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Sintflut

Sintflut

Titel: Sintflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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locken.«
    »Aber welcher Deubel soll sich denn hier verstecken?« antwortete Kanneberg unwillig.
    Plötzlich beschrieben die Polen einen mächtigen Halbkreis und wandten sich in tadelloser Ordnung den Schweden zu, so daß sie sogar die Bewunderung des Feindes hervorriefen.
    »Ja,« sagte Kanneberg, »das ist eine reguläre Truppe. – Wie auf dem Paradefelde! – Was wollen sie nur hier, zum Teufel?«
    »Sie rücken gegen uns vor!« rief Sweno.
    Wirklich, das Banner ritt im Trab vorwärts. Der kleine Reiter, auf einem Falben sitzend, rief seinen Leuten etwas zu und fuchtelte mit dem Säbel in der Luft. Er war augenscheinlich der Kommandeur.
    »Gott mit uns! Feuer!« kommandierte Kanneberg, indem er den Säbel zog und ihn hochhielt.
    Musketenschüsse krachten; aber schon im gleichen Augenblick warf das polnische Banner die vorderen schwedischen Reihen noch rechts und links und schob sich, wie ein Keil in ein gespaltenes Stück Holz, in ihre Mitte. Das Geschrei und Gestöhn der Sterbenden erweckte das im Walde schlafende Echo.
    In dem ersten Augenblicke waren die Schweden verwirrt, dann kamen sie aber bald zu sich und nahmen den Kampf tapfer auf. Die beiden Flügel schlossen sich zusammen, und das polnische Banner war schnell von allen Seiten umringt. Die Mitte der Schweden wich zurück, die Seiten drangen mehr und mehr gegen das Banner vor, vermochten es jedoch nicht zu zersprengen: im Handgemenge war die polnische Reiterei fast unbesiegbar. Und dennoch fing der Sieg an, sich allmählich den Schweden zuzuwenden, als plötzlich aus der Waldestiefe ein zweites Banner erschien und sich auf die Schweden stürzte.
    Der rechte schwedische Flügel unter dem Befehl Major Swenos wandte seine Front dem neuen Feinde zu, in dem die erfahrenen Soldaten gleich die Husaren erkannten.
    Dieses Banner führte ein auf einem Schimmel reitender Mann an, der mit einem Filzmantel und einer mit Reiherfedern geschmückten Luchsmütze bekleidet war.
    »Czarniecki! Czarniecki!« ging es durch die schwedischen Reihen. Bald erschien noch ein drittes und viertes Banner. Pan Czarniecki wies einem jeden mit dem Stab seinen Platz an, und als endlich ein fünftes erschien, stellte er sich selbst an seine Spitze und führte es ins Gefecht.
    Kanneberg begriff, daß er in einen Hinterhalt gelockt worden war und befahl, das Signal zum Rückzuge zu geben. Die Schweden sprengten den soeben gekommenen Weg zurück, die Polen hinter ihnen her.
    Unter solchen Umständen konnte der Rückzug nicht geordnet vor sich gehen. Die besten Pferde galoppierten bald voraus, und schnell verwandelte sich die glänzende Abteilung Kannebergs in eine formlose Menge. – Schweden und Polen mischten sich untereinander, und der Weg bedeckte sich mit Hunderten von Leichen. Einige Schweden sprangen von ihren Pferden und flohen in den Wald, wo sie in die Hände der polnischen Bauern gerieten, die sie unter schrecklichen Martern töteten; andere baten um Gnade, aber zumeist vergeblich. Ein jeder zog es vor, den Feind niederzumetzeln, um einen neuen zu verfolgen.
    Die Jagd ging mit fürchterlicher Erbitterung vor sich. Wolodyjowski sprengte mit seinen Laudaern voran. Er war der Reiter, der sich zuerst den Schweden gezeigt hatte, er warf sich zuerst auf sie und badete in Feindesblut, die Golember Niederlage zu rächen.
    Von der glänzenden, tausendköpfigen Abteilung Kannebergs blieben allmählich nur noch hundertfünfzig Mann, die übrigen lagen in langer Reihe den Waldweg entlang.
    Endlich kamen die Schweden aus dem Walde heraus. An dem blauen Himmel zeichneten sich die Umrisse der Jaroslawer Türme ab. In den Herzen der Fliehenden regte sich eine Hoffnung. In Jaroslaw steht ja der König selbst; er kann ihnen jede Minute zu Hilfe kommen.
    Sie hatten vergessen, daß die Brücke nach ihrem Übergange auseinandergenommen wurde. Wußte Pan Czarniecki das durch seine Spione, oder wollte er der Abteilung vor den Augen Karl-Gustavs den Rest geben? Kurz, er stellte die Verfolgung nicht ein, als beabsichtigte er, auf Jaroslaw loszuschlagen.
    Schließlich erreichten die Fliehenden die Stelle, wo vorher die Brücke lag. Aus dem Lager waren Soldaten und Offiziere an das gegenüberliegende Ufer geeilt.
    »Kannebergs Abteilung,« riefen mit einem Male Tausende von Stimmen, »geschlagen, vernichtet!«
    Im gleichen Augenblick erschien der König in Begleitung von Wittemberg, Forgell, Müller und anderen Generalen.
    »Kanneberg!« rief dumpf der erbleichende Karl-Gustav.
    »Mein Gott!« schrie

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