Sintflut
Bilder neuer Schlachten und großer Siege vor. Er hörte, wie ganz Litauen seinen Namen mit Begeisterung und Bewunderung nannte. – Und schließlich mußte doch auch sie von ihm hören, – – und sein Herz schlug vor Freude höher.
Und außerdem konnte er doch überall, wo er hinkam, verkünden, daß die Schweden geschlagen und Warschau zurückerobert worden. Warschau genommen! Wo nur seine Hufschläge gehört werden, da begrüßt man ihn mit Freudentränen, da werden die Glocken geläutet, da wird das » Te Deum « gesungen. Im Walde wiederholen die Kiefern, im Felde die vom Wind bewegten Ähren immer die gleiche, fröhliche Kunde:
»Der Schwede ist geschlagen! Warschau ist genommen! Warschau genommen!«
Ende des Fünften Buches.
Sechstes Buch.
1. Kapitel.
Trotzdem Haßling-Ketling in der Umgebung des Fürsten Boguslaw gelebt hatte, konnte er Kmicic nicht genügend über die Ereignisse in Tauroggen aufklären; denn der Fürst besaß nur einen Vertrauten, den Pan Sakowicz. Nur der allein wußte, wie weit die Gefühle des Fürsten zu der schönen Gefangenen gingen.
Es war eine wilde, glühende Leidenschaft zur Panna Billewicz, von der Boguslaw ergriffen war. Diese Leidenschaft war so mächtig, daß der sonst in Liebesintrigen so Erfahrene gänzlich den Kopf verlor. Mehr als einmal, wenn Boguslaw mit Sakowicz allein war, griff er verzweifelt in seine Haare und schrie: »Sakowicz, ich verliere den Verstand!«
Und Sakowicz antwortete immer dasselbe:
»Der Medikus Euer Durchlaucht hat doch genug Schlafmittel zur Hand. Ein Wort von Ihnen, und alles wird heute erreicht sein!«
Aber der Fürst wollte aus verschiedenen Gründen nicht zu diesem Mittel greifen. Er hatte vor kurzer Zeit im Traume den alten Oberst Billewicz, Alexandras Großvater, gesehen, der ihn bis zum frühen Morgen unverwandt drohenden Blickes angesehen hatte. Boguslaw, der vor nichts in der Welt Angst hatte, fürchtete alles Übernatürliche wie das Feuer. Und er hatte eine Heidenangst bei dem Gedanken, daß die Erscheinung wiederkommen würde, sobald er Sakowicz' Rat befolgte. Ferner fürchtete Boguslaw den Skandal, der sich unfehlbar in ganz Litauen erheben würde. Die Billewicz' waren einflußreich genug und würden nicht versäumen, einen Prozeß zu beginnen. Und das Gesetz ahndete solche Verbrechen durch Todesstrafe und mit Verlust des Gutes und der Ehre. Freilich waren die Radziwills mächtig genug, um den Gesetzen zu trotzen; aber was, wenn der Krieg sich zu Jan-Kasimirs Gunsten entschied, wenn der Fürst alle seine Freunde und Beschützer verlöre?
Obgleich Boguslaw eine stark leidenschaftliche Natur war, so war er doch gleichzeitig genügend Politiker, um mit den gegebenen Verhältnissen zu rechnen und sich zu beherrschen, wenn dies nötig war. Dazu kam noch die undenkbar hohe Meinung, die er von sich selbst hatte. Er, der große Politiker, große Stratege, große Ritter und unbesiegbare Eroberer weiblicher Herzen, sollte zu solchem Mittel seine Hilfe nehmen! Er, der eine schwere Kiste mit Liebesbriefen von hochstehenden Damen mit sich führte! Genügten wirklich seine Reichtümer, seine fast königliche Macht, seine Titel, sein weithin berühmter Name, seine Schönheit und Ritterlichkeit nicht, um ein einfaches Schlachtschitzenmädchen zu erobern?
Aber mit der Zeit begann des Fürsten Geduld sich zu erschöpfen. Er vergaß die schreckliche Vision und fing an, über Sakowicz' Rat nachzudenken. Seine Leidenschaft entbrannte immer mehr. Da ereignete sich plötzlich etwas, was die Lebensweise in Tauroggen ganz änderte.
Boguslaw erhielt die Nachricht, daß Sapieha Tykocin eingenommen habe, und daß der Fürst-Großhetman unter den Trümmern des Schlosses umgekommen sei. In Tauroggen herrschte größte Erregung. Der Fürst brach an demselben Tage auf, um sich mit den Ministern des schwedischen Königs und dem Elektor zu beraten.
Seine Abwesenheit von Tauroggen währte länger, als Boguslaw selbst gedacht hatte. Inzwischen begannen nicht nur des Kurfürsten, sondern auch des schwedischen Königs Truppen in die Stadt einzuziehen. Die nackte Wahrheit seines Verrates, die Boguslaw bis dahin zu verbergen gesucht, indem er immer und immer wieder versicherte, auf seiten des rechtmäßigen Königs zu stehen, kam jetzt zutage. Seine Angaben, daß er nur mit dem Schwedenkönig und dem Elektor unterhandle, um sie mit Jan-Kasimir zu versöhnen, erwiesen sich jetzt als entschieden erlogen. Alexandra erkannte, daß Boguslaw ebenso wie sein
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