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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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denn?« fragte sie.
    »Nichts weiter: der Pan Zamoyski empfiehlt Sie nochmals meinem Schutze, weiter nichts.«
    Hier drehte er sich zu dem Kutscher und zu den Reitern und rief:
    »Marsch!«
    Der Offizier aber hielt sein Pferd an und schrie seinerseits:
    »Halt! – Wieso Marsch?«
    »Warum sollen wir denn hier mitten im Walde stehen bleiben?« fragte mit gemachter Naivität Kmicic.
    »Sie haben einen Befehl erhalten, und ich mache keinen Schritt weiter, ehe Sie ihn mir nicht zeigen!«
    »Den Befehl werde ich Ihnen nicht zeigen, denn er ist nicht für Sie hergeschickt.«
    »Oh, wenn Sie dem Befehle nicht gehorchen wollen, so werde ich ohne Sie handeln! Reiten Sie mit Gott nach Krasni-Staw, wir aber kehren mit der Panna zurück.«
    Es war nicht erst nötig, daß der Offizier sich verschnappte; nun war es klar wie der Tag, daß alles eine im voraus abgekartete Sache war.
    »Gehen Sie mit Gott!« sagte der Offizier mit drohender Stimme, und die Soldaten zogen ohne jeden Befehl ihre Säbel.
    »Ach, ihr Toren!« lächelte Pan Andreas und schoß mit seiner Pistole in die Luft.
    In der Tiefe des Waldes erhob sich ein schrecklicher Lärm, als wenn der Schuß eine in der Nähe schlafende Wolfsherde geweckt hätte. Von allen Seiten vernahm man wildes Geheul, Baumäste krachten unter Pferdehufen, und überall am Wege zeigten sich Reitergruppen, die sich mit unmenschlichem Geschrei näherten.
    Kmicic hielt seine Tataren durch ein Zeichen zurück. Dann wandte er sich an den zu Tode erschrockenen Offizier.
    »Begreifen Sie jetzt, mit wem Sie es zu tun haben? Der Pan Obermundschenk wollte mich zum Narren halten, und auch Ihnen hat er keinen besonders ehrenvollen Auftrag gegeben. Grüßen Sie ihn von mir und sagen Sie ihm, daß ich alles im voraus durchschaut habe, und daß ich die mir anvertraute Person ohne Zwischenfall zu Sapieha bringen werde.«
    »Sie können natürlich tun, was Ihnen beliebt,« erwiderte der Offizier mit vor Wut zitternder Stimme, »aber der Pan Obermundschenk wird es schon verstehen, sich an Ihnen zu rächen.« Kmicic lachte hell auf.
    »Möge er lieber seine Rache gegen Sie kehren. Wenn Sie sich nicht verschnappt hätten, hätte ich Ihnen die Panna wahrscheinlich ausgeliefert. – Grüßen Sie also den Pan Zamoyski und empfehlen Sie ihm, sich für die Zukunft klügere Offiziere auszusuchen.«
    Der ruhige Ton Kmicic' machte den Offizier sicherer, und er fragte entschlossen:
    »Wir werden also mit leeren Händen nach Zamoscie zurückkehren?«
    »Warum mit leeren Händen? Sie kehren mit meinem Briefe zurück, den ich Ihnen auf Ihr Fell schreiben lassen werde.«
    »Pan Babinicz!«
    »Greift sie!« rief Kmicic.
    Einige Augenblicke später lagen alle Reiter Seite an Seite gebunden auf dem Wege, Kmicic befahl jedem von ihnen je hundert, dem Offizier hundertfünfzig Schläge mit einer Riemenpeitsche zu verabfolgen. Selbst das Jammern der Panna Anna, die, nicht ahnend, um was es sich handelte, Kmicic um Einstellung der Strafe flehte, war umsonst. –
    »Ruhig!« donnerte Kmicic los. »So waren Sie also mit in der Verschwörung, und Sie wußten, daß der Pan Obermundschenk Sie nur zum Scheine wegschickte, um Sie dann in ein einsames Schloß bringen zu lassen?«
    »Herrgott! Herrgott!« rief die Panna. In ihrer Stimme lag so viel natürlicher, unverfälschter Schmerz, daß Kmicic viel weicher wurde.
    »Beruhigen Sie sich. – Sie werden ruhig Ihre Reise zu Sapieha fortsetzen, der Pan Obermundschenk hat nicht bedacht, mit wem er es zu tun hat. – Diese Leute, die ich durchprügeln ließ, hatten die Aufgabe, Sie zu entführen.«
    Panna Borzobohata ergriff Kmicic' Hand und drückte sie an ihre bleichen Lippen.
    »Nun, nun, – bleiben Sie getrost in Ihrem Wagen. – Fürchten Sie nichts; Sie sind hier sicherer als wie im Vaterhause!«
    Dann schenkte Kmicic seinen Tataren die Pferde, Kleider und Waffen der Soldaten und schrieb vor seiner Weiterreise folgenden Brief an den Pan Zamoyski:
    »Erlauchtigster Herr Starost!
    Großen Männern gibt Gott auch großen Geist. Ich habe sofort begriffen, daß Sie mich nur einer Prüfung unterwerfen wollten, als Sie mir die Panna Borzobohata anvertrauten, um so mehr, als Ihre Soldaten gleich zu verstehen gaben, daß sie Ihren Befehl kannten, obwohl Sie doch zu schreiben geruhten, daß Sie erst nach unserer Abreise zu Ihrem Entschlusse gekommen sind. Indem ich einerseits Ihren großartigen Scharfsinn bewundere, wiederhole ich andererseits, daß ich die einmal übernommene Pflicht heilig

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