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Sinnliches Erwachen

Sinnliches Erwachen

Titel: Sinnliches Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gena Showalter
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gemustert hatte, und jetzt wollte er sie … über ihre Unhöflichkeit hinwegtrösten? Wie unerwartet und lieb. Also gut, dann würde sie tapfer sein.
    Sie hob das Kinn und zwang sich, seinem Blick zu begegnen. „Vielleicht bin ich auch nur unfassbar winzig“, versuchte sie eine humorvolle Antwort.
    Daraufhin verengte er bedrohlich die Augen, bis all das Gold verschwunden war und nur noch das Schwarz seiner Pupillen blieb. „Lüge niemals, nicht einmal andeutungsweise. Aus keinerlei Grund, nicht einmal, um nett zu sein.“
    Ihr wurden die Finger taub, und von Neuem begann ihr Herz zu flattern. Angestarrt zu werden war okay für ihn, aber Witze stellten eine tödliche Beleidigung dar. Gut zu wissen.
    „Lügen sind die Sprache des Bösen“, fügte er in sanfterem Ton hinzu.
    Sanfter, aber immer noch eindringlich.
    Der Fahrstuhl hielt an, und als die Türen sich öffneten, machte ein kleiner, untersetzter Mann einen Schritt hinein.
    „Du nimmst den nächsten Fahrstuhl“, beschied ihm der große Typ.
    Augenblicklich erstarrte der kleinere Mann. Dann leckte er sich die Lippen und wich zurück. „Wissen Sie was? Sie haben recht. Das mache ich.“ Er wirbelte herum und rannte davon.
    Einen Moment lang überlegte Nicola, es ihm gleichzutun. Es gab Höflichkeit, und es gab Weisheit, und das eine war nicht unbedingt immer vereinbar mit dem anderen. Die Tatsache, dass der Wikinger mit ihr allein sein wollte, konnte nichts Gutes bedeuten.
    Die Türen glitten aufeinander zu. Dies war ihre Chance, abzuhauen.
    Aber … sie konnte es nicht. „Sie haben ihn nicht angeschrien“, stellte sie fest, ohne genau zu wissen, warum sie nicht die Klappe halten konnte – und warum sie geblieben war. „Dabei wirken Sie wie jemand, der jede Gelegenheit zum Schreien nutzt.“
    „Dich habe ich auch nicht angeschrien“, entgegnete er mit einem Stirnrunzeln. Einen Moment lang blieb es still. Dann nickte er, als wäre ihm gerade etwas Wichtiges klar geworden. „Du bist empfindlich. Ich werde vorsichtiger sein.“
    Wie jetzt – fürchtete er ihren Zorn, oder was?
    Mittlerweile betrachtete er sie genauso intensiv, wie sie ihn gemustert hatte, sodass sie sich unbehaglich wand. „Du bist eins sechzig, oder?“
    „Eins einundsechzig, wenn ich bitten darf.“ Diesen bedeutenden Zentimeter vergaß sie nie!
    „Das ist für eine Frau eine einigermaßen angemessene Größe, nehme ich an.“
    „Genau wie für einen Achtjährigen“, grummelte sie.
    „Nicht für die, die ich kenne“, entgegnete er ausdruckslos.
    Zog er sie auf? Oder war er einfach so direkt?
    Schließlich hatte der Aufzug sein Ziel erreicht, und die Türen öffneten sich zum Foyer. Höflich bedeutete ihr Begleiter ihr, voranzugehen. Sie schenkte ihm ein verwirrtes Lächeln, murmelte „Danke“ und hastete hinaus – sie hatte es überlebt.
    Fast allein, dachte sie sehnsüchtig. Dann könnte sie sich mit ihren Gedanken auseinandersetzen und herausfinden, was sie tun würde, wenn ihre Schwester … wenn Laila …
    Sie konnte das Wort nicht denken, auch wenn sie wusste, dass es eher früher als später so weit sein würde. Für Laila wäre es eine Erlösung. Für Nicola eine weitere Quelle der Trauer. Sie war sich nicht sicher, wie viel sie noch überleben konnte.
    Die meisten Menschen mit ihrer Diagnose und unterentwickeltem Herzen starben noch vor ihrem zwanzigsten Geburtstag. Aber sie und Laila hatten es schon drei Jahre darüber hinausgeschafft, ein wahres Wunder. Sie hätte begeistert sein sollen über die zusätzliche Zeit, die sie miteinander hatten verbringen können. Und doch wollte sie mehr. Für sie beide. Laila war mit ihrem Leben nicht zufrieden, und ein Mensch sollte doch mit seinem Leben zufrieden sein, bevor er starb. Oder?
    Nicola war bloß … also, sie musste sich für heute einen Plan zurechtlegen. Ausnahmsweise war sie mal nicht von einem Schleier der Angst und düsteren Vorahnungen erstickt. Aber warum starrten die Leute sie an, als wäre sie ein furchterregendes Monster, das sie alle …
    Nicht sie wurde angestarrt, begriff sie, sondern der Mann neben ihr. Der Riese aus dem Fahrstuhl. Nicola blieb stehen, und er tat es ihr gleich. Aus unerfindlichen Gründen ging er nicht einfach um sie herum, als versperrte ihre zierliche Gestalt ihm irgendwie den Weg. Da wandte sie sich ihm ganz zu und stemmte die Hände in die Hüften. Er trat drei Schritte zurück, und sie spürte das Frösteln zurückkehren.
    Die Hitze kam tatsächlich von ihm.
    Prüfend blickte er

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