Sinnliches Erwachen
Monster hielt? Was, wenn sie beschloss, dass sie ohne ihn besser dran wäre?
Finde es jetzt heraus, bevor du dich noch abhängiger von ihr machst, als du es sowieso schon bist.
„Meine … Mutter.“
Nicola fiel die Kinnlade herunter. „Was? Warum?“, fragte sie eindringlich. Sie überbrückte die Distanz und legte ihm die Hände auf die nackte Brust. „Weil sie dir dein erstes Paar Flügel genommen hat?“
Plötzlich war sein Mund staubtrocken. „Unter anderem, ja.“ Versteh mich. Bitte. „Danach hat sie mich in ein Schlangennest geworfen. Ich war so schwach, dass ich nicht fliehen konnte, und über Jahre war ich gezwungen, furchtbare Dinge zu tun, um zu überleben.“
Mitgefühl legte sich über ihre Züge. „Das tut mir so schrecklich leid. Tut es wirklich. Aber dies ist nicht der richtige Weg, sie dafür bezahlen zu lassen. Du musst sie vor das Gericht deines Volks bringen. Es gibt doch ein Gericht, oder?“
Steif nickte er. „Ich weiß nicht, wie ihre Strafe lauten würde, ob sie hart genug wäre.“
Sie zog die Brauen zusammen. „Das zu beurteilen, liegt nicht bei dir.“
„Sie hasst mich. Ohne jeden Grund hasst sie mich. Es tut ihr nicht im Geringsten leid, was sie getan hat. Sie ist stolz darauf.“
„Und deshalb willst du – was? Ihr dieselben Qualen zufügen, die du erlitten hast?“, fragte sie, sichtlich verstört. „Ja, genau das willst du. Das war sie, der du damals die Haare abgeschnitten hast, stimmt’s?“
Eine Pause, dann nickte er.
„Und du warst so wütend auf dich, so zerrissen. Koldo, begreifst du es nicht? Je länger du sie gefangen hältst, desto wahrscheinlicher wird es, dass du ihr unwiderruflichen Schaden zufügst. Und wenn du das tust, wirst du dir nie verzeihen können.“
Tief atmete er ein … und aus. „Sie verdient es, zu leiden.“
„Das mag sein, aber dein Hass macht dich genauso zum Gefangenen wie sie. Du siehst einfach nichts anderes.“
„Das ist mir egal.“
„Tja, mir aber nicht. Bring sie vor Gericht.“
Stures Weib, ganz wie er es geahnt hatte.
Zorn keimte in seiner Brust. „Du wurdest auch von jemandem verletzt. Furchtbar verletzt. Aber du konntest es ihm nie vergelten. Und, was würdest du tun, wenn du endlich die Gelegenheit hättest, Rache zu üben?“
Bevor sie etwas erwidern konnte, teleportierte er sich in die Wohnung des Mannes, der ihre Eltern und ihren Bruder auf dem Gewissen hatte. Oh ja. Diese Adresse hatte er sich eingeprägt. Der Mann saß auf seiner Couch, sah fern und hielt ein Bier in der Hand. Mit finsterer Miene materialisierte sich Koldo. Der Mannentdeckte ihn, fluchte laut und versuchte hastig, rückwärts von ihm wegzukrabbeln. Ohne viel Federlesens packte Koldo ihn beim Kragen und beamte sich zurück in das Schlafzimmer in Panama.
Nicola, die unruhig vor dem Bett auf und ab gelaufen war, erstarrte.
Koldo stieß den Mann mit dem Gesicht voran zu Boden. „Was hast du dem Mann zu sagen, der deine Familie ermordet hat?“
„W-was geht hier vor?“, rief besagter Mann angsterfüllt. Seine Augen waren glasig und weit aufgerissen, panisch sprang sein Blick zwischen Koldo und Nicola hin und her.
Schließlich blieb seine Aufmerksamkeit an Nicola hängen, und er keuchte auf. „Du.“
Soso. Er hatte sie erkannt, trotz der Jahre, die inzwischen verstrichen waren.
Nicola schlug die Hände vor den Mund.
„Hast du wirklich die Kraft, ihm zu vergeben?“, herrschte Koldo sie an.
Noch immer brachte sie kein Wort heraus. Wie gefesselt blieb ihr Blick auf den Mann gerichtet, der für ihren Verlust verantwortlich war.
Tränen rollten dem Menschen über die geröteten Wangen. „Es tut mir leid“, heulte er. „Es tut mir leid. Aber bitte, lasst mich gehen.“
„Es tut dir leid, dass du erwischt wurdest“, schrie Koldo auf ihn ein.
Der Mann kniff die Augen zu, und seine Tränen strömten heftiger.
Wieder wandte Koldo sich an Nicola. „Erinnere dich an deinen Bruder in seinem Sarg und sag mir, was ich für dich mit diesem Mann machen soll.“
Als der Mann fortzukriechen versuchte, setzte Koldo ihm einen Fuß ins Kreuz und drückte ihn nach unten. „Es tut mir leid. So leid“, wiederholte er.
„Also?“, beharrte Koldo. Stopp. Du musst damit aufhören. Doch er tat es nicht. Er hatte damit angefangen. Jetzt würde er es auch durchziehen.
Nicola hob das Kinn und begegnete endlich Koldos Blick. Ihre Augen waren kalt und hart. „Nach dem Unfall sind Laila und ich zu seiner Wohnung gegangen. Wir wollten ihn
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