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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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jetzt nur Mißerfolge zu verzeichnen. Die heutige Nacht hat uns unersetzliche Verluste gebracht. Auch die Soldaten verlieren schon den Mut und beginnen alles recht unwillig zu tun. Der Sache muß irgendwie ein Ende gemacht werden. Meiner Meinung nach sollten wir wieder Verhandlungen anknüpfen!«
    »Und wenn die Unterhandlungen zu nichts führen, so würden Sie wohl raten, die Belagerung einzustellen?« fragte Müller finster.
    Die Offiziere schwiegen.
    »Exzellenz wissen besser, was dann zu tun ist,« antwortete nach einer kleinen Pause Sadowski.
    »Das weiß ich,« sagte Müller stolz. »Aber eins sage ich: Ich verfluche den Tag und die Stunde, wo ich hierher kam, und auch die Ratgeber,« hier warf er einen Blick auf Wrzeszczowicz, »die mich dazu reizten, die Belagerung zu beginnen. Aber nach alle dem, was geschehen ist, trete ich nicht den Rückzug an, ehe ich nicht diese verdammte Festung in einen Haufen Trümmer verwandelt habe; – es sei denn, ich gehe selbst zugrunde!«
    Müller wandte seinen Gaul um und ritt nach Czenstochau zu. Jedoch bevor er sein Quartier erreicht hatte, sprengte ein Offizier zu ihm heran und übergab ihm einen Brief. Der General las ihn, und sein Gesicht verfinsterte sich. –
    »Aus Posen,« sprach er, »schlimme Nachrichten! – In Groß-Polen hat sich die Schlachta erhoben, und das Volk schließt sich ihr an. An der Spitze dieser Bewegung steht Christoph Zegocki, der Czenstochau zu Hilfe eilen will.«
    »Ich habe es vorausgesagt, daß die Schüsse, die hier fallen, von den Karpaten bis zum Baltischen Meer einen Widerhall hervorrufen werden,« brummte Sadowski. »Dieses Volk ändert schnell seine Stimmungen; Sie kennen die Polen nicht, Sie werden sie erst kennen lernen.«
    »Gut, so werde ich sie kennen lernen!« rief Müller aus. »Ich ziehe einen offenen Feind einem schlechten Verbündeten vor. – Sie haben sich selbst unterworfen, und jetzt rebellieren sie. – Gut, so werden sie unsere Waffen zu kosten kriegen.«
    »Und wir die ihren,« entgegnete Sadowski. »General, lassen Sie uns Unterhandlungen mit Czenstochau anknüpfen, machen wir denen da soviel wie möglich Konzessionen. Hier handelt es sich nicht um die Festung, sondern um die Herrschaft Seiner Majestät in diesem Landesteile.« »Die Mönche werden sich unterwerfen,« beharrte Müller. »Wenn nicht heute, so werden sie sich morgen unterwerfen!«
    Im Kloster aber herrschte zu dieser Zeit große Freude. Die Frauen drängten sich um Pan Czarniecki und überschütteten ihn mit ihrem Segen; sie küßten ihm fortwährend die Hände. Er aber wies auf Kmicic.
    »Danket nur ihm! Seine Hände wird er zwar nicht küssen lassen; denn sie sind mit Feindesblut besudelt. Wer ihm aber einen Kuß auf den Mund geben will, den wird unser Held nicht abweisen.«
    Aber Pan Andreas' Gedanken waren weit in der Ferne. Er dachte an Alexandra.
    »Ach, meine Ärmste,« seufzte er bei sich, »wenn du nur wüßtest, daß ich jetzt im Dienste der heiligen Jungfrau stehe und diejenigen vernichte, denen ich zu meinem großen Schmerze einstmals gedient habe.«
    Und Pan Andreas beschloß, ihr nach der Belagerung einen Brief durch Soroka zu senden.
    »Möge sie wissen, daß ich einen Teil meiner Sünden schon gut gemacht habe, möge ihr das zum Troste gereichen!«
    Diese Hoffnung beschäftigte ihn so, daß er nicht hörte, was die Bewohnerinnen von Jasno-Gora von ihm sprachen:
    »Wahrhaftig, ein tapferer Ritter, das muß man ihm lassen; aber er will von nichts anderem als vom Kriege was wissen!« – –

15. Kapitel.
    Nach all diesen Fehlschlägen mußte Müller schließlich seinen Offizieren nachgeben und in Unterhandlungen mit dem Kloster eintreten. Er sandte einen polnischen Schlachtschitzen ins Kloster, der durch seine hohe Abstammung und gesellschaftliche Stellung weit bekannt war. Die Jasnogoraer empfingen den Abgesandten freundlich. Sie erwarteten, daß der Pole nur aus Pflichtgefühl die Übergabe Jasno-Goras fordern werde, und daß er ihnen indirekt die Gerüchte von der Erhebung Groß-Polens, von der Unzufriedenheit der Truppen und von der Bereitwilligkeit des Chan der Krim bestätigen werde, um den Belagerten Mut zum Widerstande zu machen.
    Aber ach! der Schlachtschitz überraschte sie mit der Nachricht, daß Jan-Kasimir freiwillig auf die Krone zu Gunsten Karl-Gustavs verzichtet habe, daß jedweder Widerstand gegen den Willen des neuen Königs einfach Rebellion und ein Verbrechen gegen das Vaterland sei.
    »Ich erwarte Ihre Antwort,

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