreie hören, wenn er sie beide zum Gipfel führte. Und dann wollte er neben ihr liegen und mit ihr einschlafen, während sie sich an seinen Körper schmiegte.
Sie passten so gut zusammen. Er liebte es, Tina die Hand auf den Bauch zu legen. Es war noch viel zu früh, um irgendetwas zu spüren, aber es war ein gutes Gefühl, zu wissen, dass sein Kind darin heranwuchs. Dadurch hatte er diese Verbindung mit Tina, etwas, das er noch nie zuvor bei einer anderen Person verspürt hatte.
Plötzlich beobachtete er, wie sie aufstand. Die Silhouette ihres wunderschönen Körpers zeichnete sich gegen den Nachthimmel ab. Sie sah so sexy aus, dass er ihren Anblick kaum ertrug. Als sie im Wohnzimmer verschwand, hielt er die Luft an. Und hoffte, sie würde in sein Büro kommen, um noch einmal mit ihm zu reden. Dann würde er sie in die Arme ziehen und ihr sagen, dass er mit ihr schlafen wollte.
Aber sie schien direkt ins Schlafzimmer zu gehen. Und er folgte ihr nicht.
„Wir fahren zurück zum Castello di Casari“,
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