Sintflut (German Edition)
Arche Noah, alle von Flavio.
Ich will etwas erwidern, doch Akan ist noch nicht fertig: »Eins solltest du noch wissen, bevor du ja oder nein sagst, Marlene und auch du Paula, wirst staunen. Es ist nämlich dein Professor Goppel, der den Behörden erzählt hat, du wolltest rumänisches Kulturgut außer Landes schmuggeln.«
»Goppel?«, ruft Paula entgeistert.
»Goppel ist nach dem Kongress in Rumänien geblieben. Er war auch nicht zum ersten Mal in unserem Land. Wir wissen allerdings nicht, was er früher hier gemacht hat.«
Ich denke an seinen Vortrag in Erlangen. ›Vom Kult zur Kultur‹. Von der Jagdmagie und den primitiven Steinzeitmenschen. Wenn einer durch unsere Entdeckung in Verlegenheit kommt, dann Goppel. Der Mann ist als Wissenschaftler erledigt, wenn die Sintflut-Figuren und das Weltarchiv auftauchen. Was soll der seinen Studenten denn jetzt noch erzählen?
»Ich kann mir denken, was er gemacht hat«, meint Paula bitter. »Goppel war hier. Vor 20 Jahren schon. Dann kam das Erdbeben. Er wusste von der Arche Noah, er wusste auch von dem Gold. Er kannte Ludovico, er kannte Flavio. Von ihm stammt das Foto mit der jungen Birke, nicht von Martin. Er steckt hinter allem, was hier passiert ist. Er ist der große Unbekannte gewesen und hat die erste Kammer ausgeräumt. Aber jetzt ist der Kerl am Ende. Typen wie Goppel stehen mit ihrem Kultgerede plötzlich als Trottel da. Und er ganz besonders. Weil er seit Jahren Bescheid wusste.«
»Ich kann das nicht glauben«, erkläre ich zögernd.
»Wieso? Es passt doch alles zusammen.« Paula ist ungeduldig. »Und vor allem du hattest doch Zweifel, dass Martin dahinter steckt.«
»Okay, okay, mal angenommen, wir haben Fleischmann Unrecht getan und Goppel hat die erste Kammer ausgeräumt. Aber wieso«, frage ich weiter, »tut er dann so, als ob du das getan hättest und man dich am Flughafen damit erwischen kann? Weiß er von der zweiten Kammer? Wenn ja, warum hat er sie nicht auch ausgeräumt? Kann er wissen, was wir gefunden haben und was wir damit machen wollen? Das passt doch alles nicht zusammen.«
Doch da fällt mir plötzlich Paulas Kollege Theo ein. Er kannte Goppel, hatte mit ihm Ausgrabungen gemacht. Er könnte Goppel erzählt haben, dass Paula im Notfall Fundstücke außer Landes bringen wollte. Goppel hetzte die Presse auf sie, setzte sie immer stärker unter Druck, damit sie handeln musste. Dann entdeckte er die erste Kammer vor ihr und nahm sich, was er kriegen konnte … irgendwie passt es trotzdem nicht richtig zusammen.
Akan unterbricht meine Gedanken. »Goppel will Paula aus dem Weg haben. Schon vor Wochen hat er sich mit den Behörden in Verbindung gesetzt. Jetzt kann er schlecht sagen, er hätte sich geirrt. Warum sollte er auch. Damit würde er sich nur verdächtig machen. Also muss er alles lassen, wie es ist und sein Spiel zu Ende spielen. Aber er verliert es, dafür werde ich sorgen.«
Ich will noch weiter über Goppel reden, Akan wiegelt ab.
»Marlene«, drängt er, »alles liegt an dir. Wenn du noch einmal Paula Petrus spielst, könnte sie unter deinem Namen das Weltarchiv wie geplant aus Rumänien bringen.«
»Und was genau soll ich machen?«
Akans neuer Plan ist sogar noch besser als der alte. Ich ergebe mich und hole meinen Pass. Er liegt unter dem Kopfkissen. Meine Jacke, in der er normalerweise seinen Platz hat, ist völlig verdreckt und ich mag sie nicht mehr anziehen. Ich wollte sie sogar schon wegwerfen, aber dann brachte ich es doch nicht fertig. Stattdessen habe ich sie mit spitzen Fingern in meinen Koffer gestopft.
»Na gut, ich mache es. Hier ist mein Pass«, sage ich, als ich wieder ins Zimmer komme. »Deinen habe ich ja noch, Paula. Ich glaube, wir schaffen es.« So schnell kann man Zweifel beiseite schieben.
5
Am nächsten Morgen fahren wir zum Flughafen. Paula soll als Marlene Adler nach Frankfurt fliegen. Sie hat das Gold bei sich. Später fliege ich als Paula Petrus über Zürich nach Nürnberg und habe auch etwas bei mir. Akan wird mich zum Flugsteig begleiten, dann fliegt er ebenfalls nach Frankfurt, wo Paula ihn erwartet.
»Mach’s gut, Paula«, sagt Paula zu mir. Bis sie weg ist, trage ich ein Kopftuch und eine große Sonnenbrille, damit niemand sieht, wie ähnlich wir uns sind.
»Mach’s gut, Marlene. Grüß Max, wenn du ihn siehst«, sage ich bitter und umarme sie seufzend. Sie erwidert die Umarmung und wir bleiben einen Moment so stehen. Dann hinkt sie davon und stellt sich an einer kurzen
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