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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Bedenken nicht. In seinem Innern war Karl-Gustav wohl mit ihm einverstanden; aber er hörte nicht auf, auf irgend einen glücklichen Zufall zu hoffen. Nach mehreren Tagen fürchterlichen Feuerns schickte der Schwedenkönig nochmals Forgell in die Festung.
    »Seine Majestät,« begann der General, sich zu Zamoyski wendend, »denkt, daß der von unseren Kanonen Ihnen zugefügte Schaden Sie weicher gestimmt habe, und daß Sie jetzt geneigt seien, in Unterhandlungen einzutreten.«
    »Ja, ja,« gab Zamoyski zu, »einen Schaden haben Sie uns wirklich zugefügt. Die Splitter einer Ihrer Granaten töteten ein auf dem Marktplatz spazierendes Schwein. – Schießen Sie ruhig noch eine Woche weiter, so werden Sie vielleicht auch ein zweites töten.«
    Forgell brachte diese Antwort dem Könige. Abends hielt Karl-Gustav einen Kriegsrat ab, und am folgenden Morgen wurden die Zelte gepackt und die Geschütze von den Schanzen heruntergenommen. In der Nacht setzte sich die ganze schwedische Armee in Bewegung. Wittemberg riet dem Könige, nach Warschau zu gehen, da darin allein das einzige Rettungsmittel liege, aber der schwedische Alexander war fest entschlossen, den polnischen Darius bis an die äußersten Reichsgrenzen zu verfolgen. – –

3. Kapitel.
    Es war ein eigenartiger Frühling, der in jenem Jahre seinen Einzug in Polen hielt: Während im Norden der Republik der Schnee schon weggetaut war, und die Flüsse ihre Winterdecke abwarfen, herrschte im Süden der Winter noch in seiner ungebrochenen Kraft. Endlich kam auch hier der langersehnte Frühling; aber er kam plötzlich und überraschend. Fluten heißer Strahlen sandte die Sonne auf die Erde, und die Eisrinde, die auf den Wiesen und Feldern lag, zerschmolz in wenigen Stunden; Bächlein verwandelten sich in wasserreiche Flüsse, Straßen in unwegbare Sümpfe.
    Und auf diesen Wegen, von dem unbeugsamen Willen ihres Feldherrn geführt, zogen die schwedischen Reiter weiter und weiter gen Süden.
    Aber wie wenig ähnelte diese Menge, die ihrem Untergange bewußt entgegeneilte, der glänzenden Armee, die einstmals unter der Führung Wittembergs in Groß-Polen einbrach! Der Hunger hatte den Gesichtern der alten Krieger seinen Stempel aufgedrückt. Sie marschierten ermüdet, erschöpft und wohl wissend, daß ihnen am Schlusse des Marsches keine Ruhe, es sei denn die des Todes, winke.
    In Eisen geschmiedet saßen Skelette von Menschen auf Pferdeskeletten. Die Infanteristen konnten sich kaum noch auf den Füßen halten, konnten kaum mit ihren zitternden Händen die Spieße und Musketen regieren. Ein Tag folgte dem anderen, und immer ging es vorwärts. Krankheiten wüteten im Heere; Soldaten, vom Fieber erschöpft, fielen tot zu Boden.
    Und der schwedische Alexander verfolgte noch immer den polnischen Darius.
    Wie einem kranken Büffel Dutzende von Schakalen nachziehen, die abwarten, wann er zusammenbricht, so folgten auch den Schweden Schlachtschitzen und Bauern-Parteien, die mit jedem Tage frecher und wagemutiger wurden. Dann erschien auch der schrecklichste der Feinde: Czarniecki. Die schwedische Avantgarde sah seine Reiter bald hinten am Horizonte, bald ganz in der Nähe, nur mehrere Musketenschüsse entfernt, auftauchen.
    Die Schweden ersehnten leidenschaftlich eine Entscheidung, eine Schlacht; aber Czarniecki wich ihnen noch aus. Er wartete auf den günstigen Moment; vorläufig ließ er einzelne Abteilungen auf den Feind los, die sich wie Geierfalken auf Wasservögel stürzten.
    Zuweilen umging Czarniecki die Schweden und verlegte ihnen den Weg. Dann hörte man im schwedischen Lager fröhliche Trompetenstöße, und es schien, daß neue Kräfte, neuer Wagemut die Reihen der Skandinavier durchströmte. Krank, entkräftet, durchnäßt stellten sie sich mit glühenden Gesichtern und brennenden Augen in Reihen auf. Aber sobald die schwedischen Kanonen zu sprechen begannen, trat Czarniecki den Rückzug an, nichts als getäuschte Hoffnungen und tödliche Mattigkeit als Beute zurücklassend.
    Und wieder begann Wittemberg den König anzuflehen, zurückzugehen und die Truppen nicht dem gänzlichen Untergange zu weihen, aber als Antwort wies Karl-Gustav mit zusammengepreßten Lippen und funkelnden Augen gen Süden, wo er Jan-Kasimir und eine offene Arena für Siege und Ruhe und Beute zu finden hoffte.
    Um das Unglück voll zu machen, fingen die polnischen Regimenter, die bis dahin in Karl-Gustavs Diensten standen, an ihn zu verlassen. Zbrozek ging, ihm folgte Kalinski, und Sapieha wurde

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