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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Schweden vor der Festung Halt. Einige der Vierecke zerstreuten sich nach verschiedenen Seiten; andere schienen Zelte aufschlagen und Schanzen aufwerfen zu wollen.
    »Das sind sie also!« sagte Pan Zamoyski. »Man kann sie an den Fingern abzählen.«
    »Solche erfahrenen Praktiker wie ich brauchen nicht erst zu zählen, ein Blick genügt schon,« antwortete Zagloba. »Es sind ihrer zehntausend Mann Reiter und achttausend Mann Infanterie und Artillerie.«
    Nach einiger Zeit meldete man dem Pan Obermundschenk, daß ein Abgesandter des schwedischen Königs, Pan Jan Sapieha, ihn zu sprechen wünschte.
    Pan Zamoyski zog die Brauen zusammen und antwortete stolz:
    »Sage dem Pan Sapieha, daß Zamoyski nicht mit Verrätern spricht. Wenn der schwedische König mit mir in Unterhandlungen treten will, so mag er mir einen Schweden hersenden. Polen jedoch, die den Schweden dienen, werde ich zu meinen Hunden schicken; denn ich achte sie ihnen gleich.«
    »Das ist eine Antwort!« rief Zagloba mit ungekünstelter Begeisterung. – »Gestatten Sie mir, daß ich selbst sie ihm bringe?«
    Und ohne die Erlaubnis abzuwarten, stürzte er davon und bestellte dem Pan Sapieha die Antwort, nicht ohne einiges von sich selbst noch hinzuzufügen.
    Sapieha kehrte bleich und mit zusammengepreßten Lippen zu Karl-Gustav zurück.
    »Nun, was?« fragte der König.
    »Nichts! Zamoyski will mit Polen, die Euer Majestät dienen, nicht unterhandeln. Er schickte mir seinen Narren, der mich so mit Beleidigungen überhäufte, daß ich es nicht wage, Euer Majestät auch nur die Hälfte davon wieder zu erzählen.«
    »Mir ist es ganz gleich, mit wem er unterhandeln will. Ich werde Forgell zu ihm schicken.«
    Der schlaue schwedische General, der den Reichtum und den Luxus bemerkte, die Zamoyski umgaben, begann, Pan Sobiepan wie einen Karl-Gustav ebenbürtigen Monarchen zu behandeln. Pan Zamoyski bemerkte jedoch die Absicht und gab ihm zu verstehen, daß er kein selbständiger Herrscher sei.
    »Hoheit,« fuhr Forgell unverdrossen fort, »mein König ist nicht als Feind, sondern als Gast hierher gekommen und hegt die Hoffnung, daß Sie ihm und seinen Truppen die Festungstore öffnen werden.«
    »Es ist bei uns die Sitte, selbst einem ungebetenen Gast die Gastfreundschaft nicht zu versagen,« entgegnete Pan Zamoyski. »Für eine so hohe Persönlichkeit wird sich stets ein Platz an meiner Tafel finden, sogar der beste. Ich bitte Sie, melden Sie Seiner Majestät, daß ich ihn höflichst zu mir lade, um so mehr, als er in Schweden ein ebensolcher Herrscher ist, wie ich in Zamoscie. Aber, wie Sie selbst sehen, gebricht es mir durchaus nicht an Dienerschaft, und Seine Majestät braucht nicht seine eigene mitzubringen.«
    »Mein Herrscher wird seinerseits unzufrieden sein über das Mißtrauen, das Ihre Hoheit ihm bezeigen, indem Sie seine Garnison nicht in Ihre Festung einlassen wollen. Ich gestatte mir, Ihnen zu versichern, daß der König nicht die Absicht hat, Zamoscie lange besetzt zu halten. Nur, weil Jan-Kasimir, ohne die Folgen seiner Handlungen abzuwägen, sich gegen uns mit den Tataren und Türken verbunden hat, gedenkt Seine Majestät, Zamoscie als Stützpunkt zu benutzen, von wo aus er die Rebellen verfolgen kann. Da Karl-Gustav jedoch weiß, daß sich der Besitzer von Zamozcie nicht allein durch seine edle Abstammung und seinen Reichtum und Scharfblick auszeichnet, sondern vor allem durch seine Vaterlandsliebe, so sagte er zu mir: »Dieser wird meine Bestrebungen, dem schwergeprüften Lande wieder Frieden und Ruhe zurückzugeben, verstehen. Er wird mir seine Hilfe nicht versagen.« – Ja, Hoheit, von Ihnen hängt das Schicksal Ihres Landes ab. Der König erwartet, daß Ihre Weisheit Sie bewegen wird, mit ihm in einer Richtung zu handeln. Daher will er nicht befehlen, sondern nur bitten. Ohne zu Drohungen Zuflucht zu nehmen, bietet er Ihnen seine Freundschaft an: er will sich Ihnen gegenüber nicht wie ein Herrscher zum Untertanen, sondern wie gleich zu gleich stellen.«
    Hier machte General Forgell dem Pan Obermundschenk eine so tiefe Verbeugung, als wenn er sich wirklich vor einem regierenden Fürsten verneigte.
    Es trat tiefes Schweigen ein.
    Pan Zamoyski wandte sich in seinem vergoldeten Sessel um, stemmte beide Handflächen gegen die Kniee und antwortete:
    »So ist es! – Ich bin Seiner Majestät für seine schmeichelhafte Meinung über meinen Geist und meine Vaterlandsliebe sehr verbunden. Für mich kann es nichts Angenehmeres geben, als die

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