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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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mit Pulver gefüllten Darm, einen Faden und Feuerstein mit sich, und dann ist er losgegangen.«
    Pan Zamoyski griff mit beiden Händen an seinen Kopf.
    »Jesus, Maria! Jesus Maria! Allm! Wer hat ihm denn das erlaubt? Das ist doch Wahnsinn! Das ist ja einfach eine Unmöglichkeit!«
    »Ich habe es erlaubt,« entgegnete Kordecki. »Bei Gott gibt es nichts Unmögliches; selbst seine glückliche Rückkehr! – Beten wir für ihn!«
    Und alle drei knieten nieder. Es verging eine Viertel-, eine halbe Stunde, eine Stunde. Den drei Betenden erschien sie wie ein Jahrhundert.
    »Es scheint nichts zu werden!« sagte Pan Piotr und atmete erleichtert auf.
    Plötzlich erhob sich in der Ferne eine ungeheure Feuersäule, die der Erde zu entsteigen schien, und ein fürchterliches Krachen erfüllte die ganze Gegend.
    »Eine Explosion! Eine Explosion!« rief Pan Czarniecki.
    Der ersten Explosion folgten mehrere andere.
    Auf den Mauern des Klosters strömten die Leute zusammen. Die Soldaten, da sie nicht wußten, um was es sich handelte, griffen zu den Waffen. Die Mönche kamen aus ihren Zellen.
    »Was ist denn, was ist los?« hörte man von verschiedenen Seiten.
    »Die große schwedische Kanone ist explodiert!« schrie einer der Kanoniere.
    Pater Kordecki lag noch immer auf den Knien und betete.
    »Babinicz hat sie in die Luft gesprengt!« rief Czarniecki. »Babinicz! Babinicz!« hörte man allerorten.
    Vom schwedischen Lager her drang gleichzeitig Lärm der Verwirrung herauf; auf allen Schanzen wurden Feuer angezündet.
    Mittlerweile begann die Dunkelheit zu weichen; – Babinicz aber kam noch immer nicht in die Festung zurück!

17. Kapitel.
    Als Pan Andreas die Festung verließ, ging er zuerst sich nach allen Seiten umsehend und lauschend. Es war ringsum so still, daß der Widerhall seiner Tritte deutlich zu hören war. Nach einer halben Stunde vernahm er gerade vor sich ein Geräusch.
    »Aha! Sie haben einen Wachtposten aufgestellt. Unser Ausfall hat sie vorsichtiger gemacht,« dachte er, indem er leise weiterging.
    Er freute sich, daß er sich trotz der schwarzen Nacht nicht verirrt hatte.
    Vor den Schanzen selbst hoffte er keine schwedischen Soldaten anzutreffen, sowie daß er sich an einzelnen Patrouillen leicht vorbeischleichen könnte. – Es war ihm ganz leicht ums Herz; seine frühere Kühnheit hatte wieder von ihm Besitz ergriffen.
    Der Gedanke, die Riesenkanone zu sprengen, den Belagerten einen unschätzbaren Dienst zu erweisen, erfüllte ihn mit großer Freude, und dazu kam noch die Genugtuung, den Schweden einen Streich zu spielen. Wie wird Müller vor Wut mit den Zähnen knirschen! Mit welchem Hasse wird er auf die Festungsmauern blicken! – Er hatte dem Pater Kordecki die Wahrheit gesagt: In seiner Seele war wirklich keine Spur von Furcht oder Unruhe. Es kam ihm gar nicht der Gedanke in den Kopf, daß er sich einer furchtbaren Gefahr aussetzte. Er gedachte der früheren Zeiten, wo er sich mit zweihundert eben solchen Waghälsen in das dreißigtausend köpfige Lager Chowanskis hineingeschlichen hatte. Wie lebend sah er seine Kameraden vor sich. Kokosinski, Kulwiec, den Riesen, den dünnstimmigen Ranicki und die anderen alle. Und er seufzte tief auf. »Wie könntet ihr alle mir jetzt helfen!« flüsterte er unwillkürlich. »Sechs Kanonen würden wir in einer solchen Nacht sprengen!«
    Das Gefühl der Einsamkeit krampfte bei diesen Erinnerungen sein Herz zusammen. Dann dachte er an Alexandra, und die Liebe erwachte in ihm mit unbezähmbarer Kraft. Er fühlte seine Augen sich mit Tränen füllen. »Wenn sie mich nur einmal jetzt sehen könnte! Wie würde sie sich freuen, sie, die ihn noch in schwedischen Diensten wähnt! Was wird sie sagen, wenn sie das alles erfährt? Was wird sie sagen? – Wahrlich, ein Unsinniger ist er, wird sie sagen, aber er ist imstande das zu wagen, wozu kein anderer den Mut hätte, – so einer ist Pan Andreas.«
    Bei alledem ließ Kmicic nicht seine Aufgabe außer acht. Er schlich dahin wie ein Wolf, der auf Beute ausgeht. Rings um ihn tiefe Finsternis. Als er sich umwandte, sah er weder die Kirche noch die Klostermauern. Alles war in einen dichten, undurchdringlichen Nebel eingehüllt. Der Zeit nach mußte er schon ziemlich weit vorgeschritten sein; er urteilte, daß die Schanzen nur einige Schritte weit von ihm entfernt sein mühten.
    »'s wäre interessant zu wissen, ob hier eine Wache steht?« dachte er bei sich. Aber kaum hatte er zwei weitere Schritte getan, als er Hufschläge und Stimmen

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