Sinnliches Erwachen
durchlief ihren Leib. „Die klingen alle furchtbar.“
„Das sind sie auch.“ Viel mehr, als sie ahnte. „Eine Zeit lang lebten die Gefallenen unter den Menschen und nannten sich Götter. Sie streiften nach Lust und Laune durch das Land und quälten jeden, nach dem ihnen gerade der Sinn stand. Einige haben sich sogar mit euren Frauen vereinigt, ihre Nachkommen wurden als Nephilim bekannt. Es waren schreckliche Kreaturen, hasserfüllt und getrieben von Habsucht. Es waren Riesen, Wilde, brutal und …“ Wie sollte er es erklären? „Unterschiedliche Kulturen haben ihnen unterschiedliche Namen gegeben.“
„In der Mythologie“, stellte sie fest, und ihre Augen weiteten sich.
„Genau. Griechen und Titanen. Ägypter. Die nordischen Götter. Alles in dieser Art. Die gefallenen Engel wurden dafür bestraft, dass sie die menschliche Rasse verunreinigt hatten, und noch unterhalb der Hölle festgekettet, wo ihre Gefährten sie nicht befreien konnten. Die Nephilim wurden ausgelöscht – zumindest für eine Weile.“
Jetzt schlang sie erneut die Arme um ihre Mitte, unterbrach den Kontakt, und ihr Zittern wurde wieder stärker. Nicht so schlimm wie im Supermarkt, aber genug, um ihn zur Eile anzutreiben.
Während er die Decke um ihre Schultern feststeckte, erzählte er: „In der Hölle sind ebenfalls Dämonen. Sie sind dort, um die Geister zu quälen, die dorthin verbannt werden. Untereinander bezeichnen sie sich als Hohe Herren oder Lakaien, aber sie haben viele Namen, viele verschiedene Ränge. Manche halten sich lieber hier auf.“
„Auf der Suche nach einem Wirt hast du gesagt.“
Er nickte. „Und nach jemandem, den sie foltern können, von dem sie sich nähren können.“
„Ist es das, was sie von mir wollen?“
„Ja. Sie wollen dich mit ihrem Gift vollpumpen und deine Abwehr gegen sie schwächen, damit sie durch deine Haut in deinen Körper eindringen können. Wenn sie das geschafft haben, tun sie alles, um dein Denken und Handeln zu kontrollieren, laben sich währenddessen an deinen negativen Emotionen und impfen dir ihre Krankheiten ein.“
„Krankheiten“, wiederholte sie.
„Ja, aber es gibt ein Heilmittel. Um dieses Heilmittel zu erlangen, hat der Höchste Luzifer ein weiteres Mal bekämpft und besiegt.“ Zu jenem Zeitpunkt waren die Ersten von Koldos Art erschaffen worden. Ihnen hatte Er den Auftrag erteilt, die Menschen aus Luzifers Finsternis in das Licht des Höchsten zu führen.
Über die Jahrhunderte hatten Gesandte wie Koldo dieses Ziel aus den Augen verloren. Doch nicht mehr länger, beschloss er. Er würde Nicola helfen.
„Was ist das für ein Heilmittel? Und warum bin ich trotzdem krank?“, fragte Nicola.
„Zu jedem Heilmittel gehört eine Gebrauchsanweisung. Die musst du erst noch richtig befolgen.“
Es verging eine ganze Weile, während sie seine Worte in sich aufnahm. Schließlich bat sie: „Na gut, dann verrate mir diese Gebrauchsanweisung. Ich bin bereit, sie zu befolgen. Ehrlich.“
Nicolas Worte gefielen Koldo. Es mochte sein, dass er nicht wie andere Gesandte mit dem Klang der Wahrheit sprach, aber sie hatte die Überzeugung hinter seinen Behauptungen trotzdem gespürt. Sie glaubte. Sie akzeptierte.
Sie wollte handeln, und Handeln war gleichbedeutend mit Macht.
„Ein paar Anweisungen habe ich dir schon gegeben“, erklärte er. „Die Dämonen haben dir ihr Gift in die Ohren geträufelt und Angst in dir geweckt. Diese Angst hast du angenommen, und sie hat das Gift verstärkt, und allzu bald haben sich die Dämonen von deinen Emotionen genährt. Ruhe, Frieden und Freude schwächen das Gift.“
„Weshalb du willst, dass ich diese drei Dinge empfinde.“ Beim Sprechen nickte sie. „Also ist dieses Gift … wie ein Parasit. Oder ein Virus. Wie die Grippe oder Ebola. Es kann sich vermehren, aber es kann auch verhungern.“
„Genau. Wenn die Dämonen keine Nahrung mehr bekommen, werden sie fliehen. Das ist der Grund, warum es so wichtig ist, deine Gedanken und Worte zu kontrollieren.“ Koldo erhob sich ein Stück und drehte sich um, sodass sein großer Leib auf der Couch Platz fand.
Nicola schmiegte sich an ihn und überraschte ihn – überwältigte ihn. Ihre Wange ruhte über seinem schneller pochenden Herzen. Tief sog er ihren Duft ein, füllte seine Lungen mit Zimt und Vanille und Honig.
Und oh, heilige Himmelreiche, ihm war heiß und kalt zugleich. Er bebte. Er … wollte mehr. Er war nicht das, was sie brauchte; so viel hatte er bereits begriffen. Mit
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