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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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vom Felsen sich lösender Stein beim Falle alles zerschmettert, was sich ihm in den Weg stellt, so stürzte sich Kmicic auf die erste Reihe, Tod und Verderben bringend. Die beiden jungen Kiemlicz' folgten ihm wie zwei junge Bären. Den erschreckten Schweden schien es zuerst, als hätten drei Hünen sie in der Bergschlucht überfallen. Die ersten Reihen gerieten in Verwirrung und wichen zurück, die hinteren jedoch drängten vor, und die Reiter ballten sich zusammen wie ein Knäuel. Da die hinteren Reiter weder zu Hilfe eilen noch schießen konnten, so erlagen die ersten den Schlägen der drei sich auf sie stürzenden Riesen. Kmicic hatte nur einen Gedanken: das Leben lassen, aber zuvor den Schweden soviel als nur möglich antun. Dieser Gedanke verdreifachte seine Kräfte und gab seinen Bewegungen eine ungewöhnliche Schnelligkeit. Er wandte sich von rechts nach links wie ein wütender Luchs und fällte, wie ein Blitz junge Bäume zersplittert, durch übermenschliche Säbelhiebe viele schwedische Reiter. Die jungen Kiemlicz' kämpften an seiner Seite.
    Unterdessen bemühten sich die Höflinge, den König nach Kräften zurückzuhalten, der durchaus nicht ein untätiger Zuschauer des Kampfes bleiben wollte. »Laßt mich!« schrie Jan-Kasimir, »um Gottes willen laßt mich!«
    Aber Tyzenhauz sperrte ihm mit seinem Pferde entschlossen den Weg und rührte sich nicht von der Stelle.
    Dank der Enge der Schlucht konnten sich die Schweden nicht in breiter Front entfalten, und Kmicic und die Kiemlicz' konnten sich unter vielen Anstrengungen eine Zeitlang halten. Aber allmählich begannen ihre Kräfte zu schwinden. Kmicic hatte schon mehrere Wunden, sein Blick begann sich zu verschleiern, sein Atem ging kürzer und stoßweise. Er fühlte das Nahen des Todes und wünschte nur das eine, sein Leben möglichst teuer zu verkaufen.
    Die Schweden hatten sich inzwischen von ihrem ersten Erstaunen erholt und begannen sich zu schämen, daß sie solange nicht gegen drei Menschen aufkommen konnten. Sie rückten immer mehr vor und griffen ihre Gegner wütend an. Endlich fiel Kmicic' Pferd, und die Flut deckte sich über den gefallenen Reiter. Eine Zeitlang hielten die Kiemlicz' noch stand, dann aber verschlang auch sie der Strom. Die Schweden stürzten nun wie ein Wind gegen die königliche Abteilung vor.
    Tyzenhauz warf sich ihnen mit seinen Leuten entgegen, aber was bedeutet diese kleine Schar Tapferer gegen fast dreihundert Reiter? Es gab keinen Zweifel mehr, daß für den König und seine Begleiter die unheilvolle Stunde des Todes oder der Gefangennahme geschlagen hatte.
    Jan-Kasimir, der anscheinend den Tod der Gefangenschaft vorzog, entriß die Zügel seines Pferdes den Händen der ihn umringenden Bischöfe und sprengte Tyzenhauz nach.
    Plötzlich blieb er wie angewurzelt stehen.
    Es geschah etwas Staunenerregendes. Es schien, als wenn die Berge selbst ihrem legitimen Herrscher zu Hilfe eilten. Die Felsen erzitterten, als wenn die Erde in ihren Fundamenten erbebte, als wenn die auf ihren Gipfeln wachsenden Wälder am Kampfe teilnehmen wollten. Baumstümpfe, Eisklumpen, Steine fielen mit fürchterlichem Krachen auf die in der Schlucht eingeengten Schweden, und ein fürchterliches Geheul erscholl von allen Seiten.
    Und unten, in den Reihen der Schweden, entstand eine Verwirrung, die jede Vorstellung übertraf. Es schien den Schweden, als wenn die Berge über sie zusammenstürzten. Man vernahm Geschrei, Gestöhn, Hilferufe und das Prasseln der von Felssteinen durchlöcherten Panzer. Schließlich wurden Reiter und Pferde zu einer fürchterlichen, formlosen Masse zermalmt. Und unentwegt stürzte ein erbarmungsloser Hagel von Steinen und Felsstücken auf die Schweden herab.
    »Das sind die Bergbewohner, die Bergbewohner!« rief einer aus der Truppe des Königs.
    In demselben Augenblicke erschienen auf den Felsen langhaarige Männer mit runden Lederhüten, und mehrere Hundert eigentümlicher Gestalten begannen herunterzuklettern. Ihre weißen und dunkeln Kittel mit weiten Ärmeln gaben ihnen das Aussehen blutgieriger Raubvögel. Wie eine Lawine warfen sie sich grimmig auf die noch lebend gebliebenen Schweden, um mit ihnen aufzuräumen. Vergeblich bemühte sich der König selbst, diesem Schlachten ein Ende zu machen. Die stark verstümmelten Schweden warfen sich in die Knie und flehten um Gnade, – nichts vermochte dieses Bergvolk in seinem blutigen Treiben aufzuhalten. Nach einer Viertelstunde war in der ganzen Schlucht kein lebender Schwede

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