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Sinnliches Erwachen

Sinnliches Erwachen

Titel: Sinnliches Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gena Showalter
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aber sie hatte ihm schließlich auch nie eins gegeben.
    „Da sieh mal einer an“, begrüßte sie ihn. „Wer ist denn da zurückgekommen.“
    Und da war sie. Cornelia. Ein Name, der übersetzt „die Gehörnte“ lautete. Und das war sie ganz gewiss. Mit scharfen, tödlichen Hörnern, mit denen sie das Herz eines Mannes durchstoßen und unbeeindruckt davonspazieren konnte, während ihn das Leben in einem pulsierenden Strom verließ.
    Sie saß in einer Ecke des Käfigs in ein von Menschenhand gemachtes Gewand aus natürlichem Stoff gehüllt. Ein Gewand, das Koldo ihr vor die Füße geworfen hatte, nachdem er ihr die himmlische Robe vom Leib gerissen hatte – denn die Roben ihres Volks besaßen die Kraft, sich selbst und ihre Träger zu reinigen. Doch Cornelia sollte in keiner Weise gereinigt werden. Er wollte, dass sie erfuhr, wie es sich anfühlte, so dreckig zu sein, dass man den Schmutz niemals abschrubben könnte.
    Ihre Haut war so bleich, dass ihre Sommersprossen wie Schlammspritzer hervorstachen. Das lange Haar hatte man ihr abgeschnitten, jetzt reichte es ihr nur noch bis zu den Ohren. Wirr und verknotet standen ihr die Locken vom Kopf ab. Das war nicht sein Werk gewesen. Vor ein paar Wochen war sie einer Horde Pica-Dämonen in die Hände gefallen, die sie in die Hölle geschleift hatten, um Koldo zu zwingen, Zacharel zu verraten. Doch er hatte es nicht getan. Stattdessen hatte er sie gerettet.
    Er hatte keine Ahnung, was sie ihr sonst noch angetan hatten, nur eins wusste er: Sie war definitiv gefoltert worden. Als er sie gefunden hatte, war sie an der Schwelle zum Tod gewesen – und das war der einzige Grund, dass sie sich nicht gegen ihn gewehrt hatte, als er sie gesund pflegte. Und hier waren sie nun.
    Sie genauso hasserfüllt wie eh und je.
    Er schockierend unbefriedigt mit dem Stand der Dinge.
    Als Kind unter der Schreckensherrschaft seines Vaters hatte er davon geträumt, sie so grausam wie nur möglich zu bestrafen. Und danach sehnte er sich immer noch. Oh, wie er sich danach sehnte! Ununterbrochen brannte das Verlangen in seiner Brust. Doch er hatte es nicht getan. Und würde es auch in Zukunft nicht. Ein paar kleine Dinge hatte er sich erlaubt, wie zum Beispiel, ihr ein Bett und ihr Gewand zu verwehren – aber nichts darüber hinaus. Er hatte nichts mit ihr gemein, und Tag für Tag stellte er das unter Beweis: indem er hierherkam, sich gegen seinen Drang zur Wehr setzte und wieder verschwand.
    Weise Männer näherten sich dem Tor zu ihrer Versuchung gar nicht erst, aber bislang hatte Koldo sich nicht davon überzeugen können, aufzuhören.
    „Hallo Mutter .“
    Scharf holte sie Luft. „Ich hätte dir die Zunge abschneiden sollen, als ich die Gelegenheit dazu hatte.“ Sie warf einen Kieselstein nach ihm. Wirkungslos prallte er an seiner Schulter ab und fiel zu Boden.
    „Genau wie du mich hättest ertränken sollen. Ich weiß.“
    Sie verengte die Augen, lange Wimpernkränze verschmolzen miteinander und verbargen die veilchenblauen Tiefen, die er so oft in seinen Albträumen sah. „Damals hatte ich nicht genug Mumm für Gewalt. Aber dein Vater … von dem hab ich wirklich mehr erwartet. Er hätte tun sollen, wozu ich nicht in der Lage war.“
    „Oh, keine Sorge, er hat es versucht.“ Viele Male.
    Koldo dachte zurück an den Tag, als Cornelia mit ihm über das Camp seines Vaters geflogen war und ihn hatte fallen lassen. Schwach und gepeinigt, wie er gewesen war, hatte der Aufprall schlimmer wehgetan als die brutale Amputation seiner Flügel.
    Ein riesiger kahlköpfiger Mann mit mehr Muskeln und Narben, als Koldo je zuvor gesehen hatte, war auf ihn zugestürmt. Cornelia hatte gerufen: „Nox, darf ich vorstellen: dein Sohn. Auf dass ihr euch gegenseitig vernichtet“, dann war sie davongeflogen.
    Nox. Ein Name, der „Nacht“ bedeutete.
    Sekunden später war Koldo in Ohnmacht gefallen. Auf dem Boden eines geräumigen Zelts war er wieder zu sich gekommen, als der Kahlköpfige sich über ihn gebeugt und breit gegrinst hatte. Seine Augen waren so schwarz gewesen, wie sein Name schon angedeutet hatte.
    „Du bist also mein Sohn, ja? Aufgezogen von einem rechtschaffenen Engel.“
    Seine Mutter? Rechtschaffen?
    „Ich wette, du bist voll bis obenhin mit lauter blödsinnigen Vorstellungen von richtig und falsch“, war Nox fortgefahren. „Stimmt’s, Kleiner?“
    Koldo war es schwergefallen, sich auf die Worte zu konzentrieren – alles in seinem Innern hatte ihm zugeschrien, die Beine in die Hand

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