Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sintflut (German Edition)

Sintflut (German Edition)

Titel: Sintflut (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina Schulze
Vom Netzwerk:
könne ich mich leider nicht erinnern und die Rechnung hätte ich leider weggeworfen.
    Nach etwa einer halben Stunde kommen zwei Männer herein. Der eine ist Goppel, der andere wirkt neben ihm wie ein Hilfslehrer, tritt jedoch zuerst auf den Tisch mit den Figuren zu. Er nimmt den Denker in die Hand, untersucht ihn von allen Seiten und sieht, was er sehen soll. Ärgerlich winkt er Goppel herbei und deutet auf die Unterseite der Figur. Goppel nimmt den Denker, schaut ihn sich an, wird bleich wie die Wand hinter ihm, lässt vor Schreck die Figur fallen. Dann schaut er mich böse an, sagt aber kein Wort.
    Sein Begleiter kontrolliert die Unterseite der restlichen Figuren und zuckt schließlich mit den Schultern. »Made in Romania, das ist aber interessant«, sagt er in sarkastischem Tonfall. »Wofür mag das F wohl stehen? Ich wusste gar nicht, dass wir in Bukarest so hübsche Sachen verkaufen. Sie dürfen alles wieder einpacken. Das zerbrochene Teil kann ich Ihnen leider nicht ersetzen, aber bei Ihrem nächsten Besuch in unserem Land können Sie die Figur ja nachkaufen.« Der Mann verlässt grußlos den Raum. Goppel folgt ihm gebeugt, so sehen Niederlagen aus, ich kenne es nur zu gut.
    Ich dagegen habe es geschafft. Das Blut rauscht anders durch meine Adern als sonst. Was für ein Triumph! Meine Figuren sind alle ganz neu und aus der Arche Noah, das F steht für Flavio. Draußen wartet Akan auf mich, der die Grenze mittlerweile auch passiert hat. Wir setzen uns auf eine Bank in der Abflughalle und warten, bis mein Flug aufgerufen wird.
    »Vielen Dank, dass du geholfen hast. Ohne dich hätte es nie funktioniert. Eines Tages werde ich mich revanchieren.«
    »Ja. Jetzt schuldest du mal jemandem einen Gefallen«, sage ich grinsend. »Aber für euch ist die Sache nicht zu Ende. Viel Glück werdet ihr auch jetzt noch brauchen. Und was wird jetzt aus Goppel?«
    »Ich weiß noch nicht genau. Im Moment warten wir einfach ab, wie er reagiert. Er wird sich in Sicherheit wähnen. Wir hoffen, dass er uns zu dem Schatz führt und werden ihn keine Minute aus den Augen lassen. Ein paar junge Leute aus Pluton sind schon auf ihn angesetzt. Ich fliege zwar jetzt nach Deutschland, aber nur für kurze Zeit, dann kehre ich zurück. Und falls Goppel zu vorsichtig ist und uns nicht von selbst auf den Leim geht, werde ich eben etwas nachhelfen. Du weißt ja, darin habe ich Übung. Akan sagt es mit einem teuflischen Blitzen in den Augen.
    Mein Flug wird aufgerufen, Akan umarmt mich sachte, es ist die Umarmung des Schwesternfreundes: warm, leicht, neutral. Mehr könnte ich im Moment auch gar nicht ertragen. Die Heimat entfernt sich von mir, je näher ich ihr komme. Es droht die Stunde des Abschieds von allem, was mir lieb und teuer war. Schließlich sitze ich im Flugzeug. Der Sitz neben mir ist noch frei, doch dann sagt eine Stimme:
    »Gestatten, darf ich Platz nehmen? Mein Name ist …«
    »… Birgul Schmitzig. Trotzdem sind Sie Antiquitätenhändler geworden. Aber das mittlere ›i‹ mussten Sie kaufen, bevor …«, vollende ich den Satz.
    »Frau Dr. Petrus«, ruft Birgul erfreut aus, »aller guten Zufälle sind drei. Wie schön, Sie wiederzusehen.«
    »Es ist gut, an der Seite eines Freundes nach Hause zu fliegen«, antworte ich ernst. Dann werde ich vor lauter schlechtem Gewissen sehr spontan. »Darf ich Ihnen etwas schenken?«
    »Auf keinen Fall dürfen Sie das«, erwidert Birgul sofort. »Sie schulden mir nichts und ich vertraue darauf, dass alles, was Sie getan haben, der guten Sache dient. Auch wenn ich leer ausgehe. Ich habe ohnehin genug und könnte mich im Grunde auch zur Ruhe setzen. Aber dann würde ich bald in gar kein Flugzeug mehr passen.«
    Seine Angst ist nicht ganz unberechtigt. Der Sitz ist schon jetzt zu schmal für sein mächtiges Hinterteil. Die seitliche Lufthoheit zwischen uns ist praktisch aufgehoben, aber ausnahmsweise kann ich den Körperkontakt jetzt gut brauchen. Mir ist aus verschiedenen Gründen kalt, vor allem deshalb, weil ich mein Jackett nicht anhabe, das noch immer verdreckt in meinem Koffer liegt.
    »Warum fliegen Sie nicht erster Klasse? Dann müssten Sie weniger leiden«, frage ich teilnahmsvoll.
    »Das hier war der letzte freie Platz in der Maschine, und ich muss dringend hier weg«, ächzt Birgul. »Zu meinem Glück, wie ich jetzt sagen muss.«
    Als die Stewardess das Abendessen bringt, verzichte ich auf meine Portion. Ich habe keinen Hunger. Das ist immer so, wenn ich Sorgen habe. Ich nenne es das

Weitere Kostenlose Bücher