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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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fragte der Prior.
    »Von hundert Menschen würde nur einer aus solchem Unternehmen lebendig zurückkehren,« antwortete Pan Piotr.
    »Ich bin in noch schlimmeren Lagen gewesen und immer heil daraus hervorgegangen; es wird mir auch diesmal glücken, das sagt mir mein Stern. – O heiliger Vater! welch ein Unterschied zwischen jetzt und früher, wo ich mich einer Laune wegen ins Feuer stürzte, jetzt tue ich es zum Ruhme der heiligen Jungfrau. Selbst wenn ich mein Leben lassen müßte, sagen Sie selbst, kann man jemandem einen rühmlicheren Tod wünschen, als den, der meiner harrt?«
    Der Prior überlegte lange, endlich sprach er:
    »Ich habe Sie früher vor waghalsigen Taten zurückgehalten, jetzt aber, wo es sich um die Rettung des ganzen Vaterlandes handelt, kann ich nichts mehr dagegen sagen.
    – Sie haben recht. – Geh, mein Sohn: Entweder du kehrst glücklich zurück, oder du erhälst die höchste Belohnung, die der Himmel einem Sterblichen geben kann, – die Märtyrerkrone. – Meinem Willen entgegen sage ich dir: Geh!
    – Ich habe nicht den Mut, dich zurückzuhalten! – Unsere Gebete und Gottes Segen werden dich begleiten!« –
    »Mit diesem Schutze gehe ich selbst dem Tode entgegen!«
    »Kehre zurück, Gottes Krieger, kehre zurück zu uns, unversehrt, denn wir haben dich liebgewonnen! – Möge Gott dich uns erhalten, mein Kind, mein geliebter Sohn!« –
    Eine Stunde darauf, in später Nacht, klopfte Pan Kmicic an die Tür der Zelle des Priors.
    Pater Kordecki und Pan Piotr erkannten ihn kaum wieder, so sehr glich er einem Schweden.
    »Bei Gott, man greift unwillkürlich zum Säbel, wenn man Sie so sieht,« rief Pan Piotr.
    »Die Kerze weg!« rief Kmicic: »Ich will Ihnen noch etwas zeigen!«
    Als der Pater die Kerze weggestellt hatte, legte Pan Andreas einen armdicken, anderthalb Fuß langen, mit Pulver gefüllten Darm auf den Tisch. An dessen einem Ende war ein Faden befestigt, der mit Schwefel getränkt war.
    »Nun,« sagte er selbstgefällig, »es wird genügen, der Kanone dieses Säckchen hineinzustopfen und anzuzünden, daß sie in tausend Stücke zerspringt.«
    »Und womit werden Sie sie anzünden?« fragte der Prior. »Ich habe einen Feuerstein und einen Feuerschwamm mit. Die Gefahr liegt darin, daß man mich beim Feuermachen hören kann. Hoffentlich wird der Schwefelfaden nicht auslöschen; denn dabei bleiben und beobachten darf ich nicht, da man mich sonst abfassen wird. Auch darf ich nicht direkt ins Kloster zurückfliehen.«
    »Und warum nicht?«
    »Die Explosion kann mich sonst töten. Ich muß ungefähr fünfzig Schritt von der Kanone entfernt hinter den Schanzen Zuflucht nehmen und kann erst nach der Explosion den Weg ins Kloster einschlagen.«
    »Gott, Gott! Wie vielen Gefahren sind Sie ausgesetzt!« seufzte der Prior.
    »Heiliger Vater, ich bin so überzeugt von meiner glücklichen Rückkehr, daß mir selbst die Trennung von Ihnen nicht schwer fällt. Nun, leben Sie wohl, und beten Sie zu Gott, er möge mir auf meinem Wege beistehen!«
    »Wie, wollen Sie denn gleich jetzt gehen?« staunte Pan Czarniecki.
    »Was, soll ich vielleicht den Tagesanbruch oder klares Wetter abwarten?« lachte Kmicic.
    Einige Minuten später standen Pater Kordecki und Pan Czarniecki auf dem Wall und sahen in die nebelige Ferne, die sich vor ihnen ausbreitete.
    »Er ist gegangen!« flüsterte der Prior.
    »Ja, er ist gegangen,« antwortete Pan Piotr. »Und er gibt sich nicht einmal die Mühe, leise zu gehen. Hören Sie nicht, der Schnee knirscht unter seinen Tritten.«
    Allmählich verhallten die Tritte in der Ferne.
    »Er ist fortgegangen, als gelte es, sich einen Schnaps zu holen. Was für eine Kühnheit dieser Mensch besitzt!« rief Pan Piotr. »Sicherlich, so er nicht vorher sein Leben läßt, so wird er sich noch den Hetmansstab erwerben! Diente er nicht der heiligen Jungfrau, ich hielte ihn wahrhaftig für einen –. Was rede ich, das ist ja alles gleich! – Gebe Gott ihm Glück, einen zweiten solchen Ritter gibt es in der ganzen Republik nicht!«
    »Wie dunkel, wie dunkel es um uns ist!« sagte Kordecki. »Und die dort sind nach unserem letzten Ausfall sehr vorsichtig geworden. – Er wird noch auf eine ganze Abteilung stoßen.«
    Plötzlich erschien neben den beiden eine dritte Gestalt; es war der Sieradzker Miecznik.
    »Was ist denn los? Warum stehen Sie denn hier?« fragte er.
    »Babinicz ist als Freiwilliger gegangen, um die große Kanone zu sprengen.«
    »Ja, aber wie denn?«
    »Er nahm nur einen

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