Sintflut
jedoch wandte er sich noch einmal um:
»Es wäre mir sehr angenehm, wenn Sie mich auch zurückbegleiten würden,« sprach er zu Kmicic.
»Gut, ich werde Sie hier erwarten,« entgegnete Pan Andreas. Mit unruhigen Schritten begann er auf und ab zu gehen. Eine furchtbare Wut schnürte ihm die Kehle zusammen.
»Pech klebt nicht so an den Kleidern, wie schlechter Leumund an einem Namen!« sprach er zu sich selbst. »Diese verkäufliche Seele, dieser Schurke erlaubt sich, mich seinesgleichen zu nennen, mich in seine Gesellschaft einzureihen! So was muß ich erleben. Alle Spitzbuben halten mich für ihren Genossen, alle ehrwürdigen Leute wenden sich von mir ab! – Na, der soll mich wenigstens nicht so bald vergessen!«
Die Konferenz dauerte lange. Es wurde schon dunkel, und Kmicic wartete noch immer. Endlich erschien Kuklinowski. Pan Andreas konnten seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, aber aus des Obersten kurzem Atem schloß er, daß die Mission gänzlich gescheitert war.
Kmicic geleitete ihn bis ans Tor.
»Hier will ich mich verabschieden,« sagte er dann, »oder wünschen Sie, daß ich Sie noch weiter begleite?«
»O, ich würde mich sehr darüber freuen. Ich habe Ihnen noch ein paar Worte zu sagen.«
Sie gingen weiter und verschwanden bald in der Dunkelheit. Schließlich blieb Kuklinowski stehen.
»Sie scheinen mir ein gewandter und vernünftiger Kavalier und ein Soldat aus Blut und Knochen zu sein. Warum aber halten Sie sich unter Pfaffen auf und nicht unter Kameraden, Soldaten? – Bei uns ist es außerdem viel lustiger. – Würfelspiel, Wein, Weiber, – verstehen Sie, wie?«
Er drückte Kmicic vertraulich den Arm.
»Dieses Haus,« fuhr er fort, indem er auf das Kloster zeigte, »brennt, und wer ein brennendes Haus nicht verläßt, der ist ein Narr. – Sie fürchten wohl den Namen eines Verräters? – Spucken Sie getrost darauf! – Kommen Sie zu uns; der General wird Sie mit offenen Armen empfangen. – Das eben ist die echte Freiheit des Soldaten, dem zu dienen, dem es ihm gerade beliebt. Zwar beginnt man, sich allerorten gegen die Schweden zu erheben, man spricht, daß der Chan Jan-Kasimir zu Hilfe kommen werde, vorläufig aber sind die Schweden noch die Herren im Lande. Die Schlachta, die Pans und auch die Hetmans schließen sich noch immer uns an. General Müller wartet nur auf die schwere Artillerie, um Jasno-Gora im Sturm zu nehmen. – Nun, wie denken Sie über meinen Vorschlag? Wer steht denn jetzt noch auf Jan-Kasimirs Seite? Allein Sapieha, und der hat alle Hände voll mit Radziwill zu tun!«
»Wie? Was? Sie sagen, daß Sapieha mit Radziwill?«
»Ja, Sapieha hat Radziwill in Podlachien geschlagen und belagert ihn jetzt in Tykocyn. Wir hindern ihn nicht daran.«
»Und warum?«
»Ei nun, der schwedische König will, daß sie sich gegenseitig aufreiben. Radziwills Verhalten war immer verdächtig. – Außerdem liegt er wahrscheinlich im Sterben.«
»Und die Schweden eilen ihm nicht zu Hilfe?«
»Wer soll denn hingehen? – Der König selbst ist in Preußen, er muß den Kurfürsten abfassen. In Groß-Polen tobt der Krieg. Wittemberg ist in Krakau unentbehrlich. Douglas hat mit den Bergvölkern viel zu tun. – Aber lassen wir das. – Was sagen Sie zu meinem Vorschlag? Sie werden diesen Schritt nie bereuen!«
»Sie sprechen so als schwedischer Abgesandter, doch wer kann wissen, was in Ihrem Innern vorgeht? Jetzt gibt es genug Leute, die den Schweden dienen und ihnen trotzdem alles Böse wünschen.«
»Auf Ehre,« sagte Kuklinowski, »ich spreche die Wahrheit, und nicht, weil ich eine Mission der Schweden übernommen habe. Diesseits der Mauern bin ich kein Abgesandter mehr, und wenn Sie wünschen, wiederhole ich Ihnen dasselbe ausdrücklich als Privatmann: Lassen Sie diese garstige Festung doch zum Teufel fahren!«
»Sie sprechen also jetzt zu mir als Privatmann, und ich kann Ihnen als solcher auch antworten?«
»O, ich bitte Sie sogar darum.«
»So hören Sie mich an, Pan Kuklinowski, Sie sind ein Halunke, ein Verräter, ein Schuft! Genügt Ihnen das, oder soll ich Ihnen noch in das Gesicht spucken?«
Kuklinowski zog seinen Säbel; aber Kmicic ergriff seinen Arm mit eiserner Hand, holte mit der anderen weit aus und schlug ihm ein paar mal ins Gesicht, dann drehte er ihn um und versetzte ihm einen Stoß in den Rücken.
»Dies dem Privatmann, nicht dem Abgesandten!« rief er hinterher.
Kuklinowski rollte nach unten wie ein Stein; Pan Andreas aber ging ruhig zum Tore zurück. –
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